Kabinett ausser Kontrolle

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Eine knallharte Politsatire mit Biss und Witz

Politik kann grotesk und abenteuerlich sein. Abgesehen von Politskandalen wie Spenden- und Liebesaffären wundert man sich immer wieder über die vermeintliche Kompetenz von Ministern und hochrangigen Staatsdienern. Doch was sich tatsächlich hinter den Kulissen des politischen Machtzentrums abspielt, bleibt meist schleierhaft. Der britische Regisseur Armando Iannucci führt es uns vor Augen und zeigt in seiner brillanten Politsatire Kabinett ausser Kontrolle wie es schlimmer nicht sein könnte.
Iannucci geht alles andere als zahm mit seinen staatsdienenden Protagonisten um. Von Anfang an schickt er sie in eine Schlammschlacht aus Intrigen, Lügen und hinterlistigen Machenschaften. Dafür nimmt er die besten Zutaten: tiefschwarzen britischen Humor, blitzschnelle, schlagfertige Dialoge, einen äußerst skurrilen, aber intelligenten Plot und brillante Darsteller, allen voran Peter Capaldi und James „Tony Soprano“ Gandolfini. Der ganze Film ist ein einziger verbaler Schlagabtausch zwischen karrieregeilen Regierungsbeamten, den Regierungen in London und Washington und machtgierigen Frauen und Männern. Es geht um einen Krieg, der vorbereitet oder verhindert werden soll – inspiriert von den hitzigen Diskussionen im Vorfeld des Irakkrieges.

Der ganze Schlamassel beginnt mit einem Radio-Interview: Simon Foster, britischer Minister für Internationale Beziehungen (Tom Hollander), erwähnt in einem Statement, dass ein bevorstehender Krieg im Nahen Osten „unvermeidbar“ sei – gerade dann als die Britische Regierung die drohende Gefahr eines herannahenden Krieges gegenüber den USA herunterspielen wollte. Das bringt den Kommunikationschef Malcolm Tucker so sehr auf die Palme (Peter Capaldi), dass er Foster am liebsten den Kopf abreißen würde. Die Regierungsvertreter in Washington fassen Fosters Erklärung als positives Signal für einen Krieg auf und setzen eine unglaubliche Maschinerie in Gang, um eben diesen vorzubereiten. Geheime Meetings werden abgehalten und Pläne geschmiedet, obwohl niemand ein offizielles Go von „oben“ bekommen hat. Weder der britische Premierminister noch der amerikanische Präsident sind auch nur ein einziges Mal zu sehen und werden nur am Rande erwähnt.

Der absolute Bösewicht in dem ganzen Gefüge und Gerangel ist der Kommunikationschef Malcolm Tucker, der mit seinen wüsten Beschimpfungen weder seine britischen Kollegen noch seine amerikanischen Gegenspieler verschont. Der Mann ist eine Bombe, die bei jeder Konversation aufs Neue explodiert und damit auch gern mal über Leichen gehen würde. Unter Beschuss gerät nicht nur Simon Foster, sondern auch dessen Team, die Kommunikationsmanagerin Judy (Gina McKee) und der neue politische Berater Toby (Chris Addison). Weil Fosters Statement in der Presse immer wieder zitiert wird, macht er sich zusammen mit seinem Assistenten Toby auf den Weg nach Washington. Dort wird er natürlich erst recht als „meat“ verbraten. Den einen soll er helfen, den Krieg zu stoppen, den anderen dient er als Werkzeug, den Krieg erst recht anzuheizen.

In seiner Boshaftigkeit und Irrwitzigkeit erinnert Kabinett ausser Kontrolle an Mike Nichols Politsatire Der Krieg des Charlie Wilson (2008), wobei dieser auf einer wahren Geschichte beruht. Auch Nichols hat die Mechanismen der Macht und das schmutzige Geschäft der Politik brillant in Szene gesetzt. Es werden auch Erinnerungen an den Wettrüstungs- und Weltvernichtungswahnwitz der Supermächte in Stanley Kubricks Satire Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964) wach. Armando Iannuccis Inszenierung basiert auf der Comedy TV-Serie The Thick of it, die ebenfalls aus seiner Feder stammt. Für das Drehbuch von Kabinett ausser Kontrolle hat sich der Regisseur vier weitere Autoren an Bord geholt.

Kabinett ausser Kontrolle

Politik kann grotesk und abenteuerlich sein. Abgesehen von Politskandalen wie Spenden- und Liebesaffären wundert man sich immer wieder über die vermeintliche Kompetenz von Ministern und hochrangigen Staatsdienern. Doch was sich tatsächlich hinter den Kulissen des politischen Machtzentrums abspielt, bleibt meist schleierhaft. Der britische Regisseur Armando Iannucci führt es uns vor Augen und zeigt in seiner brillanten Politsatire „Kabinett ausser Kontrolle“ wie es schlimmer nicht sein könnte.
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