Last Life in the Universe (Intro Edition Asien No.2)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Schöner sterben oder Sprachlos in Bangkok

Missglückte Selbstmordversuche, so tragisch sie aufgrund des Lebensunwillens der Betroffenen auch sein mögen, haben zumindest im Film auch stets etwas Komisches an sich – ganz gleich ob in Harold und Maude oder in Wilbur wants to kill himself. Das ist auch in Last Life in the Universe zunächst nicht anders – und entwickelt sich dann doch zu einer ganz anderen Geschichte, die in Form und Inhalt fasziniert und den Zuschauern buchstäblich in eine andere Welt hineinzieht.
Kenji (Tadanobu Asano) heißt der aus Japan stammende Bibliothekar, der am Anfang des Films von der Decke baumelt. In seiner pedantisch ordentlich eingerichteten Wohnung in Bangkok hat alles seinen Platz, die Bücher liegen fein säuberlich aufeinander gestapelt, die Hemden hängen in Reih und Glied wie an einem Lineal ausgerichtet. Und selbst Kenji ist noch im Tod ein perfekt gekleideter junger Mann mit akkurater Bügelfalte. Doch der imaginierte Tod stellt sich zunächst nur als Phantasma heraus. Denn der melancholische Bibliothekar wird unterbrochen durch seinen Sturm klingelnden ignoranten Bruder, den aus Japan geflohenen Yakuza Yukio (Yutaka Matsushige) und muss – vorerst zumindest – weiterleben.

Immer wieder wird Kenji in diesem Film den Tod suchen. Doch ob er es wirklich ernst meint oder lediglich ein krankhaft melancholischer und todessehnsüchtiger Mensch ist, wissen wir nicht. Wir ahnen nur, dass er so oder so eine verlorene Seele ist. Zumal er bei einem weiteren Selbstmordversuch indirekt den Tod der jungen Thailänderin Nid (Laila Boonyasak) verursacht. Gerade als er sich von einer Brücke hinabstürzen will, bleibt das Mädchen, dem er vorher bereits einmal begegnet ist, auf der Straße stehen – und wird überfahren. Das große Unglück birgt aber auch ein kleines Glück in sich – Kenji und Nids Schwester Noi (Sinitta Boonyasak) kommen sich näher – trotz der Sprachbarriere, die zwischen ihnen besteht. Zwar könnten die beiden unterschiedlicher kaum sein – was man allein schon an Nois dreckstarrender Wohnung sieht. Doch Gegensätze ziehen sich an – zumal beide einsam und traurig sind. Und in Kenjis Wohnung sind zwei Leichen, die den Bibliothekar veranlassen, bei Noi einzuziehen. Viel Zeit bleibt ihnen allerdings nicht…

In sorgsam von Wong Kar Wais Kameramann Christopher Doyle komponierten, Bildern, denen immer wieder jede Farbigkeit abhanden gekommen scheint, erzählt der junge thailändische Regisseur Pen-Ek Ratanaruang vom Leben und der Sehnsucht nach dem Tod, von Einsamkeit, den Schwierigkeiten des Kommunzierens und dem instinktiven Verständnis zweier verwandter Seelen, deren Wege sich für einen kurzen Moment kreuzen.

Immer wieder finden wichtige Ereignisse des Films außerhalb des sichtbaren Bildraums statt und reflektieren so die durch die Melancholie der Charaktere beschränkte Wahrnehmung. Der ruhige, fast somnambule Ton der Erzählung, die Schweigsamkeit Kenjis, die wundervoll zurückhaltende Musik – all das zusammen ergibt einen seltsam schwebenden und unglaublich schönen Film, der nachhaltig berührt. Ein stilles, aber umso beeindruckendes Werk, das süchtig macht und von Pen-Ek Ratanaruang wahrlich Großes für die Zukunft erwarten lässt. In der bislang sehr gelungenen Auswahl der „Intro Edition Asien“ ist Last Life in the Universe jedenfalls ein weiteres Highlight und zeigt, welches enorme cineastische Potenzial es in Asien zu entdecken gilt.

Last Life in the Universe (Intro Edition Asien No.2)

Missglückte Selbstmordversuche, so tragisch sie aufgrund des Lebensunwillens der Betroffenen auch sein mögen, haben zumindest im Film auch stets etwas Komisches an sich – ganz gleich ob in Harold und Maude oder in Wilbur wants to kill himself. Das ist auch in Last Life in the Universe zunächst nicht anders – und entwickelt sich dann doch zu einer ganz anderen Geschichte, die in Form und Inhalt fasziniert und den Zuschauern buchstäblich in eine andere Welt hineinzieht.
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