Kidnap

Eine Filmkritik von Falk Straub

Wie ein wildes Tier

Manch einer behauptet, Mütter entwickelten übermenschliche Kräfte, wenn ihr Kind in Gefahr gerate. Karla Dyson (Halle Berry) ist solch eine Übermutter und erteilt den Entführern ihres Sohnes Frankie (Sage Correa) in Luis Prietos Thriller Kidnap eine tödliche Lektion.
Es ist bedauernswert, welchen Verlauf vielversprechende Karrieren nehmen können. Nach ihrem Oscargewinn für Monster’s Ball (2001), der erste für eine afroamerikanische Hauptdarstellerin überhaupt, ging es für Halle Berry nur kurz bergauf. An Pierce Brosnans Seite durfte sie in James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag (2002) nicht nur durch ihr Aussehen, sondern auch mit ihren Fähigkeiten glänzen. Doch bereits mit dem Flop Catwoman (2004), für den sie eine Goldene Himbeere erhielt, bekam die Laufbahn einen herben Dämpfer, von dem sie sich bis heute nicht erholt hat. Die (Haupt-)Rollen wurden weniger, die Filme schlechter, die in Deutschland oft direkt auf DVD erschienen. So ergeht es nun auch Kidnap, der in den USA bereits 2015 starten sollte, es nach fünf (!) Aufschüben aber erst Anfang August 2017 in die Kinos schaffte. An Halle Berry liegt es nicht.

In Kidnap spielt Berry die alleinerziehende Kellnerin Karla, die um das Sorgerecht ihres Sohnes Frankie kämpft. Wir begegnen ihr in einem überfüllten Diner, in dem sie leicht überfordert zwischen unzufriedenen Kunden manövriert. Eigentlich wollte sie mit Frankie schon längst in einem Freizeitpark sein. Doch die Kollegin, die sie ablösen soll, ist krank. Als es dann doch noch klappt und sie ihren Sohn während eines Telefonats nur wenige Momente aus den Augen verliert, ist er verschwunden. Hektische Blicke, panisches Rufen. Die Kamera dreht sich wie wild im Kreis und macht Karlas Schwindelgefühl spürbar. Sie eilt zurück auf dem Parkplatz und sieht mit weit aufgerissenen Augen, wie eine Frau (Chris McGinn) Frankie in ein Auto zerrt. Einen Sprint später hängt sie an dessen Dach, wird abgeschüttelt und verliert dabei ihr Mobiltelefon. Mit dem eigenen Wagen nimmt Karla die atemlose Verfolgung auf, die erst endet, als die Sonne schon lange untergegangen ist.

Auf dem Papier machen Regisseur Luis Pietro und Drehbuchautor Knate Lee vieles richtig. Ihr Actionthriller spielt in weniger als 24 Stunden, nimmt konsequent die Perspektive seiner Hauptfigur ein und lässt uns weder zum Verschnaufen noch zum Nachdenken Zeit. Viele der Wendungen sind zwar hanebüchen, im Gegensatz zu vergleichbaren Filmen aber zumindest stets begründet. Die Entführer, die vorerst kein Gesicht zeigen und stumm bleiben, sind Stärke und Schwäche zugleich. Die zunächst abstrakte Gefahr hält die Spannung hoch, hat aber auch zur Folge, dass wir lange mit der Protagonistin allein sind. Anders als in der Actionhatz Speed (1994), in der Sandra Bullock in Keanu Reeves einen Gesprächspartner hatte, spricht Halle Berry als Karla beständig ihre Gedanken aus. Das sind weder schauspielerische noch inszenatorische Glanzlichter. Großaufnahmen von Autoreifen, Mittelstreifen und Tachonadeln reihen sich aneinander und wirken schnell ebenso redundant wie die dynamischen Kamerafahrten im Halbkreis um Berrys Gesicht.

Im zweiten und dritten Akt bessert sich das, auch weil Karla zunehmend mit ihrer Außenwelt interagiert. Wie sie sich gegen die Entführer zur Wehr setzt, wie sie wie wild geworden rennt, kämpft und nicht aufgibt, ist sehenswert, teils originell und lässt immer wieder Halle Berrys ganze Klasse durchscheinen. Das Finale schließlich ist ein respektabler Showdown, der auch auf der großen Leinwand trüge. Große Teile der Action bis dahin, vor allem die Autostunts, gingen dort allerdings unter. Auf DVD ist Kidnap also ganz gut aufgehoben.

Kidnap

Manch einer behauptet, Mütter entwickelten übermenschliche Kräfte, wenn ihr Kind in Gefahr gerate. Karla Dyson (Halle Berry) ist solch eine Übermutter und erteilt den Entführern ihres Sohnes Frankie (Sage Correa) in Luis Prietos Thriller „Kidnap“ eine tödliche Lektion.
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Meinungen

Martin Zopick · 19.05.2021

Hale Berry zeigt hier, dass sie auch harte Action kann. Ihr kleiner Sohn Frankie (Sage Correa) wird von einer professionell arbeitenden Gang entführt. Da die Polizei total unterbesetzt ist und ihr auf die Schnelle nicht helfen kann, nimmt Karla die Verfolgung von Terry (Lew Temple) und der korpulenten Mago (Chris McGinn) selbst in die Hand. Und sie weiß sich zu helfen, übersteht rasante Verfolgungsjagden inklusive halsbrecherische Karambolagen und schaltet letztendlich sogar die beiden Kidnapper aus.
Zwischenzeitlich fragt sich der Zuschauer schon, wo Frankie abgeblieben ist.
Als sie ihn endlich findet, ist noch längst nicht alles vorbei. Regisseur Luis Prieto macht noch einige Umdrehungen an der Spannungsschraube. Dazu gehört z.B. die Überraschung, dass sich auf dem Dachboden von Mago und Terry noch zwei weitere Kinder befinden, sowie das Auftauchen eines angeblich helfenden Nachbarn. Und die Spannung hält über den Unterwasserkampf zwischen Hale und Mago hinaus.
Anders als sonst in Fällen von Kidnapping kämpfen hier Entführer und die Mutter des entführten Jungen mit offenem Vezier (quasi Frau gegen Frau!). Erst als der Abspann läuft, begreift man, dass alles vorbei ist. So spannend war’s.

RB · 28.10.2020

Der Film ist so unglaublich nervig.. keine einzige Handlung des jeweiligen Charakters macht überhaupt im entferntesten einen Sinn. Diesen Film zu gucken macht vor lauter Dummheit einfach nur aggressiv. Wer diesen Film toll findet ist einfach nur LOST.