Peacock

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Vom sensiblen Drama zum seichten Thriller

In den 1950er Jahren kultiviert der schüchterne Bankangestellte John Skillpa (Cillian Murphy) in der US-amerikanischen Kleinstadt Peacock nahe den Bahnschienen ein gleichförmiges, zurückgezogenes Leben im abgelegenen Haus seiner verstorbenen Mutter, die ihn von Kind an offensichtlich durch seelische Grausamkeiten traumatisiert hat. Während die Routine von Johns einsamem Alltag skizziert wird, taucht immer wieder eine Frau in seinem adretten Haus auf, und dem Zuschauer des Spielfilmdebüts Peacock von Michael Lander wird rasch klar, dass es sich bei Emma (Cillian Murphy in einer Doppelrolle) und John um ein und dieselbe Person handelt.
Eines Tages hängt Emma im Vorgarten Wäsche auf, als ein Eisenbahnwaggon entgleist und auf das Grundstück rast, wo er schließlich gebremst wird. Auf diese spektakuläre Weise machen die Bewohner von Peacock die Bekanntschaft der jungen Frau, die wie selbstverständlich für Johns Gattin gehalten wird. Die Entgleisung stellt für das verschlafene Städtchen eine kleine Sensation dar, und so rücken John und Emma in den Fokus des öffentlichen Interesses. Der Bürgermeister (Keith Carradine) und seine sozial engagierte Frau Fanny (Susan Sarandon), die ein Frauenhaus initiiert hat und dafür Spenden sammelt, suchen Emma in der Mission auf, eine Wahlveranstaltung rund um den Eisenbahnwaggon zu organisieren. Auch die allein stehende Maggie (Ellen Page), die sich mit ihrem kleinen Sohn mühsam als Kellnerin durchschlägt, hat ein Anliegen an John, wodurch sie auch Emma kennen lernt, die angelegentlich erfährt, dass John der Vater des niedlichen kleinen Jungen ist. Durch diese Umstände ist John gezwungen, immer häufiger zwischen seiner männlichen und seiner weiblichen Identität hin und her zu wechseln, so dass sich ein Kampf zwischen diesen drastisch voneinander abgespaltenen Persönlichkeitsanteilen entspinnt …

Peacock ist ein sensibel inszeniertes Drama der leisen Töne, das sich im Verlauf der Dramaturgie zu einem mitunter allzu flach erscheinenden Thriller auswächst. Es ist unvermeidlich, auf Grund der Geschichte sowie einiger ähnlicher Ausgestaltungen an Alfred Hitchcocks legendäres Meisterwerk Psycho zu denken, und gerade diese nahe liegenden Assoziationen rauben Michael Landers Debüt die originäre Ausprägung, die in ambitionierten Ansätzen versickert. Cillian Murphy überzeugt zwar überwiegend in seiner differenzierten Darstellung der Skillpas und auch Ellen Page als Maggie füllt ihre Rolle als heimliche Mitwisserin um Johns Elend authentisch aus, doch die übrigen Charaktere wirken nachlässig gezeichnet und umplätschern teils überzogen, teils allzu belanglos die Hauptfiguren und verspielen damit das Potential von wahrhaft spannend Begegnungen und Beziehungen. Vor allem Susan Sarandon (Weiße Zeit der Dürre / A Dry White Season, 1989, Thelma & Louise, 1991, Dead Man Walking, 1995) und Bill Pullman (Lost Highway, 1997, Dear Wendy, 2005, Phoebe in Wonderland, 2008) bleiben hier weit hinter den hervorragenden Vorstellungen zurück, die sie in anderen Filmen bereits gezeigt haben. Da gibt es durchaus ansprechende Bilder und Sequenzen, die berühren, doch die Handlungstendenzen münden immer wieder in seichte und gleichzeitig überfrachtete Sentimentalitäten, die letztlich auch die schillernde Hauptperson schwächen. Möglicherweise ist diese Entwicklung symbolträchtig beabsichtigt, doch nichtsdestotrotz beschränkt sie die Qualitäten des Films, der ohne Kinoaufführung direkt auf DVD erscheint, auf ein temporäres Aufflackern, dessen Kräfte sich immer wieder rasch erschöpfen.

Peacock

In den 1950er Jahren kultiviert der schüchterne Bankangestellte John Skillpa (Cillian Murphy) in der US-amerikanischen Kleinstadt Peacock nahe den Bahnschienen ein gleichförmiges, zurückgezogenes Leben im abgelegenen Haus seiner verstorbenen Mutter, die ihn von Kind an offensichtlich durch seelische Grausamkeiten traumatisiert hat.
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