Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind (2016)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Ein Zauberer in New York

Phantastische Tierwesen & wo sie zu finden sind ist ein Lehrbuch in Hogwarts, das bereits im ersten Schuljahr verwendet wird. Auf 64 Seiten wird das Wissen über Tier- und Zauberwesen vermittelt, zudem werden sie nach Gefährlichkeit eingestuft. Geschrieben hat es Newt Scamander (in der deutschen Übersetzung Lurch Scamander). Im Jahr 2001 wurde aus diesem fiktiven Titel dann ein echtes Buch, das zugunsten einer Wohltätigkeitsorganisation käuflich zu erwerben ist, geschrieben von Joanne K. Rowling unter dem Pseudonym Newt Scamander. Und 2016 ist aus diesem Titel ein Film entstanden, der gewissermaßen einen Teil der Entstehungsgeschichte des Buchs erzählt.

Der schüchterne und leicht linkische Newt Scamander (Eddie Redmayne) reist im Jahr 1926 nach New York, im Gepäck – und zwar wortwörtlich – hat er eine ganze Sammlung von seltenen magischen Kreaturen, die er auf seinen Reisen um die Welt fangen konnte. Unter den seltsamen Wesen befindet sich auch ein Niffler – und ehe sich Newt versieht, ist dieser in die Steen National Bank entwischt und auf der Jagd nach allem, was glänzt und glitzert. Also versucht Newt, ihn wieder einzufangen, wobei sich mehrfach seine Wege mit dem Nicht-Zauberer Jacob Kowalski (Dan Fogler) kreuzen, der einen sehr ähnlichen Koffer, allerdings gefüllt mit Backwaren, bei sich trägt. Außerdem wird er von Porpentina Goldstein (Katherine Waterston) beobachtet, die für die amerikanische Zauberergesellschaft, kurz MACUSA, arbeitet. In den USA ist das Verhältnis zwischen Zauberern und Muggles, pardon, No-Majs, weitaus weniger offen als in Großbritannien, hier verhalten sich die Zauberer unauffällig, ja, verstecken sich geradezu, zumal gerade eine ominöse dunkle Macht in New York für Unruhe in der Bevölkerung sorgt. Und als Newt nun seinen Koffer mit Kowalskis verwechselt und dieser versehentliche weitere Tierwesen freilässt, wird das Chaos immer größer – und Newt und Porpentina müssen versuchen, die Ordnung wiederherzustellen und einen Krieg zwischen Zauberern und No-Majs zu verhindern.

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind ist der Auftakt einer bisher auf fünf Teile geplanten Filmreihe, die sich im selben Universum wie die Harry-Potter-Filme bewegt. Das Drehbuch stammt von J.K. Rowling, die u.a. mit David Heyman auch als Produzentin fungiert, Regie führt David Yates, der bereits für die letzten vier Harry-Potter-Filme verantwortlich war, als Produktionsdesigner ist wie bei allen bisherigen Verfilmungen Stuart Craig mit an Bord — die Kontinuität hinter der Kamera ist somit sichergestellt. Und tatsächlich überzeugt der Film insbesondere mit dem Universum, das er entwickelt. Viel Sorgfalt wurde auf die Tierwesen verwendet, neben dem putzig-frechen Niffler schwingt Donnervogel Frank seine Flügel, es gibt einen Swooping Evil, ein Nundu und noch einiges mehr zu sehen. Immer wieder schwelgt die Kamera in den Landschaften mit diesen Tierwesen, erkundet das pompöse Hauptquartier von MACUSA und bewegt sich durch die Straßen des vom Steampunk angehauchten New York der 1920er Jahre.

In der Besetzung erweist sich insbesondere Dan Fogler als Glücksgriff. Der Non-Magic bewegt sich unfreiwillig-zögerlich durch die Geschichte, wird immer mutiger und bleibt vor allem erfrischend bodenständig. Ihm gehören die besten Szenen des Films, auch die Anziehung zu Popertinas Schwester Queenie (Alison Sudol) wird glaubhaft vermittelt. Ebenfalls stimmt die Chemie zwischen Katherine Waterston und Eddie Redmayne, der allerdings wie schon bei The Danish Girl auch hier auf sich stets wiederholende Gesten zurückgreift, um seine Figur zu charakterisieren. Als Helden-Quartett funktionieren sie aber – und das ist für eine Fortsetzung eine der wichtigsten Hürden.

Die Handlung folgt indes den Gesetzmäßigkeiten eines ersten Teils: die Helden müssen durch erste Abenteuer zueinander finden, eine erste Bedrohung wird beseitigt, eine größere kündigt sich an, angereichert wird alles mit einem politisch-philosophisch angehauchten Unterbau. Allerdings bleiben für Potter-Fans wenig Neuigkeiten, sie wissen, wer wen heiraten wird und welche Ereignisse prägend für die Zauberwelt sein werden. Hier gibt es zumindest im ersten Teil keine Überraschungen. Zudem sind die Bösewichte schnell auszumachen und auch hier scheint bereits alles auf die Fortsetzungen hin zu deuten. Der politische Unterbau erschöpft sich in den altbekannten Themen der Angst vor dem Fremden und des Größenwahns, die in den frühen X-Men-Filmen weitaus dringlicher, düsterer und komplexer verhandelt wurden.

Dabei gibt es auch in dem Phantastische-Tierwesen-Universum den gleichen Haken wie bei den X-Men und auch den Avengers: In der realen Welt haben Rassisten und Fanatiker keinen Grund für ihren Hass, aber Zauberer können wie genetische Mutanten und Superhelden tatsächlich zu einer Gefahr für Menschen werden. Daher erfordert es denselben Glauben, den auch andere Franchises fordern. Außerdem will dieser Film auch keinen politischen Kommentar liefern – dafür deutet über zwei Stunden alles zu sehr auf gut gemachte Unterhaltung und ein gehöriges Maß an Eskapismus hin.
 

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind (2016)

„Phantastische Tierwesen & wo sie zu finden sind“ ist ein Lehrbuch in Hogwarts, das bereits im ersten Schuljahr verwendet wird. Auf 64 Seiten wird das Wissen über Tier- und Zauberwesen vermittelt, zudem werden sie nach Gefährlichkeit eingestuft. Geschrieben hat es Newt Scamander (in der deutschen Übersetzung Lurch Scamander). Im Jahr 2001 wurde aus diesem fiktiven Titel dann ein echtes Buch, das zugunsten einer Wohltätigkeitsorganisation käuflich zu erwerben ist, geschrieben von Joanne K. Rowling unter dem Pseudonym Newt Scamander.

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Meinungen

Francisco · 13.12.2016

Ist der Film am 15.12. 21Uhr in 2D?