Knock Knock (2015)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Unfunny Games

In den vergangenen Jahren hat sich Keanu Reeves wiederholt über mangelnde Rollenangebote beklagt. Ob ihn die Not dazu getrieben hat, bei Eli Roth anzuheuern? Mit Knock Knock wollen sowohl der Matrix-Darsteller als auch sein Regisseur neue Wege einschlagen und fahren mit Karacho an die Wand.

Zwei unscheinbare Fremde klopfen hilfesuchend an die Tür. Hat der Hausbesitzer sie erst einmal zu sich hereingebeten, zeigen sie ihr wahres Gesicht. Was als harmlose Anfrage beginnt, entwickelt sich zu einem perfiden Spiel mit letalem Ziel. Wen diese Ausgangslage an Michael Hanekes Funny Games (1997) erinnert, der liegt nicht ganz falsch und doch weit daneben. Denn einerseits ist Eli Roths Knock Knock das Remake eines anderen Films, Peter Traynors Tödliche Spiele (1977), und andererseits könnte Roths Vorstellung von einem gelungenen Psychothriller nicht weiter von der Hanekes entfernt sein.

Der Hausbesitzer in Knock Knock heißt Evan Webber (Keanu Reeves). Sein eigenes Heim hat der Architekt wie seine Familie gestaltet: offen, großzügig und aufgeräumt. Lange, elegante Kamerafahrten fangen diese Idylle ein. Als Evan übers Wochenende allein zu Hause bleibt, zieht mit einem Unwetter auch die Unruhe ins Domizil. Vom strömenden Regen durchnässt stehen Genesis (Lorenza Izzo) und Bel (Ana de Armas) vor der Tür und verwirren den unbescholtenen Familienvater mit ihrer Freizügigkeit. Nach einer gemeinsamen Nacht wechselt Knock Knock schlagartig in einen anderen Modus. Nahm sich der Film bis dahin Zeit, kann ihm nun nichts schnell genug gehen. Die ohnehin schon dürftige Figurenzeichnung lässt er für billige Provokationen fahren. Aus den Verführerinnen werden kindische Furien. Knock Knock mutiert zum Funny Games auf Speed, ohne dessen Unbehagen aber nur annähernd zu verströmen.

Kultregisseur Eli Roth (Cabin Fever, Hostel) wollte seine Fans überraschen. Das ist ihm definitiv gelungen, macht sein jüngstes Werk aber noch lange nicht zu einem gelungenen Film. Geht es nach Roth, dann hat er Eine verhängnisvolle Affäre (1987) für das 21. Jahrhundert abgeliefert, einen feinen Thriller für die Generation Selfie quasi, der Roths sonst übliche brachiale körperliche Gewalt in eine psychische überführt, und mit klasse Sexszenen, unvorhergesehenen Wendungen und einem wandlungsfähigen Hauptdarsteller anreichert. Ein frommer Wunsch des Regisseurs, der dem Abgleich mit der Realität nicht annähernd standhält.

Sicher, Keanu Reeves gibt hier einmal nicht den seltsamen oder einsamen Außenseiter, ist nicht der coole Einzelkämpfer mit dem verträumten Blick, sondern ein liebender Familienvater. Und auf seine tapsige, etwas unbeholfen wirkende Art macht er das sogar ganz gut. Spätestens aber, wenn dieser Evan Webber schnaubend und spuckend seine ganze Wut hinaus brüllt, gibt sich Reeves‘ Spiel – wie das der anderen Darsteller – der Lächerlichkeit preis. Die Figuren sind hier ebenso tief wie Evans heimischer Flur. Der Sex in Knock Knock ist nicht sexy, sondern schäbig und klischiert. Die Wendungen und das Ende sind nicht überraschend, sondern recht vorhersehbar.

Wenn Eli Roth das alles nicht so furchtbar humorlos in Szene setzte, könnten die Zuschauer zumindest getrost lachen. Doch für ein trashiges B-Movie oder gar eine Gesellschaftssatire auf den lockeren Umgang mit Sex und Gewalt nimmt sich Knock Knock zu ernst, an die Ernsthaftigkeit eines Haneke-Films reicht er jedoch – auch wegen seiner fragwürdigen Moral – nicht annähernd heran. Statt mit Bauschmerzen wie Haneke entlässt Roth sein Publikum mit einem müden Lächeln. Keanu Reeves mag kaum noch Rollenangebote erhalten, etwas wählerischer darf er in Zukunft dennoch gerne sein.
 

Knock Knock (2015)

Häufig schickt US-Filmemacher Eli Roth seine Protagonisten auf Reisen, die schnell in blanken Horror münden. „Cabin Fever“, „Hostel“ und „The Green Inferno“ folgen eben diesem Muster, das stets mit deftigen Gewaltexzessen einhergeht. Der Psychothriller „Knock Knock“ – ein Quasi-Remake des 1970er-Jahre-Exploitationstreifens „Tödliche Spiele“ – weicht nun gleich in zweifacher Hinsicht von der üblichen Marschroute ab.

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