Lone Star

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Montag, 7. November 2011, ARTE, 20:15 Uhr

Als in der Wüstenregion von Texas nahe der mexikanischen Grenze die Knochen einer menschlichen Leiche gefunden werden, bedeutet das für einige Bewohner des Städtchens Frontera, sich an die unangenehmen Geschichten einer lange zurückliegenden Vergangenheit erinnern zu müssen. Denn das Skelett lässt sich als Überrest des einstigen Sheriffs Charlie Wade (Kris Kristofferson) identifizieren, der als korrupter und brutaler Kerl bekannt war und vor vierzig Jahren auf mysteriöse Weise verschwand. Nun ist es am amtierenden Sheriff Sam Deeds (Chris Cooper), diesen offensichtlichen Mordfall aufzuklären, was für den aufrechten Charakter zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte wird. Denn Sams Vater Buddy (Matthew McConaughey) arbeitete damals als Hilfssheriff mit Charlie Wade zusammen, geriet in Streitigkeiten mit ihm und rückte nach dessen Verschwinden zum allseits respektierten und angesehenen Sheriff auf. Doch auch der Bürgermeister Hollis Poque (Clifton James), die Restaurantinhaberin Mercedes Cruz (Míriam Colón), deren Tochter Pilar (Elizabeth Peña) so etwas wie Sams Jugendliebe darstellt, der Nachtclubbesitzer Otis Payne (Ron Canada) sowie einige andere gestandene Gestalten aus Frontera sind anscheinend mehr in die einstigen Geschehnisse verstrickt, als Sam anfangs ahnt …
Es ist die auf mehreren Zeitebenen gelungen verschachtelte Dramaturgie, die differenzierte Gestaltung der Figuren und ihrer Beziehungen untereinander sowie die dichte, packende Stimmung voller Geheimnisse und Verstrickungen, die Lone Star zu einem intensiven modernen Western mit Krimi-Atmosphäre geraten lässt, der vom Anfang bis zum Ende durch seine vielschichtige, letztlich ansprechend sozialkritische Geschichte überzeugt. Der unabhängige US-amerikanische Filmemacher John Sayles, dessen Drehbuch unter anderem für einen Oscar nominiert war, kombiniert hier substanzielle Spannung mit alarmierender Hintergründigkeit, die während des Films immer wieder aufflackert und berührt. Bald geht es nicht mehr nur um Recht und Unrecht, sondern zuvorderst um die Motivationen der komplex angelegten Protagonisten, die damit konfrontiert werden, was sie einst waren und was aus ihnen geworden ist. Lone Star verzichtet auch als dialogisch starker Film wohlweislich darauf, spektakuläre Einsichten oder Weisheiten aufwallen zu lassen, sondern gönnt seinen Figuren ihre unharmonisch ambivalenten Facetten. Das ist ganz wunderbares Kino, das packt und schüttelt.

Lone Star

Als in der Wüstenregion von Texas nahe der mexikanischen Grenze die Knochen einer menschlichen Leiche gefunden werden, bedeutet das für einige Bewohner des Städtchens Frontera, sich an die unangenehmen Geschichten einer lange zurückliegenden Vergangenheit erinnern zu müssen.
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