Nachtlärm

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Schreibabyblues

Manchen Eltern mag die Grundkonstellation von Christoph Schaubs Nachtlärm ziemlich vertraut vorkommen – auch wenn die Art von Erinnerungen, die der Film hervorruft, eher an einen Albtraum denken lässt. Denn im Mittelpunkt des Geschehens steht bzw. liegt oder sitzt ein Schreibaby, dessen nächtliche Brüllattacken die Nerven seiner Erzeuger strapaziert. Was sich daraus für haarsträubende Entwicklungen ergeben, stammt aus der Feder des bekannten Schweizer Schriftstellers Martin Suter, mit dem Christoph Schaub bereits vor einiger Zeit Giulias Verschwinden auf die große Leinwand brachte.
Vielleicht ist es ja die häusliche Situation, die den acht Monate alten Tim (Tiziano Jähde) derart auf die Palme bringt: Auf die Welt ist er vor allem deshalb gekommen, um die kriselnde Beziehung seiner Eltern Livia (Alexandra Maria Lara) und Marco (Sebastian Blomberg) zu kitten. Vielleicht spürt das der kleine Kerl ja – auf jeden Fall protestiert der kleine Junge gegen diese Bürde und überhaupt auf seine Art und Weise, indem er sich seine kleine Seele aus dem schmalen Leib brüllt. Und das mit Vorliebe und besonders viel Inbrunst nachts, wenn er und der Rest der Welt eigentlich schlafen sollen.

Das einzige, was gegen diese Form des Nachtlärms hilft, das wissen die sichtlich gestressten Eltern genau, ist eine rasante Fahrt über die Autobahn, denn erst ab 130 Stundenkilometer ruht der Knabe und entschlummert endlich. In dieser einen Nacht aber kommt alles anders: Bei einem kurzen Zwischenstopp auf einer Autobahnraststätte, als Livia auf die Toilette entschwindet und Marco nur mal eben Zigaretten holen geht, kapert das Ganovenpärchen Jorge und Claire (Georg Friedrich und Carol Schuler) den betagten Familiengolf und damit auch (eher unfreiwillig) den sanft schlummernden Tim. Dessen Eltern, die kurz zuvor noch völlig entnervt und wahrscheinlich allzu gerne bereit waren, ihr Kind dem nächstbesten Fremden anzuvertrauen, entführen nun ihrerseits einen anscheinend herrenlosen Mercedes, um die Verfolgung aufzunehmen – nichtsahnend, dass dessen Besitzer eine brisante Fracht an Bord mitführt, die er um jeden Preis zurückhaben will. Dies ist der Beginn einer wilden Verfolgungsjagd über die nächtlichen Autobahnen…

So rasant wie die irgendwann gleich doppelte Verfolgungsjagd über die nächtlichen Straßen der Schweiz sind auch die verschiedenen Genres, die Nachtlärm nacheinander streift und anreißt: Vom Beziehungsdrama über das Road Movie zum Thriller geht die wilde Jagd – und über allem schwebt der Geist der Komödie, die den Grundton des Filmes vorgibt. Ein kleiner Wermutstropfen: Trotz diverser Wendungen und Kapriolen verläuft der Plot weitgehend überraschungsfrei; man ahnt schnell, dass die Suchaktion der beiden Eltern die beiden (endlich) dazu bringen wird, die längst überfällige Arbeit an der Beziehung zu beginnen, bevor es endgültig zu spät ist. Hübsch, aber ebenfalls nicht völlig überraschend, ist auch die Idee, das Entführerpärchen als Spiegelbild und Kommentar zu den eigentlichen Eltern zu gestalten, was dank der beiden Darsteller für einige Schmunzelmomente sorgt.

Unterm Strich ist Nachtlärm eine kurzweilige Komödie geworden, die ohne allzu viel Tiefgang gut unterhält und zumindest ähnlich leidgeplagte Eltern mit dem beruhigenden Gefühl entlässt, dass es mit dem eigenen Nachwuchs auch noch viel schlimmer hätte kommen können.

Nachtlärm

Manchen Eltern mag die Grundkonstellation von Christoph Schaubs „Nachtlärm“ ziemlich vertraut vorkommen – auch wenn die Art von Erinnerungen, die der Film hervorruft, eher an einen Albtraum denken lässt. Denn im Mittelpunkt des Geschehens steht bzw. liegt oder sitzt ein Schreibaby, dessen nächtliche Brüllattacken die Nerven seiner Erzeuger strapaziert. Was sich daraus für haarsträubende Entwicklungen ergeben, stammt aus der Feder des bekannten Schweizer Schriftstellers Martin Suter, mit dem Christoph Schaub bereits vor einiger Zeit „Giulias Verschwinden“ auf die große Leinwand brachte.
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