Pas douce - Die Unsanfte

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Der schwere Weg zurück ins Leben

Frédérique, genannt Fréd (Isild Le Besco) ist eine junge Frau voller Hemmungen und Aggressionen. Sie lebt in einer kleinen Stadt mitten in der gebirgigen Landschaft der französischen Schweiz, arbeitet als Krankenschwester und hat gerade ihren Freund verloren, der sich anderweitig orientiert hat. Um den Schmerz zu bekämpfen, lässt sie sich treiben, sucht sich in Kneipen und Bars Männer für einen One-night-stand und findet doch nicht das, was sie sucht- vielleicht auch deswegen, weil sie gar nicht fähig ist, sanft oder gar zärtlich zu sein, wie einer ihrer Liebhaber ihr vorwirft. Doch Fréd zeigt sich von solchen Bewertungen ihrer Person gänzlich unbeeindruckt, es ist ihr vollkommen gleichgültig, was ihre Umwelt über sie denkt – sie hat sich beinahe schon aus dem Leben, das ihr nichts mehr bedeutet, verabschiedet, so dass ihre einzige Perspektive der Tod ist.
Als sie, die ehemalige prämierte Schützin, in den Wald geht, um sich selbst mit einem Gewehr das Leben zu nehmen, gerät sie in einen Streit zweier Heranwachsender. Außer sich vor Zorn, vor Wut auf sich selbst und auf die Welt, die sich immer wieder in ihr Blickfeld drängt, drückt Fréd ab und trifft einen der beiden Jungs ins Knie – eine Tat, die ihr Leben verändern wird. Denn von nun an will sie weiterleben, will ihre Schuld offenbaren und das Leid, das sie einem anderen zugefügt hat, wieder gutmachen – nur wie dies geschehen soll, darüber ist sich die Verwirrte noch nicht im Klaren. Doch die Gelegenheit ergibt sich schneller als sie denkt, denn der Verletzte wird just in das Krankenhaus eingeliefert, in dem sie arbeitet. Und mit der Zeit entdeckt Fréd in dem 14-jährigen Marco (Steven Pinheiro de Almeida), einem schwierigen Jungen aus zerrütteter Familie eine Art Spiegelbild. Behutsam nähern sich die beiden aneinander an, und es entsteht beinahe so etwas wie eine Freundschaft. Allerdings weiß Marco zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es ausgerechnet Fréd war, die für seine Verletzung verantwortlich ist. Der schwierige Moment des Offenbarens, des Eingestehens der eigenen Schuld steht erst noch bevor…

Pas douce — Die Unsanfte, der nunmehr zweite Film der jungen Schweizer Regisseurin Jeanne Waltz nach Daqui p’rá alegria, ist das einfach gehaltene, ganz und gar unprätentiöse und doch ungeheuer faszinierende Porträt einer jungen Frau, die mit sich und ihrem Leben nichts anzufangen weiß, die nach außen hin zwar leidlich funktioniert, die aber mit einem Bein über den schwindelnden Abgründen der Verzweiflung balanciert. Es ist vor allem Isild Le Besco, die diesen eher leisen, aber nicht minder intensiven Film trägt, die ihm ein faszinierendes Gesicht und eine große Körperlichkeit verleiht. Jeanne Waltz betrachtet ihre Heldin voller Zärtlichkeit, voller Verständnis, und sie verweigert sich konsequent jeglicher Bewertung des oftmals seltsamen Verhaltens, das Isild Le Besco mit ihrem Spiel und ihrem Gesicht dem Zuschauer nahe bringt, ohne es ihm aufzudrängen. Von ihr, so ist zu hoffen, werden wir in den nächsten Jahren noch einiges zu sehen bekommen. Vergessen kann man diese Schauspielerin jedenfalls nach diesem Film nicht mehr so schnell. Und wie sie, so ist auch Pas douce — Die Unsanfte eine echte Entdeckung voller Anmut und sprödem Charme, ein Werk, das sich ohne Show und Effekte unter die Haut und in die Köpfe der Zuschauer schleicht.

Pas douce - Die Unsanfte

Frédérique, genannt Fréd (Isild Le Besco) ist eine junge Frau voller Hemmungen und Aggressionen. Sie lebt in einer kleinen Stadt mitten in der gebirgigen Landschaft der französischen Schweiz, arbeitet als Krankenschwester und hat gerade ihren Freund verloren, der sich anderweitig orientiert hat.
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Meinungen

manfred zehetmayer · 01.05.2008

Der Film hat micht beeindruckt. Die Beklemmung, die Spannung wie diese Geschichte ausgeht sind toll