Patrick's Day

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Schizophrenie als Augenkrankheit

Für Patrick (Moe Dunford), einen jungen Mann, hat der irische Nationalfeiertag gleich in zweierlei Hinsicht einen ganz besonderen Stellenwert. Denn der St. Patrick’s Day ist zugleich der Geburtstag des jungen Mannes, der zu diesem besonderen Anlass aus der psychiatrischen Einrichtung herausdarf, in der er sonst überwiegend seine Tage verbringt. Denn Patrick, so erfahren wir schnell, leidet unter Schizophrenie. Und diese Erkrankung macht es nötig, dass er regelmäßig seine Medikamente nimmt und sich ständig unter ärztlicher Aufsicht befindet – von seinem kleinen Teilzeitjob in einem Supermarkt einmal abgesehen. Nur an diesem einen Tag kann er die Klinik für längere Zeit verlassen und sich gemeinsam mit seiner Mutter (Kerry Fox) unter Menschen bewegen, als sei alles ganz normal mit ihm und seinem Leben. Und so sitzen dann Mutter und Sohn beisammen in einer Kneipe, verbringen dann die Nacht in einem Hotel, bevor der Familienausflug am nächsten Tag mit der Rückkehr in die Klinik endet.
Dieses Mal aber ist alles anders: Bei einem Ausflug auf einen Rummelplatz geht Patrick verloren und kehrt alleine ins Hotel zurück, während seine Mutter durch die Straßen irrt und schließlich etliche Stunden auf einem Polizeirevier verbringt. Prompt begegnet ihr Sohn auf dem Hotelflur der Stewardess Karen (Catherine Walker), die den komplett unerfahrenen Mann mit auf ihr Zimmer nimmt und dort mit ihm eine Liebesnacht verbringt. Und diese eine Nacht verändert alles, denn Patrick verliebt sich in die depressive Karen, was seine überbehütende Mutter gar nicht gerne sieht. Und so versucht sie mit allen Mitteln die sich anbahnenden Liebesgeschichte dieser beiden verlorenen Seelen zu hintertreiben…

Haben Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen das Anrecht auf selbstbestimmte Liebe und Sexualität? Dies scheint die Grundfragestellung zu sein, die Patrick’s Day aufwirft und es ist vermutlich schon ein wenig dem überwiegend von der katholischen Kirche beherrschten gesellschaftlichen Klima geschuldet, dass solch ein Thema überhaupt in dieser Form und Deutlichkeit behandelt werden muss – andere europäische Länder sind da schon erheblich weiter.

So wichtig diese Fragestellung auch sein mag und so bewegend das leise Drama im Folgenden seinen Verlauf nimmt, so seltsam muten aber Details und Unstimmigkeiten in der Figurenzeichnung und in der Plotkonstruktion an, die dem Film einen merkwürdigen Nachgeschmack geben. So erfährt der Zuschauer zwar an ganz vielen Stellen, was Schizophrenie alles nicht ist und welche gesellschaftlichen Vorurteile gegenüber der Erkrankung herrschen, doch umgekehrt gelingt es dem Film nicht, ein schlüssiges Bild der Krankheit zu zeichnen, das wesentlich zum Verständnis Patricks beitragen würde. Auffallend häufige Unschärfen, wenn die Kamera in eine subjektive Erzählhaltung springt, erwecken bisweilen fast den Eindruck, es handele sich dabei im Wesentlichen um eine Augenkrankheit. Ärgerlich ist zudem auch, dass der Film wiederholt Patrick so aussehen lässt, als läge bei ihm eine deutliche Intelligenzminderung vor oder als sei diese Bestandteil des Krankheitsbildes, das ansonsten vor allem durch akustische Halluzinationen und sich steigernde Wutzustände charakterisiert wird.

Nachgerade krude wird es am Ende, wenn Patricks Mutter eine Episode aus der Kindheit des Jungen erzählt, die die Schlussfolgerung förmlich aufdrängt, sie habe mit einem erzieherischen Trick die Krankheit ausgelöst. Mit diesem perfiden Trick, der aber jeglicher medizinischer Grundlage entbehrt, wird hier eine weitere Dämonisierung der Mutterfigur vorangetrieben, die angesichts der vermutlich intendierten Aufklärungsarbeit, die sich der Film auf die Fahnen geschrieben hat, geradezu ärgerlich wirkt.

Die feinen und sensiblen Passagen, die vor allem am Anfang der Geschichte einen zarten Grundton und ein wirkliches Interesse an der Krankheit vermitteln, geraten aufgrund solcher Grobheiten und anderer seltsamer Handlungsstränge (wie etwa der Polizist, der so gerne ein Kabarettist wäre), allzu sehr in den Hintergrund. Bedauerlich ist es auch, dass die Chemie zwischen Patrick und Karen von Anfang an unverständlich bleibt – zumindest dann, wenn man beide Seiten dieser Beziehung betrachtet.

So bleibt Patrick’s Day am Ende trotz guter Ansätze und überwiegend gelungener darstellerischer Leistungen vor allem ein Film der verpassten Chancen und der kleinen bis großen Ärgernisse. Schade!

Patrick's Day

Für Patrick (Moe Dunford), einen jungen Mann, hat der irische Nationalfeiertag gleich in zweierlei Hinsicht einen ganz besonderen Stellenwert. Denn der St. Patrick’s Day ist zugleich der Geburtstag des jungen Mannes, der zu diesem besonderen Anlass aus der psychiatrischen Einrichtung herausdarf, in der er sonst überwiegend seine Tage verbringt. Denn Patrick, so erfahren wir schnell, leidet unter Schizophrenie.
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