Kentucky Fried Movie (1977)

Eine Filmkritik von Martin Beck

"Oh Gott, hat hier eine Kuh hingeschissen?"

Ende der siebziger Jahre war Kentucky Fried Movie der heiße Scheiß, das komödiantische Äquivalent zur Rocky Horror Picture Show. Es gibt bei diesem Film keine Regeln, Raum, Zeit und Logik dienen lediglich als Spielbälle für den nächsten Gag. Gerade eben noch präsentiert Samuel L. Bronkowitz „Katholische Schulmädchen in Not“, dann rasiert ein Mikrofon einen Abenteurer und der Mann mit der Todeskralle schraubt auf derselbigen einen Dildo auf.

Kentucky Fried Movie ist eine angenehm inkonsequente Ansammlung räudiger, derber und vor allem schräger Sketche, die beeinflusst wurden von Saturday Night Live, New Hollywood, Mel Brooks, Woody Allen, dem MAD-Magazin, Benny Hill und natürlich Monty Python. Respektloser Gaga-Humor a-go-go, der bestehende Strukturen aufbricht, Grenzen neu auslotet und inhaltliche Logik auf dem Altar des nächsten Gags zerstückelt. Anything goes, mit der groben Stoßrichtung einer sowohl beißenden als auch chaotischen Parodie auf die Auswüchse der speziell im Fernsehen wuchernden Popkultur.

Zwar gab es bereits 1974 eine ähnliche Verballhornung televisionärer Mutationen mit Big Gag – Movie Station, doch erst Kentucky Fried Movie führte das Konzept zum durchschlagenden Erfolg. David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker, die drei Drehbuchautoren, hatten offensichtlich genug von klassischen Komödien und verweigerten sich jeder dramatischen Ausbremsung von Gelächter. Frei von einem inhaltlichen Bogen zählt hier einzig eine möglichst hohe Anzahl an Gags, die sich gerne auch selber befruchten können, herrlich unlogische Querverweise verkraften und immer wieder wüste Richtungsänderungen vollziehen. Ein Film als Stand-Up-Improvisation, frei nach dem Motto: Wenn möglichst viel an eine Wand geklatscht wird, bleibt schon irgendwas hängen.

Gleich der erste Satz, „In das Popcorn, das Sie gerade essen, hat wer reingepisst“, gibt die Stoßrichtung vor, dann folgt das Abzapfen von Öl aus Teenagergesichtern, ein in der Nase bohrender Reporter, eine politische Diskussion voller Beleidigungen und ein bimmelnder Hosenstall. Bäm, gerade mal acht Minuten sind um… und schon geht es weiter, mit den dicken Brüsten der katholischen Schulmädchen, der Monopoly-Version des Kennedy-Attentats, verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Zinkoxid oder Rex Kramer, Beruf: Gefahrensucher. Kentucky Fried Movie ist Kino, das sich selbst verspeist und dann die witzigen Reste wieder ausspuckt. Nichts muss, alles kann, glücklicherweise mit einer galaktischen Trefferquote.

In seinen besten Momenten ist der Film genauso Exploitation wie seine Vorlagen, genauso zynisch, falsch und dumm – nur eben aus einem Blickwinkel, der gnadenlos entlarvt und bloßstellt. Anders als bei vielen weiteren Parodien und Nachfolgern wird hier nicht von „außen“ kommentiert, sondern direkt auf die prallen Brüste gestarrt. Knietief in der Scheiße und Spaß dabei. Eine 30-minütige Parodie auf Der Mann mit der Todeskralle, betitelt „Für eine Handvoll Yen“? Eigentlich ein Unding. Aber hier einfach so drin. Nicht weil dadurch ein dramaturgisches Ziel verfolgt wird, sondern einfach, weil es möglich ist.

Was Kentucky Fried Movie von Jason Friedberg und Aaron Seltzer unterscheidet, die das Konzept inzwischen in Grund und Boden gerammt haben, ist die Persiflage auf Augenhöhe, quasi aus dem Medium heraus. Zugegebenermaßen, die damalige Wirkung ist heute nicht mehr möglich und einige Gags haben sich gründlich überholt, doch verdammt lustig ist der Film immer noch – besonders im Vergleich zu den in dieser Richtung aktuell üblichen Verbrechen. Die nicht den Hauch einer Ahnung von guter Exploitation haben, sondern einfach nur von oben (oder von unten) Kakablödidoofi-Humor abladen. Und niemals auf die Idee kommen würden, über dem Stadtbild von New York „Hongkong“ einzublenden.

Man kann es kaum anders sagen: Kentucky Fried Movie ist ein Meilenstein der amerikanischen Komödie… und hat nun von Koch-Media eine „würdige“ Blu-ray bekommen, die den Film in toller Qualität serviert. Besondere Erwähnung verdient hierbei die grandiose deutsche Synchro, die den Witz des Originals einfach gnadenlos auf den Punkt bringt, und das äußerst schicke Mediabuch, das zusätzlich zur regulären Veröffentlichung noch ein üppiges Booklet, ein einstündiges Interview mit David und Jerry Zucker und eine knapp 30-minütige Bruce-Lee-Trailershow enthält. Dafür ein ganz dickes BRAVO, gerne nochmal unterstrichen mit einem weiteren Zitat: „Hier ist der Film, der alle Jeans platzen lässt!“
 

Kentucky Fried Movie (1977)

Ende der siebziger Jahre war „Kentucky Fried Movie“ der heiße Scheiß, das komödiantische Äquivalent zur „Rocky Horror Picture Show“. Es gibt bei diesem Film keine Regeln, Raum, Zeit und Logik dienen lediglich als Spielbälle für den nächsten Gag. Gerade eben noch präsentiert Samuel L. Bronkowitz „Katholische Schulmädchen in Not“, dann rasiert ein Mikrofon einen Abenteurer und der Mann mit der Todeskralle schraubt auf derselbigen einen Dildo auf.

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