Leben und Sterben des Colonel Blimp

Eine Filmkritik von Martin Beck

Fair Play, Ethos und Anstand

Leben und Sterben des Colonel Blimp steht regelmäßig ganz oben, wenn es um die besten britischen Filme aller Zeiten geht, erntet immer wieder Vergleiche zu Citizen Kane und wurde geschrieben und inszeniert von Michael Powell und Emeric Pressburger, auf deren Konto zum Beispiel auch auch Die roten Schuhe oder Schwarze Narzisse gehen.
Dass Leben und Sterben des Colonel Blimp trotzdem relativ unbekannt ist, zumindest in unseren Breiten, liegt wohl an der zutiefst britischen Gesinnung des Films, die von einem honoren Werte- und Kultursystem ausgeht und dieses dann mit vor allem durch die beiden Weltkriege bedingten gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert.

Eigentlich war der titelgebende Colonel Blimp eine satirische Comicfigur, die einen übergewichtigen, konservativen Offizier verkörperte und darüber die snobistische Upperclass karikierte. Bei Powell und Pressburger nun wird Blimp, alias Clive Wynne-Candy (Roger Livesey), zu einem Gentleman alter Schule, der durchaus auch humorvolle Ansätze kennt, doch vor allem durch Weisheit, Intelligenz und warme Menschlichkeit besticht.

Leben und Sterben des Colonel Blimp erzählt seine Lebensgeschichte, die am Ende, in einem türkischen Bad beginnt und dann zur Zeit des Zweiten Burenkrieges zurückspringt, als Candy ein Duell mit einem deutschen Offizier, Theo (Anton Walbrook), ausfechten muss. Schwerverletzt landen beide im Krankenhaus, wo zwischen ihnen eine Freundschaft wächst, die selbst den Ersten und Zweiten Weltkrieg übersteht.

Es ist diese große, wechselvolle Freundschaft, die dem Film seine Struktur verleiht, genauso wie auch die drei Frauen in Candys Leben, die allesamt von Deborah Kerr gespielt werden. Edith ist eine Englischlehrerin, die dann allerdings bei Theo bleibt, Barbara taucht 16 Jahre später auf und sieht seltsamerweise genauso aus wie Edith, und Angela ist Candys Fahrerin, eine entschlussfreudige Frau des Wortes und der Tat.

Wenn am Ende des Films Candy quasi vor der neuen Ordnung kapituliert, die kein Verständnis mehr hat für Fair Play, Ethos und Anstand, dann liegt ein fast 3-stündiger Technicolor-Weg hinter ihm, der zu den schönsten Filmen des Regieduos zählt. Leben und Sterben des Colonel Blimp wird getragen von epischer Größe, reichen Charakteren und einer profunden Sensibilität, die zugleich warm, weise und pragmatisch erscheint.

Das ist umso erstaunlicher, wenn man das Produktionsjahr des Films (=1943) bedenkt, in dem Churchill sogar ein Verbot aussprechen wollte. Candy ist geprägt von einem liberalen Geist, der es einfach nicht zulässt, dass Politik einen Krieg rechtfertigt, und ebenso die Gegner nicht als „den Feind“ ansieht. Solch subversive Unterfütterung passte natürlich nicht ins britische Kriegsbild, doch letztendlich gewannen Powell und Pressburger: mit einem guten, differenziert dargestellten Deutschen, mit einer faszinierenden Hauptfigur und ihrer wunderbar eleganten, einfallsreichen und spektakulär aufwändigen Inszenierung.

Leben und Sterben des Colonel Blimp ist ein Meilenstein der Filmgeschichte — und erhält eine adäquate Blu-Ray-Veröffentlichung, die mit perfektem Bild und Ton erfreut. Zugrunde liegt eine unter anderem von Martin Scorsese vorangetriebene Restaurierung, die ein prachtvolles Ergebnis lieferte und dazu noch etliche spannende und informative Extras mitbringt. Es war nie einfacher als jetzt, die Schönheit und Größe dieses Films in vollen Zügen zu genießen.

Leben und Sterben des Colonel Blimp

„Leben und Sterben des Colonel Blimp“ steht regelmäßig ganz oben, wenn es um die besten britischen Filme aller Zeiten geht, erntet immer wieder Vergleiche zu „Citizen Kane“ und wurde geschrieben und inszeniert von Michael Powell und Emeric Pressburger, auf deren Konto zum Beispiel auch auch „Die roten Schuhe“ oder „Schwarze Narzisse“ gehen.
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