New York, I Love You

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Liebe nach Rezept

Es gibt Rezepte, die sind so einfach und so bestechend, dass man sie einfach realisieren muss. So beispielsweise auch dieses hier, das nun den Faden von Paris, je t’aime aufgreift und transatlantisch im Big Apple weiterspinnt. Weitere Teile des Projektes, das unter dem Label „Cities of Love“ etabliert wurde, sind derzeit in Planung, als nächstes sollen Jerusalem, Rio de Janeiro, Shanghai, Venedig und Timbuktu folgen. Auf „Berlin, ick liebe dir“ müssen wir freilich noch ein Weilchen warten.
Fatih Akin, Yvan Attal, Allen Hughes, Shunji Iwai, Jiang Wen, Shekhar Kapur, Joshua Marston, Mira Nair, Natalie Portman, Brett Ratner und Randall Balsmeyer heißen die Regisseure, die Emmanuel Benbihy gemeinsam mit Marina Grasic dieses Mal hinter der Kamera versammelt hat. Auch die Darstellerriege kann sich sehen lassen: Andy Garcia, Hayden Christensen, Rachel Bilson, Natalie Portman, Irrfan Khan, Orlando Bloom, Christina Ricci, Maggie Q, Ethan Hawke, James Caan, Olivia Thirlby, Bradley Cooper, Drea De Matteo, Julie Christie, John Hurt, Shia LaBeouf, Ugur Yücel, Shu Qi, Chris Cooper, Robin Wright Penn, Eli Wallach, Cloris Leachman und viele mehr wirken in den zwölf Geschichten rund um die Liebe in einer der aufregendsten Metropolen der Welt mit. Obgleich die Filmemacher frei in der Wahl ihrer Sujets waren, gab es doch ein striktes Regelwerk einzuhalten, das die Balance zwischen den einzelnen Geschichten bewahren und zugleich dafür sorgen sollte, dass das Endergebnis nicht aus dem Ruder lief. So musste jede der Geschichten mit einem New Yorker Stadtteil verknüpft sein, jede Story sollte etwas mit Liebe zu tun haben und jede Erzählung sollte eine rund achtminütige Episode ergeben. Neben diesen Grundvoraussetzungen gab es noch weitere Einschränkungen im Hinblick auf die Produktion. So hatte jeder der Regisseure genau zwei Tage Zeit, um seine Geschichte mit den von ihm bestimmten Schauspielern und Kameraleuten umzusetzen. Anschließend wurden jedem der Filmemacher maximal sieben Tage im Schneideraum mit einem Cutter eigener Wahl zugestanden, während zeitgleich das nächste Team bereits eine neue Episoden drehte. Und zuletzt mussten alle Regisseure innerhalb ihres jeweiligen Zeitfensters mit denselben Kostümbildnern, Szenenbauern und dem identischen restlichen Team zusammenarbeiten. Anders als mit einem solchen rigorosen Produktionsplan wäre solch ein Film wohl auch kaum realisierbar gewesen.

Die größte Stärke von Omnibus-Projekten wie diesen ist zugleich fast immer ihre offensichtlichste Schwäche: Die Abwechslung durch die verschiedenen Beiträge unterschiedlicher Regisseure wird beinahe zwangsläufig zur Heterogenität, in der der rote Faden mittels eine Rahmenhandlung erst mühsam hergestellt werden muss. Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch die Neuerung, dass die einzelnen Episoden nicht von Anfang bis Ende durcherzählt werden, sondern manchmal zwischen den einzelnen Segmenten gesprungen wird. Das Gesamtergebnis ist meist durchwachsen und weist ein erhebliches Qualitätsgefälle auf. Auch diesbezüglich bildet New York, I Love You keine Ausnahme.

Zu den gelungenen Episoden gehören unter anderem Brett Ratners Episode im Central Park, in deren Verlauf ein Teenager (Anton Yelchin) kurz vor dem Abschlussball von seiner herzlosen Freundin abserviert wird. Gottseidank weiß der Apotheker Frank Riccoli (James Caan) Rat und präsentiert dem unglücklichen jungen Mann seine eigene Tochter (Olivia Thirlby) als Ersatz. Die allerdings sitzt im Rollstuhl. Hinreißend ist auch Joshua Marstons (Maria voll der Gnade) Miniatur eines alten Ehepaares (Eli Wallach und Cloris Leachman), das sich an Uferpromenade des Brighton Beach zankt, dass sich die Fetzen fliegen – und das doch nicht ohne einander leben kann. Ebenfalls beachtlich ist Yvan Attals Episode um einen charmanten Aufreißer (Ethan Hawke), der sich an einer fremden Schönen (Maggie Q) die Zähne ausbeißt. Leider sind nicht alle Geschichten so gelungen wie diese drei, dennoch wird man auch aufgrund der Kürze der Beiträge angenehm unterhalten.

Auch wenn manche der Geschichten nicht so witzig und überraschend sein mögen wie bei Paris, je t’aime, erscheint der Film zumindest formal betrachtet harmonischer, fallen die Unterschiede in Stil und Inszenierung nicht so sehr ins Gewicht, wirkt das Ganze mehr aus einem Guss. Das liegt vor allem an der zunehmenden Verschachtelung und Verzahnung der Einzelepisoden, die Personen verschiedener Geschichten einander begegnen lassen, um anschließend von einem Erzählstrang zum nächsten zu wechseln. Zwar kennt man solche assoziativen Verbindungen bereits von anderen Episodenfilmen wie Short Cuts, im Vergleich zu Paris, je t’aime aber stellt dies eine Neuerung dar und könnte sich durchaus in den folgenden Werken der „Cities of Love“-Reihe als Standard etablieren. Dem Fluss der Erzählung und Stringenz des Films tut dies jedenfalls keinen Abbruch – im Gegenteil. Insgesamt wirkt New York, I Love You dynamischer, moderner und urbaner als sein Vorgänger. Wenn es nun noch gelingen würde, die Auswahl der Geschichten zu verfeinern, könnte sich diese Format durchaus noch um einiges steigern. Das Potenzial ist zweifelsohne vorhanden. Und der Weg allem Anschein nach noch nicht zu Ende…

New York, I Love You

Es gibt Rezepte, die sind so einfach und so bestechend, dass man sie einfach realisieren muss. So beispielsweise auch dieses hier, das nun den Faden von „Paris, je t’aime“ aufgreift und transatlantisch im Big Apple weiterspinnt.
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