London Has Fallen (2016)

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Barbarische Messerdrehungen

Als besonders wählerischer Regisseur ist Antoine Fuqua bisher eigentlich nicht aufgefallen. Zwar brachte sein Training Day Denzel Washington den Hauptrollen-Oscar, doch auf sein Konto gehen auch platt-patriotische Ballerspektakel wie Tränen der Sonne und Olympus Has Fallen – Die Welt in Gefahr. Dass er London Has Fallen, die Actionthriller-Fortsetzung des letzteren, nicht drehen wollte, ließ darum umso mehr aufmerken. Er hat damit vermieden, an einem gewaltpornographisch-rassistischen Machwerk beteiligt zu sein. Die britische Metropole wird zum Schauplatz eines gigantischen Terrorangriffs, und als einzig erfolgversprechende Gegenwehr erscheint die aus Hass gespeiste, möglichst qualvolle Ausmerzung der Gegner. Dass der reaktionäre Furor Inszenierungslöcher stopfen soll, macht ihn kein bisschen entschuldbar.

Der britische Premierminister stirbt überraschend an einer Herzattacke. Die Staatsoberhäupter der freien Welt – Russlands starker Mann ist nicht eingeladen – sollen in London trauern dürfen, natürlich unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. US-Präsident Benjamin Asher (Aaron Eckhart) nimmt unter dem Schutz seines erprobten Leibwächters Mike Banning (Gerald Butler) teil.

Noch bevor sich der Trauerzug richtig in Bewegung setzt, fliegt der Nachfolger des Premiers in die Luft, schießen Terroristen in Uniformen der königlichen Garde die deutsche Bundeskanzlerin Agnes Bruckner (Nancy Baldwin) in den Rücken, explodiert der japanische Ministerpräsident mitsamt einer Brücke, erleidet sein französischer Kollege das gleiche Schicksal auf seinem Boot und kippt der italienische Staatsmann im Beisein seiner jungen Geliebten mit dem gesprengten Turm von Westminster Abbey um.

Viel passieren lassen kann jeder, die Ereignisse verketten aber nicht. Eine geschätzte erzählte Zeit von zwanzig Minuten schaut die Führungsmannschaft der Einsatzzentrale der Polizei auf ihre Bildschirme, ehe sie der Schrecken ergreift. Obwohl die Houses of Parliament in Rauch untergehen, fahren die U-Bahnen weiter, und acht Millionen Kernbewohner warten brav zuhause ab, wie sich die Dinge entwickeln, weil es ihnen so gesagt wird. Der Film spielt in der bevölkerungsreichsten Stadt der Europäischen Union, aber die Stadt spielt nicht mit.

Das so künstlich frei gehaltene Schussfeld füllt Gerald Butler als Mike Banning mit grimmiger Miene und barbarischer Grausamkeit. Es genügt nicht, den Gegner bloß zu erschießen, es muss aus nächster Nähe sein. Oder Banning hält den Kopf eines Motorrad-Angreifers im Autofenster fest, damit ein Brückenpfeiler den Leib abtrennt. Es genügt auch nicht, mit dem Messer rasend auf den Körper des Feindes einzustechen, wie um sich an dem dabei entstehenden Geräusch zu berauschen. Nein, Banning dreht sein Messer wieder und wieder in der Wunde eines Sterbenden und überträgt die Laute per Mobilfunk an den arabischen Terrorpaten, in seinem zynischen Kommentar ein Four-Letter-Word vor „-Istan“ setzend. London Has Fallen ist schlecht gemacht und ekelhaft.
 

London Has Fallen (2016)

Als besonders wählerischer Regisseur ist Antoine Fuqua bisher eigentlich nicht aufgefallen. Zwar brachte sein „Training Day“ Denzel Washington den Hauptrollen-Oscar, doch auf sein Konto gehen auch platt-patriotische Ballerspektakel wie „Tränen der Sonne“ und „Olympus Has Fallen – Die Welt in Gefahr“. Dass er „London Has Fallen“, die Actionthriller-Fortsetzung des letzteren, nicht drehen wollte, ließ darum umso mehr aufmerken.

