Machtlos

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Frontberichterstattung vom Krieg gegen den Terror

Nach einer langen Zeit des Zögerns ist der Krieg gegen den Terror und seine Auswirkungen nun endgültig in der US-Filmindustrie angekommen. Nach Robert Redfords Abrechnung Von Löwen und Lämmern / Lions for Lambs, Ein mutiger Weg / A Mighty Heart von Michael Winterbottom stehen mit Brian de Palmas Redacted und etlichen anderen Filmen die Zeichen deutlich auf Aufarbeitung der Ereignisse der letzten Jahre. Und nachdem sich die Stimmung innerhalb der amerikanischen Bevölkerung deutlich gedreht hat, werden auch die Filme zu diesem Thema immer kritischer und hinterfragen das Engagement und die Methoden der USA immer drängender. Allerdings, und das gibt einigen Strategen in den großen Hollywood-Studios dann doch zu denken, konnten sich diese Filme trotz zunehmender Star-Power in den USA an den Kinokassen noch nicht so richtig durchsetzen. Mit Machtlos / Rendition wagt der südafrikanische Regisseur Gavin Hood (Tsotsi) nun einen neuen Anlauf, und es ist deutlich zu spüren, dass hier auch ausprobiert werden soll, ob die kritische Botschaft sich nicht auch mit Zutaten aus dem Actionkino verbinden lässt. Dabei geht es um eine mittlerweile durchaus gängige Praxis der US-Geheimdienste – das Verfahren der so genannten „extraordinary rendition“, bei der Terrorverdächtige in Drittländer verschleppt werden, um sie dort in geheimen Gefängnissen zu verhören und zu foltern. Ein heißes Eisen also, das der Film anpackt.
Auf dem Heimweg von Südafrika nach Hause wird der aus Ägypten stammende Chemiker Anwar El-Ibrahimi (Omar Metwally) gekidnappt und in das Gefängnis eines afrikanischen Staates verschleppt. Von seinem Mobiltelefon, so das einzige Indiz für die illegale Aktion, soll ein Gespräch mit einem Terroristenführer stattgefunden haben, das zu einem Anschlag führte, bei dem ein CIA-Agent starb. Anwar landet in einem düsteren Gefängnis, wo er vom finsteren Leiter Abasi Fawal (Igal Naor) in Anwesenheit des CIA-Analytikers Douglas Freeman (Jake Gyllenhaal) verhört und brutal gefoltert wird. Als Anwars schwangere Frau Isabella El-Ibrahimi (Reese Witherspoon) vom spurlosen Verschwinden ihres Mannes erfährt, wendet sie sich an ihren ehemaligen Studienkollegen Alan Smith (Peter Sarsgaard), der für Senator Hawkins (Alan Arkin) arbeitet. Die Spur führt zu Corrine Whitman (Meryl Streep), der Chefin der CIA-Anti-Terror-Einheit. Doch das Unrecht scheint nicht zu stoppen zu sein, bis schließlich Hilfe von unerwarteter Seite kommt.

Ohne Frage ist Machtlos / Rendition ein ebenso spannender wie brisanter und hochaktueller Film, der zudem verschachtelt und in guten Momenten durchaus an Babel erinnernd von den globalen Auswirkungen des internationalen Kampfes gegen den Terrorismus erzählt. Weniger glaubwürdig hingegen sind die privaten Verstrickungen der Tochter des finsteren Folterers, die sich natürlich in einen jungen Islamisten verliebt und dadurch in Konflikt mit ihrem Vater gerät. Dies wirkt dann doch reichlich konstruiert und kalkuliert, was dem Film einiges von seiner Glaubwürdigkeit raubt, ebenso wie ein unbefriedigendes Ende, das viele Zuschauer mit der Erkenntnis zurücklassen wird, dass „gut gemeint“ und „gut gemacht“ eben doch nicht dasselbe ist. Letzten Endes bleibt Machtlos / Rendition ein nur ansatzweise gelungener Versuch, der auf halbem Wege zwischen politischem Engagement und einem Hollywood-Thriller auf der Stelle tritt.

Machtlos

Nach einer langen Zeit des Zögerns ist der Krieg gegen den Terror und seine Auswirkungen nun endgültig in der US-Filmindustrie angekommen.
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Meinungen

· 29.12.2007

Ich habe den Film gesehen und war fasziniert, denn genau so jedenfalls habe ich mir immer vorgestellt, dass eine solche illegale Entführung durch die CIA aussehen würde;und erschrak dennoch über das Ausmaß der Brutalität der Folter, der Demütigungen durch das ständige Schlagen im Zustande der völligen Nacktheit... grausam!
Die Geschichte ist spannend, der Plot glänzend erfunden: die Tochters des Folterchefs verliebt sich - natürlich heimlich - in den Bruder eines Islamisten, den ihr Vater zu Tode hat foltern lassen. Als der Bruder durch ein Selbstmordattentat seinen Bruder rächen will, versucht die Tochter des Folterers ihren Freund abzuhalten.. was aber nicht mehr möglich ist, denn er hat bereits die Auslösesprengkopf in seiner Hand. Wenn er loslässt, weil er nicht will, erschiessen ihn seine Entsender vom islamistischen Lager und beim Loslassen explodiert er.... als er es sich überlegen will, um seine Geliebte zu schützen, erschiessen ihn seine frommen Kumpane und beide kommen um!!! so nahe beieinander sind Macht und Tod, Herrschaft und Ohnmacht in Systemen, die keine externen Referenzen wie Justiz und Recht zulassen und die gerade deshalb bewusst gewählt werden. Es gibt keine Sicherheiten in einem solchen System, kein Leben ist vor Leid und Tod geschützt.
Hervorragende arabische Schauspieler, authentisch die Darstellungskraft, durch die Beibehaltung der arabischen Sprache (ägyptische Umgangssprache) und Bilder, die sich eingraben werden.

· 24.12.2007

"Reichlich konstruiert" sei, dass die Tochter des Folterers sich in einen Islamisten verliebt? Ihr Rezensent Joachim Kurz kennt das Leben nicht, er kennt nicht einmal die Gesetze des Theaters. Er will wohl lieber Fernsehen, dann lasst ihn doch bitte auch nur über Fernsehen schreiben. "Machtlos"/Rendition ist ein kraftvoller, mutiger, spannender Kino-Spitzenfilm, glänzend konstruiert, inszeniert, gespielt!