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Gael Garcia Bernal und Leonardo Ortizgris spielen zwei Verlierer, die zu Räubern werden – und doch irgendwie immer Verlierer bleiben. Denn sie wissen einfach nicht, was sie wirklich tun. 

Museo (2018)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Jade-Masken und Verliererfluch

Es ist einer der spektakulärsten Raubüberfälle auf ein Museum aller Zeiten, der es immerhin auf Platz 4 der Top 5 des Time-Magazins 2014 schaffte. Heiligabend im Jahr 1985 wurden offenbar nach monatelangen Vorbereitungen die 124 wertvollsten Artefakte aus verschiedenen Abteilungen des Nationalmuseums für Anthropologie in Mexiko gestohlen. Eine fiktionalisierte Variante dieses Ereignisses erzählt Alonso Ruizpalacio in „Museo“.

Nun folgt ja ein Film über einen Überfall einem bestimmten Muster. Üblicherweise läuft das folgendermaßen ab: Es gibt eine Gruppe von zwei bis mehr Menschen, die verschiedene Expertisen haben, sich kennen oder noch kennenlernen, sich zusammentun und dann an die Vorbereitungen des Überfalls gehen. Dabei gibt es Hindernisse zu überwinden, aber dann ist der große Tag da und sie brechen in eine Bank, ein Juweliergeschäft oder auch ein Casino ein. Anschließend verschwinden sie mit der Beute und/oder versuchen einander auszuspielen. 

Abgesehen vom tatsächliche Überfall fehlt das alles in Alonso Ruizpalacios Museo. Denn die Räuber Juan Nuñez (Gael Garcia Bernal) und Benjamin Wilson (Leonardo Ortizgris) kennen sich schon seit Kindheitstagen und habe auch den Raub längst geplant. Nun aber müssen sie den Termin vorziehen, weil das Nationalmuseum für Anthropologie renoviert werden soll und daher machen sie sich nicht erst Silvester, sondern schon an Heiligabend auf, die Artefakte zu stehlen.

Der Raub geht recht einfach: Schlösser werden geknackt, Alarmvorrichtungen mit Kupferdraht, Aceton und Nägeln ausgehebelt. Also nur wenig elegante Raffinesse, sondern eher solide Arbeit. Immerhin müssen sie noch einige Schwierigkeit überwinden, als sich ihnen der Ausweg plötzlich versperrt. Hier findet Alonso Ruizpalacio einige interessante Bildeinstellungen, in denen die verschiedenen Vitrinen leer geräumt oder die Gesichter der Einbrecher kurz wie auf einem Foto zu sehen sind. 

Aber schon der Ablauf des Raubs deutet darauf hin, dass es in diesem Film viel weniger um das Verbrechen als vielmehr um den Mitte 30-jährigen Juan geht, der wie sein bester Freund Benjamin Wilson immer noch bei seinen Eltern lebt und sein Tiermedizinstudium noch nicht abgeschlossen hat. Seit rund sieben Jahren schreibe er an seiner Abschlussarbeit, tönt eine der vier Schwestern beim Weihnachtsessen herum. Er hat keine wirklichen Ambitionen, jobbt ein wenig, aber hängt vor allem rum. 

Mit diesem Einbruch könnte er nun allen beweisen wollen, dass er doch etwas drauf hat. Vielleicht aber hat er auch gar nicht darüber nachgedacht, weshalb er das Museum ausrauben will. Schon zu Beginn des Films informiert Wilsons Erzählstimme aus dem Off, dass Juan anzweifelt, dass jemand wissen könne, warum jemand anderes eine bestimmte Handlung ausführe. Denn oftmals wisse es der Handelnde ja selbst nicht. Und in Museo drängt sich der Gedanke, dass die beiden nicht wissen, was sie tun, mehr als einmal auf. Denn natürlich ruft der Raub so vieler bedeutender Artefakte viel Aufmerksamkeit und auch viel Hass hervor. Und nicht nur das: Offenbar haben sie sich auch keine Gedanken gemacht, wie sie das Zeug anschließend wieder loswerden können. Deshalb sitzen sie nun da – mit Stücken, die Millionen von Dollar wert sind, aber niemand wagt sich an so heiße Ware heran. 

Damit ist Museo wieder einmal ein Film über zwei Verlierertypen, die nichts mit ihren Leben anfangen, sondern erst einmal handeln und nie wirklich nachdenken. Sie werden gut gespielt, auch fühlt sich der Film dank der Ausstattung und Musik tatsächlich nach dem Ende der 1980er Jahre an. Aber er ist ebenso ziellos wie seine Hauptfiguren: Einen wirklichen Ausweg findet er nicht. 

Neben der späten Coming-of-Age-Geschichte der Hauptfiguren erzählt Ruizpalacios zudem von dem Umgang mit historischen Artefakten im Allgemeinen. Hier kontrastiert der Raub der beiden Männer das Vorgehen von Archäologen und anderen Wissenschaftler, die wichtige Funde von ihren Fundorten wegbewegen und ausstellen. Ist das nicht auch eine Art Raub? Oder überwiegt hier der Vorteil, dass dann viel mehr Menschen diese wertvollen Stücke zu sehen bekommen – wenngleich sie allzu oft in westlichen Museen landen? 

Diese Fragen klingen durchaus an, doch letztlich verläuft sich auch dieser Weg, schließlich muss nun Juan viel zu spät erkennen, dass er vielleicht der Versager der Familie ist – aber dennoch eine Familie hat, die ihn zwar ärgert, jedoch auch liebt, und es ihm eigentlich nie an etwas gefehlt hat. Dieser Geschichte kann die Visualität mit kunstvollen Ton-Bild-Scheren, Unschärfen und Verlangsamungen nur wenig Neues hinzufügen. Deshalb fragt man sich, ob eine stärkere Konzentration auf den Raub – und die Tatsache, dass offizielle Stellen überzeugt waren, dahinter stecke eine professionelle, große Bande – dem Film nicht doch gut getan hätte.

Museo (2018)

Im Jahr 1985 brach eine Diebesbande in das völkerkundliche Museum von Mexico City ein, um 140 Ausstellungsstücke aus der Zeit vor der spanischen Besatzung zu stehlen. Museo schildert die Vorbereitungen und die Hintergründe zu dem Beutezug.

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