Kill the Messenger

Eine Filmkritik von Peter Osteried

So aktuell wie eh und je

Fast 20 Jahre ist es her, dass Gary Webb enthüllte, wie die CIA ihren illegalen Krieg in Nicaragua am Laufen hielt, indem man Kokain in die USA einführte und dort von nicaraguanischen Dealern in die Ghettos bringen ließ. Es war ein Skandal, der vor allem ein Opfer forderte: Gary Webb selbst.
Webb ist ein Journalist in Los Angeles, der im Grunde durch Zufall herausfindet, dass die CIA die Contras in Nicaragua auf eine Art und Weise finanziert, die nicht nur an der Illegalität kratzt, sondern tief darin verstrickt ist. Er fliegt nach Südamerika, er führt Interviews, er ist bereit, die Geschichte zu publizieren, als ihm Vertreter der Agency nahelegen, dies im Sinne der nationalen Sicherheit nicht zu tun. Gary lässt sich nicht einschüchtern, er setzt sich für die Wahrheit ein, doch damit wird er auch das Opfer einer Schmierenkampagne.

Der Titel des Films trifft den Nagel auf den Kopf. Der Überbringer schlechter Kunde wird getötet. Erst im übertragenen Sinn, später auch buchstäblich. Der Tod von Gary Webb wirft heute noch Fragen auf – ein „Selbstmord“ mit zwei Kugeln im Kopf ist nun mal verdächtig –, der Film funktioniert aber nicht nur, weil er auf packende Art und Weise zu erzählen weiß, wie der Skandal seinen Lauf genommen hat und unter welchen Beschuss Gary Webb selbst geriet, sondern weil er heute aktueller denn je ist.

Webbs Integrität wurde damals von renommierten Zeitungen angezweifelt. Man interessierte sich mehr dafür, das Leben dieses Mannes Stein für Stein umzudrehen, als seiner Geschichte nachzugehen. Kill the Messenger ist darum so aktuell. Man erinnere sich nur an den NSA-Skandal, der in den USA publizistisch so aufgearbeitet wurde, dass renommierte Blätter gegen den Enthüller Stellung bezogen, anstatt ihrer Aufgabe nachzukommen, als vierte Macht im Staate diesen auch zu überwachen. Knapp 20 Jahre liegen zwischen beiden Ereignissen, geändert hat sich nichts.

Darum ist Michael Cuestas neuestes Werk auch ein wichtiger Film, da er nicht nur ein Stück jüngerer Geschichte aufarbeitet und ein Bewusstsein dafür schafft, wie Geheimdienste (auch) agieren können, sondern weil er zum Nachdenken anregt. Er prangert die Medien an, die sich instrumentalisieren lassen, die auf die Sensation aus sind und die Wahrheit auch mal unter den Tisch fallen lassen – oder sie verbiegen, bis sie nicht mehr erkennbar ist. Wie bitter das ist, zeigt erst die Nachklappe, der erläuternde Text, der davon berichtet, dass 1998 ein 400 Seiten starker Bericht über die Machenschaften der CIA in Nicaragua veröffentlicht worden ist, die Zeitungen aber kaum darauf eingingen. Warum? Weil es weit interessanter war, dass Bill Clinton ein Techtelmechtel mit Monica Lewinsky hatte.

Kill the Messenger ist ein wichtiger, packender Film mit einem überragenden Jeremy Renner. So gut wie hier war er schon lange nicht mehr. Sein Porträt eines Mannes, dem die Wahrheit über alles geht – und der dafür auch alles zu opfern bereit ist, und dies auch tut! – ist vielschichtig, vor allem aber ehrlich. So ist Kill the Messenger nicht nur die Geschichte eines Skandals, sondern auch die Geschichte eines Mannes, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlt, aber ihretwegen zerbricht.

Kill the Messenger

Fast 20 Jahre ist es her, dass Gary Webb enthüllte, wie die CIA ihren illegalen Krieg in Nicaragua am Laufen hielt, indem man Kokain in die USA einführte und dort von nicaraguanischen Dealern in die Ghettos bringen ließ. Es war ein Skandal, der vor allem ein Opfer forderte: Gary Webb selbst.
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