Mauer

Mauern gehen, Mauern entstehen

Es ist erst wenige Jahre her, dass eine Mauer verschwand, die ein Land teilte. Der Name des Landes war Deutschland. Und die Mauer – zumindest in ihrer physischen Gestalt – ist längst Geschichte und beinahe schon vergessen. Doch anderswo auf der Welt fallen keine Mauern, sondern sie werden errichtet. Und wie bei der Mauer, die Deutschland teilte, so separieren auch diese neuen Mauern Menschen von Menschen, durchschneiden Gebiete, die seit Jahrtausenden als Einheit wahrgenommen werden, weil die Politik und der Fanatismus es so wollen.

Die Filmemacherin Simone Bitton hat den aktuellen Mauerbau in Israel dokumentiert, der – in fataler Anlehnung an die Diktion des DDR-Regimes – als „Schutzwall“ proklamiert wird. Die Mauer vollzieht dabei eine Trennung, die mitten ins Herz der Filmemacherin zielt, denn sie – in Marokko geboren und in Paris lebend – versteht sich als Jüdin und als Araberin. Sie folgt den Spuren der Mauer, befragt die Menschen, die unmittelbar vom Bau betroffen sind und stößt immer wieder auf Stimmen, die den Irrsinn jenes Festzementierens des unfriedlichen Status verurteilen – auf beiden Seiten. Sie zeigt den Mauerbau als weiteres Kapitel der zunehmenden Enteignung und Entrechtung des palästinensischen Volkes und sie verweist auf die Absurdität, dass die Israelis, die Jahrhunderte lang in Gettos leben mussten, sich nun wieder ein eigenes Getto erschaffen. Wie drückt es einer der Befragten im Film so treffend aus: „Wir lieben dieses Land so sehr, dass wir es einschließen.“ Für die Filmemacherin ist der Mauerbau auch ein Zeichen dafür, dass die Politiker nun endgültig verrückt geworden sind, weshalb sie folgerichtig auch einen Psychiater aufsucht.

Oftmals ist die Kamera nicht klar verortet, lässt die Filmemacherin den Zuschauer darüber im Unklaren, auf welcher Seite der Mauer er sich gerade befindet. Eine bewusste Entscheidung, denn die Unterschiede zwischen Juden und Arabern sind nirgendwo so fließend wie am Ort der gewaltsamen Trennung. Und wer wüsste das besser als Simone Bitton, die in beiden Kulturen zuhause ist. Insofern ist der Film mehr als nur ein persönlicher Akt des Widerstandes, er ist auch eine Erinnerung daran, dass das, was durch den Bau der Mauer verloren geht, ungleich mehr ist als das, was gewonnen wird.

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Es ist erst wenige Jahre her, dass eine Mauer verschwand, die ein Land teilte. Der Name des Landes war Deutschland. Und die Mauer – zumindest in ihrer physischen Gestalt – ist längst Geschichte und beinahe schon vergessen.

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