Ludwig II.

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Der "Kini" - erstaunlich modern

Geigen gegen Gewehre: Mit Orchestern wollte Bayernkönig Ludwig II. feindlichen Truppen entgegenziehen – eine utopische, trotz ihrer Überspitzung ernst gemeinte Idee. Wie kaum ein anderer Monarch hat der kunst- und friedensverliebte „Kini“ sein Volk verwirrt, zugleich aber auch begeistert. Sein Mythos überstrahlt schon lange das persönliche Schicksal eines Menschen, der vielleicht lieber Opernregisseur als Politiker geworden wäre. Mit ihrer 16 Millionen Euro schweren Neuverfilmung von Ludwigs Leben setzen Peter Sehr und Marie Noëlle ganz auf die historisch belegbaren Fakten. Sie zeichnen so das eindrucksvolle Bild eines nachvollziehbaren Scheiterns.
Wie sehr Ludwig (Sabin Tambrea) zur falschen Zeit am falschen Ort war, macht ein Blick auf die Zeittafel deutlich. 1864 stirbt Ludwigs Vater Maximilian II. überraschend nach kurzer Krankheit. Ludwig besteigt den Thron als unsicherer, politisch unerfahrener Jüngling von kaum 18 Jahren. So weltfremd in Sachen Politik, so selbstsicher ist der Opernliebhaber in künstlerischen Fragen. Enthusiastisch leitet er eine Art „Kulturrevolution“ ein. Als eine seiner ersten Amtshandlungen holt er den Komponisten Richard Wagner (Edgar Selge) nach München. Ludwig teilt Wagners Theorien über den Primat der Kunst über die Politik und über die musikalische Volkserziehung. Doch der naive König unterschätzt den Einfluss von Wagners Gegner, dem Ministerpräsidenten von der Pfordten (Peter Simonischek) sowie die weltpolitische Lage. Schon 1865, im zweiten Regierungsjahr, muss er Wagner auf Druck seiner Minister des Landes verweisen. Nur sechs Monate später ist er gezwungen, sein Volk gegen Preußen in den Krieg zu schicken – und wiederum seine Ideale zu verraten, mit nicht einmal 21 Jahren.

Die Regisseure Peter Sehr und Marie Noëlle legen den Schwerpunkt ihres Mammutprojekts auf Ludwigs frühe Regierungszeit und machen am Ende einen Sprung ins Todesjahr des gealterten, vereinsamten und immer wunderlicher gewordenen Monarchen (nun gespielt von Sebastian Schipper). Sie ästhetisieren nicht Ludwigs Einsamkeit, wie es etwa Luchino Visconti in seiner kunstvollen, aber mehr subjektiven Interpretation aus dem Jahr 1972 tat. Sie halten sich an das, was wissenschaftlich dokumentiert ist, etwa in Bezug auf Ludwigs homosexuelle Neigungen. Die Neuverfilmung geht davon aus, dass sich der König nach einem Kuss mit seinem Stallmeister Richard Hornig (Friedrich Mücke) jede weitere Berührung versagte. Und dass er Prinzessin Sophie (Paula Beer) nur deshalb nicht heiratete, weil er einsehen musste, dass seine Gefühle für sie über das Freundschaftliche nicht hinausgingen.

In seiner prächtigen Ausstattung pendelt Ludwig II. zwischen Drama und Historie, zwischen schwärmerischen Einblicken in Ludwigs Fantasiewelt und Szenen, die mehr der historischen Wahrheit geschuldet sind. Dabei gelingen wunderbar intensive Kabinettstücke, etwa wenn der junge Ludwig sich auf seine Thronrede vorbereitet, ganz für sich allein, und dabei alle Widersprüche seines Charakters in symbolstarken Gesten offenbart. Spätestens hier zeigt sich, welchen Glücksgriff die Regisseure taten, als sie ihren Ludwig mit dem Theaterschauspieler Sabin Tambrea in seiner ersten Kino-Hauptrolle besetzten.

Zwischendurch allerdings zeigt das deutsche Starensemble auch Schwächen, gerade in den Szenen mit Hofstaat und Regierung, wo auch die Nebenrollen mit bekannten Namen besetzt sind. Da wirkt es manchmal, als seien vielbeschäftigte Mimen wie Uwe Ochsenknecht oder Katharina Thalbach mal kurz an den Set eingeflogen worden, um ein paar uninspirierte Sätze loszuwerden und gleich wieder abzureisen.

