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Monsieur Claude ist zurück, hat Frau und Töchter dabei. In der Fortsetzung der Erfolgskomödie um den heimatverbundenen Spießbürger verschiebt Regisseur Philippe de Chauveron den Fokus nun aber auf die Schwiegersöhne.

Monsieur Claude 2 (2019)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Ein Reaktionär kommt zur Räson

In Frankreich strömten mehr als zwölf Millionen, in Deutschland fast vier Millionen Menschen in die Kinos, um einem Spießbürger bei der Läuterung zuzusehen. Seine vier Schwiegersöhne mit Migrationshintergrund passten dem erzkatholischen Gaullisten so gar nicht in den Kram. Dessen konservative Haltung spiegelte bereits der Originaltitel. „Qu’est-ce qu’on a fait au Bon Dieu ?“, fragten sich das Ehepaar Verneuil und all jene im Publikum, die über Schubladendenken nicht lachen können.

Was sie dem lieben Gott angetan haben, fragen sich Claude Verneuil (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) auch in der Fortsetzung. Nach einem anstrengenden Trip zu den Eltern ihrer Schwiegersöhne und ein paar üblen Witzen über deren Heimatländer Israel, Algerien, China und die Elfenbeinküste, verkünden Claudes und Maries Töchter am Esstisch, dass sie ihre Zukunft nicht länger im von ihren Erzeugern so innig geliebten Frankreich sehen. Fortan gilt es, das Emigrieren zu verhindern. Claude hat ausreichend Zeit, ist er doch frisch im Ruhestand, und sein Buch über den Schriftsteller Alfred Tonnellé, einen Vertreter des Pyrenäismus, geht ihm nur schwer von der Hand.

Fünf Jahre nach Monsieur Claude und seine Töchter legt Regisseur Philippe de Chauveron den zweiten Teil nach, der auf eine ausgewogene Mischung aus Neuem und Altbewährtem setzt. Neu ist der Fokus, der nicht länger auf dem Spießbürger Claude, sondern auf dessen Schwiegersöhnen liegt. Eine Verschiebung, die dem Wechsel an der Staatsspitze geschuldet scheint. Die anstehenden Auswanderungen haben vielfältige Gründe, nicht zuletzt finanzielle. (Soziale Sorgen und Unzufriedenheiten wie die Gelbwestenproteste lassen grüßen.) Sie sind aber auch Reaktion auf Franzosen wie Claude, auf deren Vorurteile und schlechte Scherze, auf Diskriminierung und Rassismus, offen gelebten und versteckten.

David (Ary Abittan) fühlt sich als Geschäftsmann nicht ernst genommen, Banker Chao (Frédéric Chau) hat Angst vor Übergriffen. Schauspieler Charles (Noom Diawara) erhält nur klischierte Rollenangebote und Anwalt Rachid (Medi Sadoun) nur noch Fälle, die sich um die Verschleierung muslimischer Frauen drehen, seit er eine davon verteidigt hat. Was alle eint, ist das Gefühl, nicht dazuzugehören, Franzose zu sein, stets nur nach der Herkunft der Eltern oder Großeltern bewertet zu werden. Ein Gefühl, das viele Zuschauer*innen im Kinosaal teilen dürften.

Altbewährt sind de Cheverons Inszenierung und der Stoff, mit dem er die Nebenstränge füllt. Wie so viele Fortsetzungen ist auch Monsieur Claude 2 keine wegweisende Weiterentwicklung, sondern viel Gleiches in Grün mit augenzwinkernden Anspielungen auf den Vorgänger. Loïc Legendre gibt als schrulliger Pfaffe den Gaglieferanten, statt Claude verschreckt der afghanische Geflüchtete Arash vorurteilsbehaftete Besucher mit der Kettensäge und wie sich das für eine anständige Komödie gehört, wird am Ende geheiratet. Dieses Mal versucht nicht Claude, sondern Charles‘ Vater André (Pascal N’Zonzi) eine Trauung zu torpedieren. Seine Tochter Viviane (Tatiana Rojo) liegt bei der Schwiegerkindwahl zwar bezüglich Religion und Nationalität goldrichtig, nicht aber beim Geschlecht. Vivianes Zukünftiger entpuppt sich als Zukünftige (Claudia Tagbo), worauf André doch glatt aus den Latschen kippt. Erstmals ist Claudes Einfühlungsvermögen gefragt. Ein Reaktionär bringt den anderen zur Räson.

De Cheveron bringt das schwungvoll und kurzweilig auf die Leinwand. Tempo und Timing sitzen. Das Schauspiel überzeugt. Wie schon im ersten Teil sind die Hahnenkämpfe der bornierten Familienoberhäupter Claude und André ein Höhepunkt. Wie gewohnt pfeift de Cheveron dabei auf Political Correctness. Dementsprechend direkt ist der Humor, und die Klischees, die er mal plump bedient, mal gekonnt unterläuft, sind allgegenwärtig (am schlimmsten bei puppenhaften, völlig an den Handlungsrand gedrängten Töchtern). De Chevrons und Guy Laurents Drehbuch entlarvt und verlacht den Rassismus ihrer Hauptfigur ebenso wie manch unangebrachte Rassismus-Keule, die seine Schwiegersöhne auspacken.

Tiefgang besitzt auch die Fortsetzung nicht, dafür zielt sie zu eindeutig auf ein Millionenpublikum. Mehr als fünf Millionen Besucher*innen haben sich den Spaß jenseits des Rheins bislang angesehen. Der ist abermals leicht verdaulich, weil de Cheveron heikle gesellschaftspolitische Thema wie Antisemitismus (von Rechts wie Links) ausblendet und sein Publikum in eine Welt der Wohlsituierten entführt. Der Diskriminierung davonzulaufen, kann sich hier jeder leisten.

Mit dem Alltag von Otto Normalfranzose hat das nichts zu tun, unterhaltsam ist es trotzdem, wenn auch – ganz anders, als die Unterzeile des deutschen Filmtitels vermuten lässt – wenig überraschend.

 

Monsieur Claude 2 (2019)

Zwar haben sich Monsieur Claude und seine Gattin mittlerweile daran gewöhnt, dass die Töchter multikulturell geheiratet haben, doch als sie allesamt verkünden, künftig im Ausland leben zu wollen, ist das ein Gedanke, an den sich die Eltern überhaupt nicht gewöhnen mögen. Und so setzen sie alles Mögliche in Bewegung, um ihre Lieben und deren Familien dennoch in ihrer Nähe behalten zu können. 

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Meinungen

Thorsten Schmidt · 12.05.2019

Rassistisch und ohne Handlung.

Pia · 01.05.2019

Langweiliger Abklatsch vom ersten Teil. Wenig unterhaltsam, viele Monologe ohne Witz. Schade nach dem grandiosen ersten Teil!
Nicht sehenswert!!!!