Keep Surfing (2009)

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Dancing in the river

München hat weitaus mehr zu bieten als Fußballvereine, Weißwürstchen und Motorenwerke, denn es gibt eine kleine, fast unscheinbare Isarwelle, die Surffreaks aus der ganzen Welt anlockt. Man braucht also nicht das offene Meer, um auf dem Brett Kunststücke zu vollführen. Nur etwas Wagemut, Lebensfreude und die Liebe zum Surfen. Bjoern Richie Lob hat darüber einen temporeichen Dokumentarfilm gedreht, der Bayerns Hauptstadt in ein neues Licht rückt.

Beim Hochwasser in Frankreich oder beim Jahrhunderthochwasser der Isar sorgen sich die meisten Menschen darum, dass sie trockenen Fußes wieder nach Hause gelangen und haben Visionen von feuchten Kellern und angeschimmeltem Hausrat. Nicht so die Brettl-Verrückten, die immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und unerforschten Wellen sind. So beginnt der Film auch mit dem hektischen Beladen eines Autos, damit die Surfer noch rechtzeitig zu den einzigartigen Wellen kommen. Dass sie dafür nicht unbedingt an die See fahren müssen, hat vor etwa dreißig Jahren einer der Protagonisten des Filmes herausgefunden. Dieter Deventer nutzte damals als einer der ersten die unregelmäßig auftauchende Eisbachwelle und hat damit mehr oder weniger die Geburtsstunde des Flusssurfens eingeleitet. Immer mehr Freaks nutzten diese Möglichkeit in München, bis der findige Walter Strasser Stahlträger in die Eisbachwelle einmontierte (nicht ganz legal, wie schmunzelnd vor der Kamera erklärt wird) und so eine stabile Welle ermöglichte, auf der man Tag und Nacht surfen konnte. Strasser ist ein Spätzünder und kam erst in relativ hohem Alter zum Surfen, aber er steht den jungen Männern in punkto Talent in nichts nach. Nur mit der Höflichkeit hat er es nicht so und verweist gerne mal fremde Surfer aus seinem Revier, was ihm schließlich den Spitznamen „Hausmeister“ eintrug. Der Eisbach hat aber nicht nur fanatische Hobbysurfer hervorgebracht, sondern auch Berufssurfer, wie den 35-jährigen Quirin Rohleder, der sogar den neunfachen Weltmeister Kelly Slater bei einem Contest schlug. Es kommen noch drei weitere Surfer zu Wort, denen die nächste Welle, der nächste Surfspot wichtiger sind, als alles andere auf der Welt. Es ist eine eingeschworene Gemeinschaft, die diese Leidenschaft miteinander verbindet. Sie reisen gemeinsam an die außergewöhnlichsten Orte und halten bisweilen auch die Polizei auf Trab. Beispielsweise beim Hochwasser der Isar, wo die Wagemutigen sich in die Fluten stürzen und von Helikoptern aufgefordert werden, umgehend das Wasser zu verlassen. Das tun sie so lange nicht, bis ihnen die Verhaftung angedroht wird. Bei all der Leichtigkeit, die die Männer vor der Kamera suggerieren, so ist jedem einzelnen jedoch die Gefahr bewusst, die sie eingehen. Dieter Deventer kann ein Lied davon singen, denn eine seiner Töchter, die er ebenfalls mit dem Surf-Virus infiziert hat, wäre beinahe beim Flusssurfen am Eisbach ums Leben gekommen. Das bleibt in der Erinnerung haften. Aber, so Deventer, das sei eben ein Restrisiko…

Keep Surfing ist spannend wie ein Thriller, rasant wie ein Music Clip und informativ wie ein Dokupic. Durch die grandiose Kameraarbeit werden die Kunststücke der Surfer auf ihren Brettern gestochen scharf abgebildet, mit der ans Surfbrett angebrachten Kamera erstaunliche Liveaufnahmen der halsbrecherischen Fahrten eingefangen und nicht zuletzt durch die Schnitt- und Montagetechnik ein besonderes Kinoerlebnis beschert, das auch für jeden Nichtsurfer ein beeindruckendes Porträt ist. Die Kunststücke, die die Surffreaks auf ihren Brettern vollbringen, dienen allerdings nicht zur Nachahmung. Es sei denn, man wohnt in der Nähe des Eisbaches und übt tagein, tagaus die 360er, Floater oder Cut Backs.
 

Keep Surfing (2009)

München hat weitaus mehr zu bieten als Fußballvereine, Weißwürstchen und Motorenwerke, denn es gibt eine kleine, fast unscheinbare Isarwelle, die Surffreaks aus der ganzen Welt anlockt. Man braucht also nicht das offene Meer, um auf dem Brett Kunststücke zu vollführen. Nur etwas Wagemut, Lebensfreude und die Liebe zum Surfen.

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Meinungen

Akire · 11.06.2010

Habe den Film am Mittwoch in Köln gesehen. Schade, dass er jetzt nicht mehr dort läuft. Ein Dokumentarfilm über das Flusssurfen, dass auch Nicht-Surfer in seinen Bann zieht. Spektakuläre Surfaufnahmen, witzige Szenen und coole Musik. HEBT DIE LAUNE.

Ben · 03.06.2010

Silvy, warum muss man so einem gelungenen Film eigentlich ein Review antun, in dessen ersten Satz gleich das Wort "Weißwürstchen" auftaucht, bei dem jeder Münchner krampft und vom Stuhl fällt?!

silke lüneburg · 24.05.2010

Der Film ist einfach klasse!Laßt Euch von der Lebensfreude dieser Surfer anstecken und genießt die tollen Bilder und die bewegende Musik!

Philip · 11.05.2010

Habe den Film gerade in der Preview gesehen und bin begeistert! Die spektakulären Bild und witzigen Porträts sorgen 91 Minuten lang für gute Laune! Auch für Nicht-Surfer auf jeden Fall zu empfehlen.