Insgesamt aber war 40 Jahre nach Viscontis Bilderrausch die Zeit reif für einen weniger stilisierenden Blick auf den Märchenkönig. Dessen Schicksal erscheint dadurch erstaunlich modern und nachvollziehbar, auch wenn nicht alle Mythen entzaubert werden. Zu Recht hält sich Ludwig II. an den mehrfach zitierten Ausspruch des Schlösserkönigs: „Majestät soll ein ewig Rätsel bleiben“.

Ludwig II.

Geigen gegen Gewehre: Mit Orchestern wollte Bayernkönig Ludwig II feindlichen Truppen entgegenziehen – eine utopische, trotz ihrer Überspitzung ernst gemeinte Idee. Wie kaum ein anderer Monarch hat der kunst- und friedensverliebte „Kini“ sein Volk verwirrt, zugleich aber auch begeistert. Sein Mythos überstrahlt schon lange das persönliche Schicksal eines Menschen, der vielleicht lieber Opernregisseur als Politiker geworden wäre.
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Meinungen

Dirk · 18.02.2022

Furchtbarer,seelenloser Film mit schlechten Schauspielern!!

Baumgärtner · 03.02.2013

Ich bin sehr froh, dass ich mich trotz der zum Teil vernichtenden Kritik entschlossen habe, mir 'Ludwig' anzuschauen. Es war ein genussreicher Abend, ein hervorragender Hauptdarsteller, sehr gute Schauspieler, z.b. Wagner, Otto, der Ministerpräsident um nur einige zu nennen. Wunderschöne Aufnahmen, faszinierende Bergwelt und historische Schauplätze. Ein Meisterwerk!

Diana Müller · 08.01.2013

Wie auch schon einer meiner Vorredner, Herr Peter Schlegel, erwähnte, war der Filmsaal erdrückt von einer ungewöhnlichen Leere...und ich fühlte mich mit meinen 36 Lenzen wie ein Küken!
Das Interesse an Ludwig wird von meinen Altersgenossen wohl nicht so geteilt.
Dabei wissen wahrscheinlich die wenigsten, was er doch für eine exzentrische Persönlichkeit war!
Der Film zeigt sehr schön, wie Ludwig am äußeren Druck und an der ihm auferlegten "(Regierungs-)Bürde" zerbrach, wie er manchmal hin- und her gerissen lichte Momente zu haben schien, dann aber doch resigniert eine Mauer um sich baute und sich in seinen Märchenschlössern abschottete.
Für meinen Geschmack kamen die Bauwerke an sich, vor allem aber Schloss Linderhof, etwas zu kurz.
Es gibt so viele Details, die so charakteristisch für Ludwig´s "fantastischen" Geist waren und immer noch sind, wie z.B. das "Tischlein-deck-dich" oder aber die "Venusgrotte", die mich immer sehr faszinierten und "Unwissenden" den wirren (aber interessanten und ganz und gar nicht unklugen) Geisteszustand Ludwig´s hätten noch klarer verbildlichen können. Schließlich sind dies nicht von der Hand zu weisende und greifbare "Beweise".

Die schauspielerische Leistung des Hauptdarstellers ist meiner Meinung nach grandios und wieder stimme ich meinem Vorredner Herrn Schlegel zu, dass Uwe Ochsenknecht zu komisch rüberkommt, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass ich ihn in dem Film gerne sah!

Fazit:
Für Menschen, die fasziniert sind vom Mythos Ludwig II ist der Film ein absolutes Muss und jeder anderen Person, die nichts über ihn weiß, kann ich ihn nur ans Herz legen...
Alle anderen Desinteressierten sind leider sehr schwer zu diesem Kinogang zu bewegen, erinnert er sie beim (in deren Ohren) abgedroschenen Wort "Neuschwanstein" doch eher an den "Gang nach Canossa..." :-)
Diana Müller

Carmen Wendling · 07.01.2013

Ich fand den Film wirklich toll !! Der Hauptdarsteller ist gut in
seiner Rolle als Ludwig II . Mehr davon !

Maya Bussenius · 30.12.2012

im Zeitalter not-wendiger Wahrheit -
unbequem und schmerzhaft.
Womöglich sehr viel wahrer als vieles, was bísher zur Schau gestellt wurde.
Auch Monarche sind Menschen.
Eigentlich ist der Film ganz aktuell - die Kunst als natürlicher Ausdruck des Menschen steht immer noch hinter dem Kriegsgeschehen.
Ich finde, auch im Nachhinein können wir noch einiges von König Ludwig II. lernen.
Danke für seine mutige Vision!

