Log Line

Mit der Serie „This is us“ rührt Dan Fogelman regelmäßig ein Millionenpublikum zu Tränen. Gelingt ihm das auch mit seinem Film „So ist das Leben“?

So ist das Leben (2018)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Dan Fogelmans Film „So ist das Leben“ möchte vieles sein: klug, bewegend und weise zum Beispiel. Doch er nichts davon. Das zeigt sich schon in den ersten Minuten, die vor gewollter, unbedingter Cleverness nur so strotzen: Eine Erzählstimme aus dem Off erklingt, gesprochen von Samuel L. Jackson. Es folgt eine Großaufnahme des Gesichts eines Mannes: ein hübscher, homosexueller Mann – informiert die Stimme –, der nun von einer Trennung spricht. Aber haha, es geht gar nicht um eine Trennung, es geht um Fantasy Football. 

Also, wirft die penetrante Stimme aus dem Off ein, ist das wohl gar nicht unser Held. Nein, stattdessen wird die Frau (Annette Bening) von der Kamera ins Bild geholt, die mit ihm im Zimmer saß. Ist sie womöglich die Heldin dieser Geschichte? Einige Szenen weniger ist klar, nein, haha, sie ist es auch nicht. Also folgt die dritte Figur, gespielt von Oscar Isaac. Er wird es wohl sein und tatsächlich ist er es auch für zumindest einige Zeit in diesem Film. Und die Frau von vorher, die ist seine Therapeutin. Mit ihr muss Will sprechen, weil seine Frau Abby (Olivia Wilde) ihn „verlassen“ hat. Diese Anführungszeichen sind im Film natürlich nicht zu sehen, aber so überdeutlich zu hören, dass das, was Regisseur und Drehbuchautor Dan Fogelman wohl als große Tragödie intendiert hat, sich leider von Anfang an so überdeutlich angekündigt hat, dass dieser Schockmoment ausbleibt. 

Dennoch ist dieser erste Teil noch der bessere in einem Film, der aus einer einzigen Reihe von Tragödien und Off-Kommentaren besteht. Nach ihr wechselt der Handlungsort, es geht nach Spanien – und es folgt eine Geschichte, die sich im Wesentlich damit zusammenfassen lässt, dass Antonio Banderas traurig in die Kamera guckt, bevor eine weitere Geschichte erzählt wird und wieder jemand traurig in die Kamera guckt. Ohnehin wird hier viel erzählt – vor allem mit Worten –, wird viel in die Kamera geschaut und werden Tragödien vor allem dem Schicksal zugeschrieben. Als sei es keine Entscheidung, seine Frau und seinen Sohn aus verletztem Stolz im Stich zu lassen. Das ist in diesem Film eine nahezu heroische Geste.

Dan Fogelman steckt hinter der Fernsehserie This is us, die recht gut traurige und schöne Momente verbindet, gelegentlich kitschig ist, aber auch berührende Momente hat. Das Leben an sich ist hingegen hohl und leer. Keine der Figuren erscheint jemals mehr zu sein als etwas Erdachtes – und als sei es Fogelman beim Schreiben selbst aufgefallen, fügt er dem ganzen einen literaturtheoretisch-philosophischen Überbau hinzu, der leider viel zu instabil ist, um auch nur eine Sekunde des Films zu tragen: es geht um die Rolle des unzuverlässigen Erzählers. Und – man ahnt es – die windbeutelgroße These, dass das Leben an sich der unzuverlässigste aller Erzähler sei. Jaha! 

Doch hier gibt es keine unzuverlässigen Erzähler, hier gibt es nur eine Reihe von Ideen, die nicht zueinander passen – und das ist schlichtweg schlechtes Schreiben. Dazu gehören auch Figuren, bei denen es sogar guten SchauspielerInnen wie Annette Bening, Oscar Isaac oder Mandy Patinkin nur mit Mühen gelingt, Interesse für sie zu wecken. Aber sie müssen auch Sätze sagen, die allenfalls als Lebensweisheiten auf sehr schlechten Grußkarten herhalten können – und sie werden auch genauso gesagt, fertig zum Druck und mit der Tiefe einer sehr, sehr kleinen Pfütze. 

Es ist überhaupt nichts dagegen zu sagen, dass Dan Fogelman einen sentimentalen Film drehen wollte, ganz im Gegenteil, gute sentimentale Filme sind im Gegenwartskino eine Seltenheit. Seine Fernsehserie This is us lebt von dem Schock, den der Tod eines Familienvaters für die Hinterbliebenen bedeutet, die Serie erzählt davon, wie dieser Verlust die Leben seiner Ehefrau, seines besten Freundes und seiner drei Kinder für immer beeinflusst. Doch das potenzierte Sterben von Eltern macht einen Film nicht trauriger. Nein, hier ist der Tod allenfalls ein billiger Trick.

So ist das Leben (2018)

„Life Itself“ erzählt von einem Paar (Oscar Isaac and Olivia Wilde), dessen Liebe sowohl Jahrzehnte als auch Kontinente umspannt, von den Straßen New York bis ins ländliche Spanien — und all das ist miteinander verknüpft durch ein einziges Ereignis, das den roten Faden dieser Beziehung über mehrere Generationen hinweg bildet. 

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Gabi · 07.08.2022

Mein Mann und ich haben den Film gestern gesehen und sind froh!!!!! diese Kritik
nicht vorher gelesen zu haben.....
Die Leistung der Schauspieler war klasse und die Erzählform hat uns auch
gut gefallen....fanden sie nicht nervig.

Wir haben eine völlig andere Meinung über diesen Film aber Kritik an einem Buch, Film oder
ähnlichem ist immer subjektiv

Thomas · 20.04.2022

Da hatte die Filmkritikerin wohl einfach keine Lust. In anderen Rezensionen setzt sie sich durchaus substantiiert und fair mit dem Werk auseinander, siehe z.B. „Gone Girl“.
Die „Tiefe einer sehr, sehr kleinen Pfütze“ — eine böse, aber passende Metapher für das Niveau dieser Kritik.

A · 20.03.2022

Das war die schlechteste Filmkritik die ich je gelesen habe.

B · 30.03.2022

Danke - das sehe ich genau so!
Es gibt heutzutage leider immer seltener kluge sehenswerte Filme...ich finde es bedenklich, dass diese Wenigen -von vermeintlich objektiven Filmkritikern- zer-/verrissen werden!-(

S.O. · 05.04.2022

Dem kann ich nur zustimmen.
Bis zur Hälfte war ich etwas verunsichert wo die Reise hingeht,
aber das Ende finde ich sehr gelungen.
Die Aufteilung in Kapitel finde ich sehr gut und die ein oder andere Szene lässt mich an Tarantino erinnern,
von dem ja auch kurz die Rede ist.
Es könnte somit durchaus gewollt sein.