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Schwabens Hollywood-Export Roland Emmerich wagt sich an den Zweiten Weltkrieg. Der „Independence Day“-Regisseur hat die Schlacht um die Midwayinseln, einen Wendepunkt des Zweiten Weltkriegs, verfilmt. Ebenso ein Wendepunkt in Emmerichs Karriere?

Midway - Für die Freiheit (2019)

Eine Filmkritik von Falk Straub

And he keeps shooting

Katastrophenfilme machten Roland Emmerich groß. Mit „Anonymus“ (2011) und „Stonewall“ (2015) versuchte er, das Genre zu wechseln, nur um im Anschluss Altbewährtes aufzuwärmen. Doch auch „Independence Day: Wiederkehr“, die Fortsetzung seines größten Hits, blieb hinter den Erwartungen zurück. Schlechte Kritiken und Einspielergebnisse halten den schwäbischen Spielberg jedoch nicht vom Weitermachen ab. Wie jeder Regisseur, der für seine Profession brennt, scheint ein Satz, den Drehbuchautor Wes Tooke dem großen John Ford in den Mund legt, auch das Credo des gebürtigen Stuttgarters zu sein: „Keep shooting!“

In besagter Szene wird der von Geoffrey Blake gespielte Ford mit einer Dokumentarfilm-Crew Zeuge des Angriffs der Japaner auf die Midwayinseln. Anstatt sich wegzuducken, fordert er seinen Kameramann auf, weiter draufzuhalten. Im Original ist das freilich doppeldeutig, denn auch die angreifenden japanischen Flugzeuge und Kampfpilot Richard „Dick“ Best, um den Tooke seine Handlung gebaut hat, feuern aus allen Rohren. Für Emmerichs Kriegsfilm lässt sich das nicht sagen. Midway – Für die Freiheit wählt stets den Mittelweg und gerät dadurch nicht einmal mittelmäßig, sondern misslingt.

Beim Pazifikkrieg denken die meisten zuerst an Pearl Harbor, so sehr hat sich der Angriff der Japaner am 7. Dezember 1941 auf die US-Flotte ins kulturelle Gedächtnis eingebrannt. Nicht zuletzt das Kino hat mit Filmen wie Verdammt in alle Ewigkeit (1953), Tora! Tora! Tora! (1970) oder Pearl Harbor (2001) dazu beigetragen. Auch bei Emmerich spielt dieses Trauma US-amerikanischer Kriegsgeschichte eine Rolle. Davon ausgehend schreitet der Regisseur über die Ernennung von Chester W. Nimitz (Woody Harrelson) zum Oberbefehlshaber der Pazifikflotte und dem Überraschungsangriff der Amerikaner auf Tokio unter Führung von Lieutenant Colonel Jimmy Doolittle (Aaron Eckhart) akribisch, dadurch aber äußerst schematisch alle Stationen bis zur titelgebenden Seeschlacht ab.

Diese tobte vom 4. bis 7. Juni 1942 und brachte die entscheidende Wende zugunsten der Alliierten. Vom Kino wurde sie bislang eher stiefmütterlich behandelt und prominent besetzt, zuletzt in Jack Smights Schlacht um Midway (1976) nacherzählt. Von dessen im direkten Vergleich geradezu differenzierter Darstellung ist Emmerichs Versuch unzählige Seemeilen entfernt. Während Smight Sieg und Niederlage in großen Teilen auch dem Zufall, Glück und zwar logisch, aber falsch getroffenen Entscheidungen zuschrieb, scheitern die Japaner bei Emmerich an ihrer eigenen Hybris. Seinem Protagonisten verhilft die Hybris indes zum Erfolg.

Dabei waren Emmerichs Absichten hehr. „Wer heute einen Kriegsfilm dreht, bei dem am Ende nur die eine Seite jubelt, macht nicht den richtigen Film für unsere Zeit“, hat sich Emmerich in einem SPIEGEL-Artikel über Midway geäußert. Zu Beginn, wenn er den amerikanischen Nachrichtenoffizier Edwin Layton (Patrick Wilson) und seinen japanischen Gegenpart, Konteradmiral Tamon Yamaguchi (Tadanobu Asano), als gemäßigte, den Frieden sichernde Kräfte einführt, wird er diesem Anspruch noch gerecht. Doch je weiter die Handlung voranschreitet und immer mehr in flache Episoden zerfasert, desto stereotyper und eindimensionaler geraten die Charaktere.