Tanja Toliver · 30.12.2012

Ich bin absolut empört über die Altersfreigabe des Filmes!!! Ich habe ja gewusst, dass Ludwig ein "etwas anderes Leben" geführt hat und sehr speziell war. Nachdem die Altersfreigabe jedoch FSK 6 betrug, hab ich darauf vertraut, dass ich beruhigt mit meiner 10jährigen Tochter den Film ansehen kann.
Was für ein Trugschluss!!! Nach ca. einer halben Stunde habe ich mit ihr den Kinosaal verlassen müssen...
In der FSK-Altersfreigaben-Begründung heisst es: "Der sehr ruhig, langsam und stellenweise märchenhaft inszenierte Film enthält nur wenige, zurückhaltend dramatische Szenen. Diese bewegen sich stets in einem Rahmen, der für Kinder ab 6 Jahren keine Überforderung darstellt...." Ach wirklich??!!!?? Die Szene am Totesbett seines Vaters ist zurückhaltend dramatisch für ein 6jahriges Kind??
Weiter heisst es: "...für ab 6-Jährige ohne nachhaltige Belastung verkraftbar."
Die schlimmste Szene für meine Tochter (die auch mich sehr aufgewühlt hat) und völlig überraschend kam, war jedoch, als der tote Otto Ludwig in seinem Traum erschienen ist, was unheimlich beängstigend war und sehr wohl eine Belastung für ein 6jähriges Kind darstellt! Meines jedenfalls hatte den ganzen Abend deswegen noch Angst und dieses Bild wird ihr mit Sicherheit in Erinnerung bleiben!
Als dann nach der Schlacht mehrere Leichen in der Grube liegend zu sehen waren, war es dann endgültig an der Zeit, den Kinosaal zu verlassen.
Naja, mein Geld bin ich nun los... Das Kinopersonal schiebt schön die Verantwortung auf die FSK ab und die verdienen sich gutes Geld (rd. EUR 1.200,00 netto je Film) für was denn eigentlich???
Ich warte nun, bis der Film im Fernsehen läuft und schaue mir diesen dann ohne Kind an...

Peter Schlegel · 29.12.2012

Ludwig II. – Film von Peter Sehr und Marie Noele

Gestern Abend im Kinozentrum Bären konnte man sich fühlen, wie Ludwig einst in der sonst leeren Münchner Oper – einsam. Nur 10 Zuschauer an einem Freitagabend und das am 3. Tag nach dem Start des Filmes. Vorab: Das hat dieser Film nicht verdient!

Wie James Bond ist auch Ludwig II. eine dankbare Projektionsfigur für den jeweiligen Zeitgeist. Man denke an O. W. Fischer für die 50er oder Helmut Berger für die 70er Jahre. Das gilt auch für diese Verfilmung mit Hauptdarsteller Sabin Tambrea. Er hat mich beeindruckt. Er interpretiert die Figur verletzlich, in sich gekehrt, seine Macht gebrauchend und gleichzeitig verabscheuend, wie ein Vampir, der eigentlich kein Blutsauger sein will. Ein Mensch, der seine Ideale im Kampf mit einer harten Realität aufreibt und resigniert in eine phantastische (virtuelle) Wirklichkeit abtaucht.

Schade ist nur, dass einige weitere Rollen von bekannten Bavaria-Gesichtern gespielt werden. Sie spielen nicht schlecht oder übertrieben, sind aber einfach schon zu fixiert. Zum Beispiel wirkt Uwe Ochsenknecht als rauschebärtiger Prinzregent nun halt mal komisch und das hilft dem Film nicht.

Aus radikal subjektiver Innenperspektive entwickelt sich die Filmbiografie organisch. Übergänge, Brüche sind perfekt umgesetzt und exemplarisch auf den Punkt gebracht. Als Beispiel die Szene, die den Bruch mit seiner Verlobten erklärt. Auch dass der späte Ludwig II. neu besetzt wird, illustriert konsequent das Ende seines Kampfes. Übrig bleiben leere Hüllen – eine goldene Kutsche mit verspiegelten Gläsern – seelenlose Schlösser – ein ausdrucksloses maskenhaftes (neues) Gesicht.

Trotz seiner fast zweieinhalb Stunden ist der Film eine Einheit und keine Minute zu lang oder zu kurz. Man kann nur hoffen, dass er nicht zu einem TV-Zweiteiler zerstückelt wird.

Auf eine besondere Art ist der Film auch politisch. In einer Zeit, in der Produkte immer ähnlicher und die gesellschaftlichen Leitfiguren immer austauschbarer werden, thematisiert er auf subtile Weise das Element des Überraschenden in der Politik.

Leider nicht sehenswert! · 26.12.2012

Ich komme gerade aus dem Kino zurück und der Film blieb leider sehr deutlich hinter meinen Erwartungen!

Das schlechte Schauspiel dieser Produktion wird leider nur vom noch schlechteren Inhalt übertroffen.

Dieser Kinobesuch ist sein Geld nicht wert.