Minbo - Die sanfte Kunst japanischer Erpressung

Eine Filmkritik von Falk Straub

Vereint gegen die Mafia

Gangsterfilme aus Fernost überhöhen ihre Protagonisten gern. Minbo – Die sanfte Kunst japanischer Erpressung stellt die vermeintlich kühnen Ehrenmänner als zahme Papiertiger bloß. Ein mutiger Schritt, den Regisseur Jûzô Itami mit einer Narbe bezahlte.
Das organisierte Verbrechen hat in Japan eine lange Tradition. Die Anfänge der Yakuza, in Europa häufig unter dem Begriff der japanischen Mafia zusammengefasst, reichen angeblich bis ins 17. Jahrhundert zurück. Deren moderne Ableger blieben bis in die 1990er Jahre von Polizei und Justiz in weiten Teilen unbehelligt. Thema und Kritikpunkt in Jûzô Itamis Minbo, der die Verbrecher und ihr Geschäftsgebaren genüsslich durch den Kakao zieht. Die Unterwelt fand das weniger witzig. Eine Woche nach der Filmpremiere attackierten eine Handvoll Yakuza den Regisseur mit einem Messer und entlarvten sich damit als ebenso feige wie ihre filmischen Pendants.

In Itamis Komödie wickeln die Gangster ihre Geschäfte vor aller Augen in der Lobby des Tokioter Hotels Europa ab. Der Ruf des angesehenen Hauses leidet, ein politischer Kongress wird abgesagt. Hoteldirektor Kobayashi (Akira Takarada) sieht sich gezwungen, härter gegen die Yakuza vorzugehen, und reicht die Verantwortung dafür umgehend weiter. An seiner statt sollen es der Buchhalter Suzuki (Yasuo Daichi) und der Page Wakasugi (Takehiro Murata) richten. Mit dem Hinauskomplimentieren sind die beiden allerdings heillos überfordert. Also kommt die Rechtsanwältin Mahiru Inoue (Nobuko Miyamoto) ins Spiel. Sie ist Spezialistin für minji kainyu boryou, kurz Minbo, jene Form der Gewaltandrohung, mit der die Yakuza ihre Opfer erst einschüchtern und dann ausnehmen. Für den Rest des Films greift sie Suzuki und Wakasugi unter die Arme.

Jûzô Itami wechselte erst spät hinter die Kamera. Sein Regiedebüt gab der 1933 in Kyoto geborene Schauspieler 1984 mit Beerdigungszeremonie. Es fällt in eine Zeit, in der ein nostalgischer Blick auf die Filmgeschichte das japanische Kino beherrscht. Auch Itami setzt sich augenzwinkernd damit auseinander. Bis zu seinem Suizid im Jahr 1997 blieb er der Satire treu. In Deutschland dürfte Tampopo (1985) sein bekanntestes Werk sein. Während er darin kulinarische Genüsse mit Westernmotiven würzt, nimmt er in Minbo den Gangsterfilm auf die Schippe. In Deutschland war Minbo erstmals 1996 zu sehen. Unter dem Titel „Die Kunst der Erpressung“ lief der Film in einer um knapp fünfzehn Minuten gekürzten Fassung im Fernsehen. Auf DVD liegen nun sowohl die synchronisierte TV-Version als auch das ungekürzte Original vor.

Der (japanische) Humor mag sich nicht jedem erschließen. In einer Gesellschaft, deren Geschäftsleben strengen Regeln folgt, muten manche Handlungen für ein westliches Publikum seltsam an. Wem das japanische Kino jedoch nicht völlig fremd ist, der wird sich prächtig amüsieren. Wie die Yakuza ihre Gegenüber hinterlistig bei der Ehre packen, um an ihre nicht gerade ehrenwerten Ziele zu gelangen, ist ebenso köstlich wie Mahiro Inoues schlagfertige Gegenangriffe. Jûzô Itamis Ehefrau Nobuko Miyamoto brilliert als unerschrockene Rechtsanwältin, die den Verbrechern mit deren eigenen Mitteln eine lange Nase dreht. Wie die grobschlächtigen Großmäuler vor diesem gewitzten Wesen plötzlich ganz klein werden, ist eine wahre Augenweide.

In seinen Bildern setzt Itami auf viel Bewegung und jede Menge Akteure. Nicht selten quellen seine fein durchkomponierten Einstellungen vor Figuren beinahe über, die sehr nah an die Kamera herantreten. Wie die Charaktere auf engstem Raum miteinander interagieren, wie ihre Gesichter Bände sprechen, auch darin schimmert Itamis zurückhaltende Komik durch. Am Ende treten die Hotelangestellten einer Gruppe Yakuza vereint entgegen. Ihren Drohgebärden begegnen sie mit klugen Worten. Ein Triumph des Geistes über den Körper, geführt von einer starken Frau in einem Film mit Haltung.

Minbo - Die sanfte Kunst japanischer Erpressung

Gangsterfilme aus Fernost überhöhen ihre Protagonisten gern. „Minbo — Die sanfte Kunst japanischer Erpressung“ stellt die vermeintlich kühnen Ehrenmänner als zahme Papiertiger bloß. Ein mutiger Schritt, den Regisseur Jûzô Itami mit einer Narbe bezahlte.
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