Mean Dreams

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Teenage Wastelands

Zufällig begegnen sie sich im Wald, irgendwo in den Weiten Kanadas: Jonas (Josh Wiggins) ist 15 Jahre alt und hat das harte Leben auf der Farm seiner Eltern gründlich satt, die ungefähr gleichaltrige Casey (Sophie Nélisse) ist gerade erst in die Gegend gezogen und Tochter des verbitterten alleinerziehenden Cops Wayne (Bill Paxton), der frustriert von seiner Versetzung das Beste aus der Ödnis zu machen versucht. Schnell ist es um Jonas geschehen und er verliebt sich in die Nachbarstochter. Doch das führt direkt in eine Katastrophe: Zuerst erweist sich Wayne als äußerst allergisch, ja fast schon eifersüchtig auf ihn und verdrischt den Verehrer seiner Tochter nach Strich und Faden. Doch damit ist die sich entspinnende Privatfehde, bei der Jonas nicht den Hauch einer Chance hat, noch lange nicht abgeschlossen: Weil sich Caseys brutaler Vater auf einen schmutzigen Drogendeal eingelassen hat, von dem Jonas erfährt, muss der Junge fliehen – und nimmt Casey sowie die Beute aus dem Deal mit sich. Von diesem Moment an haben die beiden nicht nur Wayne, sondern die gesamte Polizei auf den Fersen. Sie haben nunmehr keine andere Chance der ganzen Sache zu entkommen, als sich der Gefahr zu stellen und den Kampf aufzunehmen.
Zugegeben: Mean Dreams lässt sich anfangs viel Zeit und nimmt sich diese auch immer wieder, um den beiden jugendlichen Helden Raum für ihre Entwicklung und Annäherung zu geben. Dadurch wird phasenweise das Tempo verschleppt, um dann unvermittelt wieder Fahrt aufzunehmen und schließlich in einem furiosen Finale zu münden. Auch erzählerisch schlägt der Film kaum je neue Pfade ein; sind die Prämissen erst einmal gesetzt, ahnt man schnell, wohin die wilde Jagd gehen wird. Immerhin aber weist der Film viel subtilere Charakterzeichnungen auf, als man zunächst vermutet hätte. Caseys Vater ist niemals einfach nur ein bad cop, vielmehr spürt man zwischen seinem brutalen Agieren immer auch die Frustration, Wut und Überforderung auflodern, die aus ihm gemacht haben, was er nun ist: Ein Mann, der irgendwann im Leben einmal vom richtigen Weg abgekommen ist und nun feststellen muss, dass er längst die Grenzen überschritten hat, die ihm ein Umkehren erlauben würden. Und genau dies eint ihn mit seiner Tochter und Jonas: Auch sie haben am Ende keine andere Wahl mehr, als ihren einmal mehr oder weniger spontan gefassten, aber längst überfälligen Entschluss bis zum bitteren Ende durchzustehen.

Dass der Film trotz dieser ruhigeren Passagen und der gelegentlichen Längen gut funktioniert und stellenweise sogar begeistert, liegt nicht nur an den exzellenten Schauspielern (allen voran Bill Paxton), sondern auch an der atmosphärisch dichten Bildgestaltung, die immer wieder eine Geistesverwandtschaft zu Terrence Malicks Badlands und Debra Graniks Winter’s Bone erkennen lässt.

Auch die exzellente Tongestaltung und der mal dröhnende, dann wieder beinahe verträumte Score aus der Feder des Multiinstrumentalisten Ryan Lott alias Son Lux, der bereits die Filmmusik zu Das Verschwinden der Eleanor Rigby besorgte, unterstützen die rapiden Stimmungswechsel kongenial, sorgen mit fast schon abstrakten Trommelpassagen für eine spürbare Beschleunigung des Herzschlags und orchestrieren so eine enorme Bandbreite der Emotionen. Wenn man bedenkt, dass Mean Dreams nach dem überwiegend gefeierten Gangsters aus dem Jahre 2011 gerade mal der zweite Film des Regisseurs Nathan Morlando ist, muss man wirklich gespannt sein, was von ihm in Zukunft noch kommen wird.

Mean Dreams

Zufällig begegnen sie sich im Wald, irgendwo in den Weiten Kanadas: Jonas (Josh Wiggins) ist 15 Jahre alt und hat das harte Leben auf der Farm seiner Eltern gründlich satt, die ungefähr gleichaltrige Casey (Sophie Nélisse) ist gerade erst in die Gegend gezogen und Tochter des verbitterten alleinerziehenden Cops Wayne (Bill Paxton), der frustriert von seiner Versetzung das Beste aus der Ödnis zu machen versucht.
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