Killing Bono

Eine Filmkritik von Falk Straub

Another Time, Another Place

Mit reichlich Verspätung kommt Nick Hamms Killing Bono bei uns auf den Markt. Die Musikkomödie um zwei irische Brüder, die immer zur falschen Zeit am falschen Ort sind, hatte es 2011 nicht in die deutschen Kinos geschafft. Warum eigentlich?
Biopics – ganz gleich ob über Politiker, Künstler oder Musiker – kranken stets an der Diskrepanz zwischen Original und Abbild, vermag ein Schauspieler doch nie – egal wie wandlungsfähig er auch sein mag – die berühmte Person, der er auf der Leinwand (neues) Leben einhaucht, vollständig zu erfassen. Dieser Effekt verstärkt sich, je mehr die Person in der (medialen) Öffentlichkeit stand oder gar noch steht und je stärker sie somit im kulturellen Gedächtnis der Zuschauer verankert ist.

Einen netten Kniff, diesem Dilemma zu entkommen, wählte 2007 Todd Haynes, als in I’m Not There gleich sechs verschiedene Schauspieler Bob Dylan verkörperten. Regisseur Nick Hamm geht in Killing Bono einen anderen, aber nicht minder cleveren Weg: Er verschiebt den Fokus.

Hamms Musikkomödie ist kein Biopic im eigentlichen Sinne, eher eine an Memoiren angelehnte freie Interpretation. Wie der Titel vermuten lässt, geht es darin auch um U2 und ihren charismatischen Frontmann Bono, allerdings nur am Rande. Im Mittelpunkt stehen die irischen Brüder McCormick.

Für Neil (Ben Barnes) steht fest, dass er und sein jüngerer Bruder Ivan (Robert Sheehan) einmal die größten Rockstars Irlands werden. Dumm nur, dass ihre Band The Undertakers bereits in der Rangliste der Schulbands hinter The Hype nur die zweite Geige spielt. Aus The Hype um Frontmann Paul (Martin McCann) und Gitarrist Dave (Mark Griffin) wird U2. Dave nennt sich fortan The Edge, Paul Bono. Und statt den McCormicks erringen U2 internationalen Ruhm.

Killing Bono beruht auf Neil McCormicks gleichnamigem Buch mit dem schönen Untertitel I Was Bono’s Doppelgänger. Wie in Hamms Filmversion waren die Brüder McCormick tatsächlich auf der gleichen Schule wie U2, kannten und schätzten sich. Der Rest ist unterhaltsame Dramatisierung, in der sich die Weltkarriere der ehemaligen Klassenkameraden als roter Faden durch den Film zieht, immer wieder die Bemühungen der erfolglosen Brüder spiegelt. Mit der Geschichte der McCormicks, die in London unter ihrem neuen Namen Shook Up ihr Glück versuchen und stets vom gekränkten Stolz und den daraus resultierenden Fehlentscheidungen Neils ausgebremst werden, erzählt Hamm ganz nebenbei eine Musikgeschichte der 1980er und elf Jahre Bandgeschichte U2s (1976 bis 1987).

Ben Barnes und Robert Sheehan sind dabei die denkbar beste Besetzung. Die sympathischen Loser, die sich völlig naiv ins Musikgeschäft stürzen, mit den falschen Leuten einlassen und wirklich immer zur falschen Zeit am falschen Ort sind, nimmt ihnen der Zuschauer in jeder Sekunde ab. Einen letzten großen Auftritt hat Pete Postlethwaite, der – von seiner Krebserkrankung bereits sichtlich gezeichnet – den homosexuellen Vermieter der Brüder gibt. So ausgeflippt und feminin hat man den Engländer vorher noch nie gesehen.

Der wahre Star des Films ist jedoch die Musik. Die von Ciaran Gribbin eigens für den Film komponierten Songs, die von rotzigem Punk über Postpunk, New Wave und Avantgarde bis hin zu stadiontauglichen Poprock-Hymnen reichen, scheinen direkt den späten 1970ern und frühen 1980ern entsprungen. Bereits vor dem Dreh haben Barnes und Sheehan die Stücke eingesungen, was Killing Bono noch mehr Authentizität und jede Menge Hit-Potenzial verleiht.

Killing Bono

Mit reichlich Verspätung kommt Nick Hamms „Killing Bono“ bei uns auf den Markt. Die Musikkomödie um zwei irische Brüder, die immer zur falschen Zeit am falschen Ort sind, hatte es 2011 nicht in die deutschen Kinos geschafft. Warum eigentlich?
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