Juan Of The Dead (2011)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Alles Dissidenten!

Ein kubanischer Horrorfilm – das allein wirkt schon wie ein rechtes Alleinstellungsmerkmal, ist doch damit ein weiterer dunkler Fleck auf der Landkarte dieses Genrekinos hell erleuchtet (nachdem man gerade erst mit Rabies auch Israel hatte aufblinken sehen). Besser noch: Juan de los Muertos, international als Juan Of The Dead vermarktet, ist nicht nur ein überdurchschnittlich kluger und, ja doch, sensibler Zombiefilm geworden. Autor und Regisseur Alejandro Brugués, selbst aus Argentinien stammend, macht zudem aus der vielleicht exotisch anmutenden Herkunft seines Streifens nicht nur keinen Hehl, sondern wandelt sie zu dessen größter Stärke.

Juan (Alexis Díaz de Villegas) ist ein „Slacker“, der sich mit Kleinstkriminalität und großer Findigkeit im postrevolutionären Kuba der Gegenwart über Wasser hält. Und während er sich mit seiner Familie nicht mehr viel zu sagen hat – seine Tochter Camila (Andrea Duro) hält ihn für einen Versager, der nichts tut, aus dem er nicht irgendeinen Nutzen ziehen kann – hat er ein umso dichteres Netz an Freundschaften um sich herum aufgebaut. Als plötzlich die Straßen Havannas von Zombies überrannt werden, holt Juan sie alle zu sich, um gemeinsam der Katastrophe zu trotzen.

Das Subgenre der Zombiekomödie hat in den letzten Jahren seit Edgar Wrights Shaun of the Dead (2004), auf den Juan Of The Dead schon mit seinem Titel überdeutlich verweist, große Zusprache gefunden –die Ergebnisse waren allerdings oft halbgar, nicht zuletzt, weil sich viele darum bemühten, den slapstickhaften Humor von Wrights Streifen nachzuahmen. Solche Imitationen versucht Brugués gar nicht erst, im Gegenteil: Er hantiert hier mit einem Humor, der nicht nur rauer und zugleich melancholischer ist, sondern auch stets politisch bleibt. Es ist das eigentliche kleine Wunder dieses Films, dass er mit so offener Kritik an Kubas politischem System überhaupt entstehen konnte.

Denn in den Nachrichten hört Juan zunächst von „isolierten Vorkommnissen“, die von „Dissidenten“ ausgelöst worden seien – und obwohl er und seine Freunde die Zombies dann auch konsequent so nennen, dämmert ihnen schon rasch, dass die Situation wohl etwas anders gelagert ist. Damit nimmt Juan Of The Dead natürlich einen Topos auch des Zombiefilms auf, in dem Medien und andere Kommentatoren immer wieder von sozialen Unruhen sprechen, weil ihnen die entsprechenden Kategorien fehlen, um eine solche Apokalypse überhaupt beschreiben zu können. Im Kontext kubanischer Politik ist das nicht minder entlarvend: das Regime kennt bei Störungen keine andere Reaktion, als diese auf Dissidenten zu schieben.

Oder ist es vielleicht doch noch anders? Der erste Zombie, den man sieht, taucht vor der kubanischen Küste aus dem Wasser auf, während Juan gerade mit einem Freund angelt – und der Untote trägt jene orangen Overalls, die man aus der Berichterstattung aus Guantánamo nur allzu gut kennt, das ja bekanntermaßen als amerikanische Exklave auf Kuba liegt. Ist also Brugués‘ Film also womöglich doch eine Parabel über die zerfressende Wirkung des Kapitalismus, oder zumindest der US-amerikanischen Hegemonie?

Juan jedenfalls richtet es sich auch in der neuen, postapokalyptischen Weltordnung ganz gemütlich ein. Zusammen mit seinen Freunden bietet er einen Call-In-Service an: Man kann ihn anrufen, wenn man es selbst nicht übers Herz bringt, die zombifizierten Liebsten – Familienangehörige, Freunde, Kollegen – endgültig zur Grabesruhe zu befördern. Als Kapitalisten wollen sie sich natürlich nicht verstehen, obwohl sie ihr kleines Geschäft mit Nachdruck und PR-Arbeit versehen.

Es gibt in Juan Of The Dead Momente, die sind von fast atemberaubender Menschenverachtung in der Kaltschnäuzigkeit, in der sehr schwarzhumorig der Weltuntergang und seine Opfer kommentiert werden. Juan, so erfahren wir, hat eine offenbar recht dunkle militärische Vergangenheit, über die er nicht so gerne sprechen möchte, nur so viel: „Das habe ich in Angola gelernt“.

Aber platt und misanthrop wird Alejandro Brugués damit nicht; dafür sind die Menschen, die er ins Zentrum des Streifens stellt, viel zu liebenswert und unterschiedlich. Und schließlich hat der Film auch zahlreiche Momente, in denen es melancholisch, fast emotional zugeht. Die Beziehungen zwischen Juan und seinen Freunden, zwischen Vater und Tochter sind alles andere als stereotyp; der Weltuntergang dient vor allem als blutiges Hintergrundgemälde für eine Geschichte vom Erwachsenwerden eines Träumers, der es sich in den Lücken des sozialistischen Staates bequem eingerichtet hatte und nun selbst Verantwortung übernehmen soll. Wem das zu ernsthaft und gedankenschwer vorkommt, der bedenke: Zwischendurch werden gut gelaunt jede Menge Zombieköpfe gespalten.
 

Juan Of The Dead (2011)

Ein kubanischer Horrorfilm – das allein wirkt schon wie ein rechtes Alleinstellungsmerkmal, ist doch damit ein weiterer dunkler Fleck auf der Landkarte dieses Genrekinos hell erleuchtet (nachdem man gerade erst mit „Rabies“ auch Israel hatte aufblinken sehen). Besser noch: „Juan de los Muertos“, international als „Juan Of The Dead“ vermarktet, ist nicht nur ein überdurchschnittlich kluger und, ja doch, sensibler Zombiefilm geworden.

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Meinungen

Delia666 · 02.05.2012

Hat man eine Zombie Komodie gesehen,kennt man alle...Der Film zeigt nichts neues was man nicht schon kennt...und ehrlich gesagt gibt es bessere....Für ein Dvd ABEND ist der okay...aber fürs Kino eher nicht...

FrauFlinkwert · 27.02.2012

okay, das hat mich nun doch neugierig gemacht. klingt weniger albern als ich nach dem trailer zunächst dachte.