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Meinungen

Martin Zopick · 08.10.2022

Hintergrund ist die Ankunft vieler Staatsoberhäupter zur Beerdigung des britischen Premiers. Alle wurden eingeladen außer Russland (sic!). Das nutzen Terroristen unter Barkawi (Alon Abutbul) zu einem Großangriff auf den amerikanischen Präsidenten Asher (Aaron Eckhart). Dabei wird ein Großteil Londons in Schutt und Asche gelegt. Sogar weltberühmte Landmarks fallen der Zerstörung dank digitaler Animation zum Opfer. Ziel des Angriffs ist u.a. die Hinrichtung des amerikanischen Präsidenten vor laufender Kamera. Bodyguard Banning (Gerard Butler) versucht das zu verhindern in seiner reifsten Rolle.
Regisseur Najafi hat den Film mit Hochspannung beginnen lassen und sich im Verlauf noch spannungsmäßig gesteigert, weil menschliche Komponenten hinzukommen.
Banning wird Vater und führt mit Ehefrau Leah (Radha Mitchell) eine glückliche Ehe.
Steigerung der Spannung gelingt durch variable Einsätze der Waffen: das reicht von Bomben über die Eliminierung von Verfolgern auf Motorrädern und individuellen Duellen bis hin zu Helicopterabstürzen und einem Blackout. Die Kampfsituationen wechseln so schnell und sind dabei so unterschiedlich, dass man das Luftholen vergisst.
Präsident und Bodyguard fliehen auch zu fuß. Es bleibt sogar noch Zeit für Witze: Banning zum Präsidenten, als er ihm seine Waffe gibt
‘Schießen sie auf alles, bis ich wieder da bin.‘
Präsident ‘Und wenn sie nicht zurückkommen?‘
Banning ‘Dann sind sie am Arsch!‘ Gelächter und schon überschlägt sich ihre Limousine.
Ein Verräter wird entlarvt. Kameramann Ed Wild fokussiert sich bevor das Bild zumacht, auf eine mit Blut bespritzte, weiße Rose am Straßenrand.
Und Morgan Freeman schwebt wie ein Fels in der Brandung als Vizepräsident über den diplomatischen Wassern.

Freddy Tomsen · 04.03.2020

Ich kann die Beurteilung voll und ganz nachvollziehen. Ich würde jedoch noch ergänzen: in die ekelhafte Action wurden noch klischeehafte Patriotismus Szenen eingebaut, inkl. eines sich zum Kampfsoldaten entwickelten Präsidenten. Einfach nur US-Propaganda.

Ich · 14.03.2016

Film war gut, nur die effekte waren dieses mal nicht so gut. 4 von 5 sternen

Kai von dein-wochenen.de · 10.03.2016

Hallo Andreas,

ich habe den Film auch bereits gesehen und kann mich deiner Rezension nur bedingt anschließen.
Zunächst einmal ist der Film - zumindest ist dies mein Kenntnisstand - FSK 16 eingestuft worden. Das passt auch deutlich eher zum Inhalt.

Und sicherlich hast du vollkommen Recht, dass der Film eher eine Kopie vom ersten Teil ist, mit verlagertem Schauplatz.

Allerdings kann ich nicht verstehen, mit welchem Anspruch du an den Film gehst. Dass hier Gewalt und stumpfe Action im Mittelpunkt stehen, ist bereits nach "Olympus has fallen" zu erwarten gewesen.
Wer den Anspruch an einen Film mit tiefgründiger Handlung, Realitätsnähe oder einer Moral abseits von "am Ende gewinnen die Guten" hat, wird von dem Film natürlich enttäuscht sein. Es ist eben ein Film getreu dem Motto "erst schießen, dann fragen".

Mir persönlich hat der Film - sicherlich auch, weil ich dieses Genre schlichtweg gern schaue - gut gefallen. Das klingt dann so: www.wp.me/p7fcMs-2w
Ich kann deine Sichtweise aber selbstverständlich genauso nachvollziehen, finde es daher einfach schade, dass deine Rezension so negativ ausfällt.