Mindscape (2013)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Anna und der Erinnerungsdetektiv

Wer die Fähigkeit besitzt, sich derart in die Erinnerung eines Menschen einzuklinken, dass er sie so sehen kann, wie sie erlebt wurde, wird in diesem Thriller als „Memory Detective“ bezeichnet, und als solcher war John Washington (Mark Strong) für das Unternehmen Mindscape erfolgreich im Einsatz, bis er eines Tages mitten in einer Rückführungssitzung einen Schlaganfall erleidet. Gesundheitlich erholt, aber aufgrund des Freitodes seiner Frau weitgehend zurückgezogen und beinahe pleite sucht John nun seinen ehemaligen Chef Sebastian (Brian Cox) auf und bittet ihn um einen Job. Der erfahrene Psychiater vertraut ihm den Fall der 16-jährigen Anna Greene (Taissa Farmiga) an, die als Kind von ihm behandelt wurde und jetzt nach einer Selbstverletzung in ihrem wohlhabenden Elternhaus eingesperrt, rund um die Uhr durch Kameras überwacht und von der Krankenschwester Judith (Indira Varma) betreut wird.

Nachdem er sich ihrer Mutter Michelle (Saskia Reeves) und ihrem Stiefvater Robert (Richard Dilliane), der Anna offensichtlich sehr feindselig gesinnt ist, vorgestellt hat, besucht John sie in ihrem gesicherten Zimmer, und diese erste Begegnung mit dem klugen, künstlerisch begabten Teenager im Hungerstreik deutet bereits an, dass Anna dem „Memory Detective“ um einige Längen voraus ist. Bald darauf soll Anna ihre Betreuerin Judith die Treppe hinuntergestürzt haben, die mit Knochenbrüchen im Krankenhaus liegt, doch Anna verdächtigt ihren Stiefvater der Tat, um sie auf diese Weise doch noch in eine Anstalt einweisen zu lassen. John arbeitet mit Anna an ihrem Erinnerungsvermögen und stellt darüber hinaus seine eigenen Nachforschungen an, die seine Verwirrung allerdings noch verstärken: Ist Anna das harmlose Opfer von Traumata oder aber eine gestörte, bösartige Täterin? Dieser Fall katapultiert John zunehmend in eine heftige Krise; er fühlt sich verfolgt und misstraut sogar seinem Chef Sebastian …

Sorgfältig konzipiert und bildgewaltig inszeniert beschwört Mindscape als Spielfilmdebüt des spanischen Regisseurs Jorge Dorado die schemenhafte Sphäre von Erlebnissen und Erinnerungen der drastischen Sorte, die sich so bedeutsam wie fesselnd auf das Leben ihrer Protagonisten auswirken. Das Thema der Visualisierung von Erinnerungen als Methode der Kriminalistik, das hier als Aufhänger der Geschichte fungiert, trifft zweifellos vor allem im Berreich von einschlägigen Serien den Zeitgeist, ebenso wie die Charakterzeichnung des Ermittlers, der mit seinem defizitären Wesen auf moderne Art den klassischen Detektiv des Film Noir repräsentiert. Mark Strong interpretiert seine Rolle als orientierungsloser Witwer auf beeindruckende Weise, und auch Taissa Farmiga als Anna weist ein nuancenreiches Spiel auf, wobei das Ende des Films die Beziehung der beiden Figuren untereinander recht zusammenhangslos unter ein neues Motto stellt, das dramaturgisch nicht konsequent entwickelt wurde und in seinen Andeutungen plötzlich harmonischer Tendenzen allzu gezwungen wirkt. Dennoch markiert Mindscape insgesamt in vielen Aspekten einen starken, spannungsvollen Thriller mit gutem Unterhaltungswert, der seine Helden an der Begegnung miteinander wachsen lässt und letztlich eine Art von Befreiung verströmt.
 

Mindscape (2013)

Wer die Fähigkeit besitzt, sich derart in die Erinnerung eines Menschen einzuklinken, dass er sie so sehen kann, wie sie erlebt wurde, wird in diesem Thriller als „Memory Detective“ bezeichnet, und als solcher war John Washington (Mark Strong) für das Unternehmen „Mindscape“ erfolgreich im Einsatz, bis er eines Tages mitten in einer Rückführungssitzung einen Schlaganfall erleidet.

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