Lola liebt´s schwarzweiß

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Das Spielfilmdebüt von Mathieu Kassovitz

Da sind zwei extrem unterschiedliche junge Männer gleichzeitig auf dem Weg zur selben Frau: Der Rapper und Fahrradkurier Félix (Mathieu Kassovitz), der mit seiner jüdischen Familie in engem Chaos zusammenlebt, jagt auf zwei Rädern in wilder Fahrt durch die Stadt. Der schwarze Jurastudent und Diplomatensohn Jamal (Hubert Koundé) hingegen, der ein luxuriöses Leben jenseits materieller Zwänge führt, ist komfortabel mit schickem Anzug im Taxi unterwegs. An der Haustür der hübschen farbigen Lola (Julie Mauduech) treffen die beiden aufeinander und stellen nach der Fahrt mit dem sperrigen Fahrrad im Aufzug leicht befremdlich fest, dass sie beide dasselbe Ziel haben. Ohne große Umstände eröffnet ihnen Lola, dass sie schwanger sei und beide Männer als Vater in Frage kämen. Mit diesem starken Auftakt, dessen Dynamik sich im Verlauf der Geschichte noch in einigen Turbulenzen steigern wird, beginnt das Spielfilmdebüt des französischen Schauspielers und Filmemachers Mathieu Kassovitz aus dem Jahre 1993, das locker-flockig mit den rassistischen und kulturellen Vorurteilen am Ausgang des vergangenen Jahrhunderts jongliert.
Die Schwangerschaft der prätentiösen Lola, die im Gegensatz zu ihren beiden Geliebten so gar kein Problem damit hat, dass Félix und Jamal bisher nichts vom jeweils Anderen wussten, verläuft nun ganz im Zeichen einer zunächst von Zwistigkeiten geprägten Dreiecksbeziehung, die sich allmählich entwickelt. Während für die werdende Mutter ganz klar ist, dass sie im Grunde auf keinen der beiden potenziellen Väter verzichten will, benötigen die Männer deutlich mehr Zeit und Kraft, sich an die Anwesenheit des Konkurrenten zu gewöhnen. Nach einigen Kämpfen miteinander sowie ihrem aus der Balance geratenen Selbstbild sind dann jedoch auch Jamal und Félix bereit, gemeinsam alles daran zu setzen, dass es Lola und dem Kind in ihrem stetig anwachsenden Leib an nichts fehlt. Schließlich einigen sich die Drei darauf, erst einmal alle zusammenzuleben, und nach anfänglichen Reibereien entsteht eine gute Gemeinschaft, auch wenn inzwischen Félix als der Favorit im Hinblick auf die Vaterschaft gilt …

Jenseits jeglicher Moralisierung erzählt der mittlerweile mehrfach ausgezeichnete Darsteller und Filmschaffende Mathieu Kassovitz, der auch das Drehbuch zu seinem ersten Spielfilm Lola liebt’s schwarzweiß verfasst hat, die unkonventionelle Geschichte dreier junger Menschen, die auf Grund der Ankunft eines Kindes vor dem Hintergrund der eigenen sozial-familiären Konstellationen ganz rührend und oftmals mit dem Anflug von durchaus komischen Verzweiflungen bemüht sind, ihren ganz eigenen Weg innerhalb der nicht selten skurril erscheinenden Lebensumstände zu finden. Dabei gelingt eine ebenso humorige wie letztlich tiefsinnige Karikierung von religiös-kulturellen und ethnischen Aspekten zur Zeit der frühen 1990er Jahre, als die Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein, in noch viel höherem Maße auf gesellschaftlich weithin akzeptierte Diskriminierungen prallte und entsprechende Begriffe wie „Mulatte“ oder „Neger“ selbst noch in Schulbüchern festgeschrieben waren. Die Selbstverständlichkeit und die freche Manier, mit welcher Mathieu Kassovitz die nahe liegenden Fallstricke dieser Klischees und Vorurteile perturbiert, bereitet ein zunächst spontanes und sich später durchaus zur Nachdenklichkeit wandelndes Vergnügen, das in seinem offenen Finale die Frage nach schwarz oder weiß zur Belanglosigkeit verurteilt.

Lola liebt´s schwarzweiß

Da sind zwei extrem unterschiedliche junge Männer gleichzeitig auf dem Weg zur selben Frau: Der Rapper und Fahrradkurier Félix (Mathieu Kassovitz), der mit seiner jüdischen Familie in engem Chaos zusammenlebt, jagt auf zwei Rädern in wilder Fahrt durch die Stadt.
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