Liebe ist das perfekte Verbrechen (2013)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Von der Liebe (und anderen dunklen Trieben)

Liebe ist das perfekte Verbrechen von den Brüdern Arnaud und Jean-Marie Larrieu basiert auf dem Roman Die Rastlosen von Philippe Djian – und erzählt in erlesenen Bildern sowie mit pechschwarzem Humor die Geschichte eines Mannes, der die Kontrolle über sein Leben verliert. Der im winterlichen Lausanne angesiedelte Thriller ist rätselhaft und spannend, makaber und freizügig – kurz gesagt: très français!

Im Zentrum des Geschehens steht der fast 50-jährige Marc (Mathieu Amalric), der mit seiner Schwester Marianne (Karin Viard) in einem Chalet in den Bergen wohnt und an der Universität von Lausanne kreatives Schreiben lehrt. Als die Studentin Barbara spurlos verschwindet, scheint ihm sein Umfeld mit Misstrauen zu begegnen: Hat Marc – dessen Faible für junge Frauen allseits bekannt ist – womöglich etwas mit der Sache zu tun? Der Akademiker fühlt sich von seinem Vorgesetzten Richard (Denis Podalydès) bedrängt, von einem Polizisten (Damien Dorsaz) beobachtet – und wird zudem mit den Fragen von Anna (Maïwenn), der Stiefmutter der Vermissten, konfrontiert. Während sich zwischen Marc und Anna eine Liaison entwickelt, versucht die Studentin Annie (Sara Forestier), Marc mit allen Mitteln zu verführen.

Die Larrieu-Brüder präsentieren in ihrem neuen filmischen Gemeinschaftswerk verschiedene Formen der Verrücktheit, der Liebe und – vor allem – der berüchtigten Kombination aus Wahnsinn und Liebesleidenschaft: der Amour fou. Dabei beziehen sie sich unter anderem auf Luis Buñuels surrealistisches Meisterstück Das goldene Zeitalter. Für die Verkörperung der extremen Gefühlslagen und Geisteszustände konnten sie ein vorzügliches Ensemble gewinnen. Mathieu Amalric (der schon in mehreren Arbeiten der Larrieus zu sehen war) gibt den exzentrischen Kettenraucher Marc als zunehmend fiebrigen Anti-Helden: Weit davon entfernt, ein Sympathieträger zu sein, ist Marc dank Amalrics Spiel doch stets von einer seltsam einnehmenden Aura umgeben. Die Beziehungen, die der Literaturdozent zu den diversen Frauen um ihn herum hat, sind vielschichtig angelegt und werden durch die stimmige Chemie zwischen den Darstellern noch interessanter. Das Verhältnis, das zwischen Marc und der von Karin Viard äußerst zickig interpretierten Marianne herrscht, wird in seinen Abgründen angedeutet – traumatische Kindheitserlebnisse verbinden die beiden; Eifersucht, Abhängigkeit und schwer definierbares Verlangen prägen das geschwisterliche Miteinander. Während Marianne wie eine tragisch-bizarre Fassbinder-Figur anmutet, wirkt Anna – die neue Frau in Marcs Leben – eher wie eine Film-noir-typische Femme fatale, deren Motivation zunächst völlig unklar bleibt. Maïwenn verleiht dieser enigmatischen Gestalt eine sehr eigenwillige Eleganz. Dahingegen ist Annie, die dritte zentrale weibliche Rolle, leider recht unterkomplex gezeichnet; die wunderbare Sara Forestier spielt die zudringliche Studentin allerdings mit solcher Lust an der Zuspitzung, dass es (für den Zuschauer) durchaus ein Vergnügen ist.

Auf inszenatorischer Ebene sind insbesondere die atmosphärischen Kontraste der Schauplätze reizvoll – etwa zwischen dem alten, verschneiten Alpen-Landhaus aus Holz, das Marc und Marianne bewohnen, und dem hochmodernen Glasgebäude der Universität im Tal. Liebe ist das perfekte Verbrechen ist mit großem Bewusstsein für Stil und Stimmung gemacht – und obendrein sowohl intelligent als auch richtig schön böse.
 

Liebe ist das perfekte Verbrechen (2013)

„Liebe ist das perfekte Verbrechen“ von den Brüdern Arnaud und Jean-Marie Larrieu basiert auf dem Roman „Die Rastlosen“ von Philippe Djian – und erzählt in erlesenen Bildern sowie mit pechschwarzem Humor die Geschichte eines Mannes, der die Kontrolle über sein Leben verliert. Der im winterlichen Lausanne angesiedelte Thriller ist rätselhaft und spannend, makaber und freizügig – kurz gesagt: très français!

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