Klappe Cowboy!

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ist das Kunst? Oder Porno? Oder kann das weg?

Wenn man vom tiefsten Punkt Deutschlands kommt, kann es eigentlich nur bergauf gehen. Mit dem Leben und der künstlerischen Karriere sowieso. So zumindest denkt sich der Möchtegern-Filmemacher Cowboy (den gibt Timo Jacobs, einer der beiden Regisseure höchstselbst) und macht sich nach der handstreichartigen Entführung des lokalen Filmpreises mit dem BMX-Rad auf aus dem norddeutschen Marschland (wer mag, kann sich hier gerne das „M“ wegdenken) in die Hauptstadt aller Kreativen – sprich: nach Berlin. Dort führt er eine verkrachte Künstlerexistenz wie aus dem Lehrbuch des Kunst-/Filmprekariats, was sein anscheinend unermessliches Selbstbewusstsein aber keineswegs schrumpfen lässt. Weil der Anruf von Bernd (Eichinger) auf sich warten lässt und auch die anderen Filmproduzenten nicht so richtig anspringen auf Cowboys mit viel Verve, aber wenig Substanz vorgetragene Filmpläne, fasst er sich schließlich ein Herz und dreht den Film ohne jegliche finanzielle Unterstützung. Weil es aber doch jemanden braucht, der die Arbeit macht, engagiert Cowboy mit vagen Versprechungen den arbeits- und erfolglosen Schauspieler Kinski (Peter Koskowski) und den traurigen Vagabunden Molle (David Bredin) für sein Filmprojekt mit dem Titel Acht Fäuste für Berlin. Dann trifft er auf die Aktionskünstlerin Yps (Yps Van Tule), die ihn kurzerhand als Regisseur für einen Kunstporno engagiert. Klar, dass dieses Projekt angesichts des fortgeschrittenen Dilettantismus aller Beteiligten im absoluten Chaos endet – wobei sich die Frage stellt, ob das generelle Durcheinander der verkrachten Existenzen eigentlich noch zu toppen ist.
Es ist nicht allein die Tatsache, dass Timo Jacobs hier einen größenwahnsinnigen Regisseur spielt, die darauf hinweist, dass die Story von Klappe Cowboy! bei aller Absurdität verdammt viel mit der Realität des Filmemachens selbst in Berlin zu tun hat. Jedenfalls ertappt man sich ständig dabei, beinahe permanent mit dem Kopf zu nicken und bei sich zu denken, dass man es sich so schon immer vorgestellt hat. Insofern haftet dem Film einiges von einem sich selbst erfüllenden Klischee an, das sich vor lauter Ironie fast schon wieder ernst nimmt. Das dürfte vor allem für all diejenigen interessant sein, die Cowboy Kämpfe gegen die Windmühlen des Filmemachens am eigenen Leib erfahren haben, die all die Andeutungen und Phrasen, die hier zum Besten gegeben werden, aus eigener Anschauung kennen und bereit sind, über sich selbst zu lachen.

Fast scheint es so, als sei in der deutschen Hauptstadt neben der überwiegend bierernsten Berliner Schule ganz nebenbei und im Verborgenen in den letzten Jahren eine zweite Stilrichtung entstanden. Deren grimmig-infantiler Humor ist im Prinzip nichts anderes als die rotzfreche Antwort auf das kulturelle Establishment der durch staatliche Förderung grundversorgten deutschen Filmindustrie. Mit den Prinzipien des Punk begehren diese „Schmuddelkinder“ gegen all das Moralinsaure und Verklemmte im deutschen Kino und haben wegen der Verfehlung des Klassenziels in der Berliner Schule flugs ihre eigene, selbstverwaltete Lehranstalt gegründet, in der man die Filme nicht nur ohne jede Förderung realisiert, sondern (wie nicht nur in diesem Fall) auch noch selbst verleiht.

Wer die Vorbilder zu diesem Film (und anderen Werken der „Zweiten Berliner Schule“ wie Die Liebe und Viktor) sind, daran lassen die beiden Macher von Klappe Cowboy! keinen Zweifel und zeigen sie gleich mehrfach in ihrem Film – das Filmplakat zu Klaus Lemkes Kultstreifen Rocker ist ebenso zu sehen wie jenes zu Pete the Heat vom Hamburger Bruder im Geiste Henna Peschel. Wie jene balanciert auch Klappe Cowboy! unentwegt, aber nicht immer trittsicher, auf dem schmalen Grat zwischen genialer Satire, Größenwahn und Banalität und bietet in seinen guten Momenten eine überaus treffende Beschreibung der Berliner Kreativszene und möglicherweise auch der gesamtdeutschen Filmlandschaft. Dennoch bleibt die derzeit häufig gestellte Frage „Ist das Kunst oder kann das weg?“ am Ende unentschieden und liegt wohl wie so häufig in der Mitte.

Klappe Cowboy!

Wenn man vom tiefsten Punkt Deutschlands kommt, kann es eigentlich nur bergauf gehen. Mit dem Leben und der künstlerischen Karriere sowieso. So zumindest denkt sich der Möchtegern-Filmemacher Cowboy (den gibt Timo Jacobs, einer der beiden Regisseure höchstselbst) und macht sich nach der handstreichartigen Entführung des lokalen Filmpreises mit dem BMX-Rad auf aus dem norddeutschen Marschland (wer mag, kann sich hier gerne das „M“ wegdenken) in die Hauptstadt aller Kreativen – sprich: nach Berlin.
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Meinungen

maxim biller · 29.07.2018

Wer glaubt, dass das deutsche Kino so tot ist wie das deutsche Theater, sollte sich auf keinen Fall 'Klappe Cowboy!' ansehen. Dieser Film ist zu romantisch, komisch und ernst, um wahr zu sein. Danke, Timo Jacobs, und übrigens: wie ist eigentlich die Telefonnummer deiner Hauptdarstellerin?

Ellie Maradonna · 29.07.2018

Also jeder der Überraschungen mag und eine Echtheit von Schauspielern schätzt,
der wird den Film lieb haben. Voller Einfälle und einer Gesellschaftskritik die überspitzter kaum sein könnte,
hat mitten in mein Humorzentrum getroffen. Endlich mal, sowas erlebt man selten bei einem deutschem Film.

Elisa Danhaüser · 25.05.2017

Dieser Film hat mich verzaubert, er lässt so viel Raum für die Fantasie und hat dabei so einen charmanten Witz, also ich hatte die ganze Zeit ein Schmunzeln.

Peter Yixomo · 04.01.2014

Nach 30 Minuten mußte ich abschalten.
Kurzum:
- ein Film über Idioten
- ein Film mit Idioten
- gemacht von Idioten für Idioten