Der Versuch, allen gerecht zu werden – den Amerikanern, den Japanern, den zivilen Opfern in China (was den Geldgebern geschuldet sein dürfte), den Befehlshabern und den Befehlsempfängern, den einfachen Matrosen und den Kampfpiloten –, wird am Ende keinem gerecht. Sein Film ist in erster Linie unentschlossen. Dick Bests arroganter Cowboy-Attitüde erteilt dessen Vorgesetzter Lieutenant Commander Wade McClusky (Luke Evans) zunächst eine Absage. Gerade diese lebensmüde, das Leben seiner Mitflieger leichtsinnig aufs Spiel setzende Einstellung trägt ihm letztlich aber den Erfolg ein.

Im schwindelerregenden Tempo steigt Best, vom Befehlshaber des Flugzeugträgers USS Enterprise William Halsey (Dennis Quaid) befördert, zum Kommandanten seiner Staffel auf. Das Publikum nimmt ihm weder seinen Wandel vom überheblichen Draufgänger zum verantwortungsvollen Vorgesetzten ab noch gelingt es Ed Skrein, seiner Figur auch nur ansatzweise Charme einzuhauchen. Ein Problem, das viele Ensemblemitglieder mit Skrein teilen. Tookes Drehbuch lässt ihnen schlicht zu wenig Raum. Mehr als die Handlung zu kommentieren oder durch ein paar Sätze voranzutreiben, ist nicht drin.

Noch schwerer als die dünne Figurenzeichnung und eine Story, die sich zu sehr auf die Gefechte und zu wenig auf die Taktik dahinter konzentriert, wiegt die Optik dieses Films. Die in Sepiatöne getauchten, häufig weichgezeichneten Einstellungen und die an mittelprächtige Computerspiele erinnernde Action lassen einen irritiert, ja teilnahmslos zurück. Mit den kühlen, immersiven, brutalen und durchaus diskussionswürdigen Aufnahmen eines Dunkirk (2017) oder Der Soldat James Ryan (1998) hat das nichts zu tun. Emmerichs Entscheidung, die Kriegsgräuel nur gedimmt zu zeigen, nimmt seinem Film aber auch die abschreckende Wucht.

Emmerichs Film feiert den Krieg nicht. Von Michael Bays patriotischem, reißerischem und schnulzigem Kriegskitsch Pearl Harbor ist Midway ein gutes Stück entfernt – nicht zuletzt, weil er sich eine Liebesgeschichte spart. Emmerich stellt den Krieg und dessen Akteure aber eben auch nicht (entschieden genug) infrage. Auch von Terrence Malicks Der schmale Grat (1998) könnte Midway kaum weiter entfernt sein. Ein seltsam bemühter und müder Kriegsfilm, der nicht polarisiert, wütend oder nachdenklich macht, sondern Stirnrunzeln bis Achselzucken hervorruft.

Midway - Für die Freiheit (2019)

Der Kriegsfilm, der von einer Seeschlacht 1942 im Pazifik erzählt, die als einer der Wendepunkte in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs gilt.

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Meinungen

Bud · 23.11.2019

Naja ....weil´s eben ein Emmerichfilm ist, quasi ein muss ihn zu sehen. Letztendlich war ich enttäuscht. Typisch amerikanisch und wieder mal zu heroisch aufgemacht. Letztendlich kam nix neues, eine strikte Haltung an die Geschichtsbücher die seit neusten ja immer öfters in Frage gestellt werden. Viele Hinweise in der Geschichte deuten darauf hin, dass die Amerikaner genau wussten, wann und wie und wo Pearl Harbor angegriffen wird. Ich hätte mich mehr über eine Variante abseits der Geschichtsbücher, hin zu Hypothesen mehr gefreut!

Buddy car · 23.02.2020

Das sehe ich genauso. Gleiches betrifft den Krieg oder Kriegen in Europa. Da werden auch viele Dinge und Details weggelassen und nur einseitig dargestellt. Emmerich hat recht, dass nur einer gewinnt, will ich auch nicht mehr anschauen. Es müssen alle Seiten betrachtet und berichtet werden, sonst kann man es gleich bleiben lassen. Am wichtigsten ist die Geschichte vor einem jedem Krieg.

Steven · 17.11.2019

Schlechtester Emmerichfilm aller Zeiten. Flache Charaktere. Schlecht erzählte Geschichte. Unglaubwürdige Anhäufung von schlechten Digitalplugins. Hälfte sehen. Rausdehen. Teilweise Fehlbesetzungen. Schlecht gemachter Film.

Norbert Thein · 09.11.2019

Die Schlacht um Mittway ist sehr gut verfilmt. Dadurch dass der Film kurz vor dem Angriff auf Pearl Harbor einsetzt, den Angriff auf Pearl Harbor zeigt und die dadurch logisch Konsequenz der Seeschlacht um Mittway. Die einzelnen Hauptdarsteller spielen ihre darzustellenden Charaktere sehr Überzeugend. Für an Geschichte interessierten Kinofans ist dieser Film ein muss. Läuft zur Zeit u. a. im Weltbio in Schweinfurt.