L’Amico di Famiglia

Italiens zweiter Wettbewerbsbeitrag

Selten in den letzten Jahren war Italien als Filmnation so stark in einem Wettbewerb von Cannes vertreten wie in diesem Jahr. Neben Nanni Morettis Il Caimano / The Caiman ist es vor allem Paolo Sorrentinos Film L’Amico di Famiglia / The Family Friend, auf dem die Hoffnungen der italienischen Filmfans ruhen. Der Filmemacher, 1970 in Neapel geboren, hatte vor zwei Jahren mit seinem Film Le Conseguenze dell’Amore / The Consequences of Love, der ebenfalls im Wettbewerb zu sehen war, mit Aufsehen erregenden Bildern von sich reden gemacht, so dass die Erwartungen an das junge Talent enorm waren.

Der Geldverleiher Geremia de Geremei, bereits Anfang 70, ist ein richtiges Ekel: Nicht gerade gut aussehend, zynisch, von sich selbst eingenommen und enorm geizig. Schnell merkt man allerdings, dass die Kaltschnäuzigkeit n8ur eine antrainierte rolle ist, denn in Wirklichkeit ist er ein armes Schwein, das seiner bettlägrigen steinalten Mutter die Bettpfanne ausleeren muss. Das Ekel ist zudem, so scheint es, von vielem abhängig, von der lieben Mama ebenso wie überhaupt von den Frauen, denen er allesamt schwört, sie seien die letzten, derer er dereinst auf dem eigenen Totenbett gedenke. In Wahrheit aber sind sie es, die ihm auf der Nase herumtanzen und den alten Stenz gnadenlos vorführen. Immer an seiner Seite ist sein Geldeintreiber Gino, der als falscher Cowboy kostümiert, herumstolziert und kaum etwas auf die Reihe bekommt. Als Geremia schließlich die schöne Rosalba trifft, meint er mit ihr leichtes Spiel zu haben, da ihm ihr Vater eine Menge Geld schuldet. Doch die Dame spielt ihre eigenen Spielchen, und ehe sich Geremia versieht, hat sein Unglück längst begonnen…

Allem Anschein nach ist L’Amico di Famiglia ein Film, der die Zuschauer und Kritiker extrem polarisiert: Geradezu hymnisch wird Paolo Sorrentinos Wettbewerbsbeitrag auf ARTE besprochen, von „purem filmischem Genuss“ ist hier die Rede. Vor allem die außergewöhnliche Ästhetik des Films, raffinierte Kameraeinstellungen und eine stellenweise an Malerei erinnernde Kadrierung und Farbdramaturgie wird in den verschiedenen Pressestimmen immer wieder erwähnt, nicht immer allerdings fügen sich nach Auffassung der Rezensenten technischen Brillanz und die Narration zu einem gelungenen Ganzen zusammen So findet etwa die Süddeutsche Zeitung, dass der Film an und unter seiner Überstilisierung krankt und den Kritiker des Hollywood Reporter berühren die Figuren überhaupt nicht.

Sei es, wie es wolle, die Beschreibung von Sorrentinos außergewöhnlichem Sinn für Ästhetik machen neugierig auf diesen Film, der hoffentlich in Deutschland zu sehen sein wird.

L’Amico di Famiglia

Selten in den letzten Jahren war Italien als Filmnation so stark in einem Wettbewerb von Cannes vertreten wie in diesem Jahr. Neben Nanni Morettis Il Caimano ist auch Paolo Sorrentinos Film L’Amico di Famiglia zu sehen.

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