La Misma Luna

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Diesseits und jenseits des großen Zaunes

In Zeiten, in denen politische Grenzen zunehmend abgebaut werden, entstehen zugleich neue Hindernisse und Barrieren wirtschaftlicher Natur – Sperranlagen, die den ungebremsten Zufluss von Wirtschaftsflüchtlingen in die reichen Nationen der „ersten Welt“ verhindern sollen. Das extremste Beispiel hierfür ist wohl der mehr als 1000 Kilometer lange Zaun zwischen Mexiko und den USA. Trotz dieser Barriere gelingt Jahr für Jahr knapp einer Million Mexikaner der illegale Grenzübertritt in die USA, wo sie als billige Arbeitskräfte arbeiten, sofern sie nicht irgendwann aufgegriffen und wieder in ihre Heimat abgeschoben werden.
Eine dieser illegale Arbeitskräfte ist die Mexikanerin Rosario (Kate Del Castillo), die vor vier Jahren den Rio Grande überwand, um ihrem bei der Großmutter zurückgelassenen Sohn Carlito (Adrián Alonso) eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Sonntag für Sonntag telefonieren die beiden für eine Weile, die einzige Verbindung, die ihnen über die Jahre geblieben ist. Als Carlitos Großmutter stirbt, beschließt der Junge, sich auf den mühsamen und gefährlichen Weg in die USA zu machen, um endlich wieder mit seiner Mutter vereint zu sein. Und trotz der ganzen Schwierigkeiten, die ihm unterwegs begegnen und die das Schicksal vieler Emigranten widerspiegeln, verliert Carlito niemals seinen Mut und seinen Optimismus. Und genau das braucht er auch. Denn die Adresse, an die er seine Briefe geschrieben hat, entpuppt sich als Postfach, so dass er in der Metropole Los Angeles nach der Telefonzelle suchen muss, von der ihn seine Mutter immer anrief. Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, denn außer einer vagen Beschreibung der Umgebung hat Carlito keine weiteren Hinweise…

Märchenhaft und realistisch zugleich will Patricia Riggens Film La Misma Luna sein. Und stößt immer wieder an die Grenzen dieser Mixtur, die zuviel will. Und so weder dem einen noch dem anderen Anspruch gerecht wird. Mit beinahe lexikalischer Gründlichkeit werden all die Probleme benannt und aufgezeigt, mit denen sich illegale Einwanderer in den USA konfrontiert sehen: Dumpinglöhne, die Ausbetung von Kindern, die ständige Angst vor der Polizei, Drogen und die Auswüchse des Menschenhandels – all dies sind Komplexe, denen Carlito begegnet und vor denen er wie durch ein Wunder immer wieder verschont bleibt. Dazu bedarf es einiger vorhergesehener und manchmal beinahe magischer Wendungen, die der Glaubwürdigkeit dieser Geschichte nicht unbedingt gut tun.

Auch die Figurenzeichnung, die zumeist sehr schlicht und eindimensional gerät (entweder sind die Personen, denen Carlito auf seiner Odyssee begegnet, ausschließlich gut oder entsetzlich böse), erinnern eher an Soap Operas und Märchen und nehmen damit dem Film viel von seinem Anliegen, lassen ihn konstruiert erscheinen und trotz der zahlreichen Tränen, die im Verlauf der Handlung vergossen werden, wenig berührend. Als Märchen mit einem untadeligen Helden akzeptabel, scheitert La Misma Luna als ernsthafte Auseinandersetzung mit der Flüchtlingsproblematik auf ganzer Linie, so dass es vor allem Adrián Alonsos ausdrucksvolle Augen sind, die von diesem Film nachhaltig im Gedächtnis bleiben.

La Misma Luna

In Zeiten, in denen politische Grenzen zunehmend abgebaut werden, entstehen zugleich neue Hindernisse und Barrieren wirtschaftlicher Natur – Sperranlagen, die den ungebremsten Zufluss von Wirtschaftsflüchtlingen in die reichen Nationen der „ersten Welt“ verhindern sollen. Das extremste Beispiel hierfür ist wohl der mehr als 1000 Kilometer lange Zaun zwischen Mexiko und den USA.
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