Jacky im Königreich der Frauen

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Pferdchen, erlöse mich!

Seit dem mörderischen Terroranschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo gilt der Slogan „Je suis Charlie“ weit über Frankreich hinaus als Bekenntnis zu Presse- und Meinungsfreiheit. Auch Jacky im Königreich der Frauen ist ein wenig Charlie, und das gleich im doppelten Sinn, obwohl der deutsche Kinostart der Satire auf ein fiktives totalitäres Regime bereits lange vor der Bluttat vom 7. Januar 2015 feststand. Die Männer laufen in dieser überdrehten Geschichte in weinroten Schleiern durch die Gegend, die dem Tschador ähneln. In der Volksrepublik Bubunne sind die Männer nur dazu da, den Frauen den Haushalt und ein paar Mädchen zu machen. Das haben sie nun davon, dass sie vor 2346 Jahren die Eintracht zwischen den Geschlechtern und den allseits verehrten Pferden störten, indem sie alles Gemüse aufaßen und danach auch noch die Vierbeiner.
Diese freche Persiflage auf das oft religiös begründete Patriarchat stammt aus der Feder des französischen Filmemachers Riad Sattouf (Jungs bleiben Jungs). Als Comiczeichner arbeitete er auch für die Satirezeitung Charlie Hebdo, in der bis Herbst 2014 seine langjährige Serie La vie secrète des jeunes erschien. Aufgewachsen in einem syrischen Dorf, schärfte er schon als Kind sein Gespür für die gesellschaftliche Benachteiligung der Frauen, die er später auch außerhalb der muslimischen Welt wiederfand. Tatsächlich ist gerade die satirisch erhellende Umkehrung der Geschlechterrollen, die auch im Westen bestens bekannt sind, in diesem Film am lustigsten und unterhaltsamsten. Schon allein wie die jungen Männer auf den Tag hinfiebern, an dem die künftige Herrscherin Bubunne XVII (Charlotte Gainsbourg) auf einem Ball ihren großen „Dödel“ — der gängige Begriff für einen Gemahl — wählen wird! Der 20-jährige Jacky (Vincent Lacoste) schwärmt schon lange heimlich für die Tochter der regierenden Generälin Bubunne XVI (Anémone). Natürlich will er auch auf den Ball, wie jeder junge Mann im Land, und die verehrte Colonelle heiraten.

In Bubunne herrschen Zustände, die ziemlich deutlich an ein rückständiges Regime wie Nordkorea denken lassen. Die Häuser in Jackys Dorf sehen alle gleich aus in ihrer kruden Armseligkeit, die Straßen sind unasphaltiert und das Fernsehen berichtet unermüdlich von den Soldatinnen, die das Land gegen die Feinde aus dem Ausland schützen müssen. Nicht nur der Anbau von Gemüse ist verboten, auch jeglicher ausländische Anschlag auf das sittliche Empfinden, wie Pornozeitschriften. Wenn die Generälin auf den Balkon ihres Palastes tritt und zu den jubelnden Massen spricht, werden immer auch ein paar männliche Delinquenten öffentlich gehängt. Das böse, unbekannte Ausland geistert nichtsdestotrotz durch die Träume vieler Menschen, wie etwa Jackys Onkel Julin (Michel Hazanavicius, der Regisseur von The Artist), der heimlich Flugblätter mit Aufrufen zur Befreiung der Männer druckt. Anders als die US-Komödie The Interview, die kürzlich für politische Aufregung sorgte, verfremdet dieser Film seine realen Vorlagen aber so stark, dass sich darin kein Despot, ob nun aus Nah- oder Fernost, persönlich angesprochen fühlen muss. Die Geschichte hat vielmehr etwas märchenhaft Abgehobenes und Jacky mutiert zeitweise auch zu einem männlichen Aschenbrödel, das seinen unbegabten Cousins dienen muss. Auch der Kult um die heiligen Pferde von Bubunne ist zwar äußerst realitätsfern, ätzt aber nur umso drastischer über das Prinzip blinder Verehrung.

Schrill und abgedreht geht es zu in dieser Liebesgeschichte, die Jacky unter Lebensgefahr in den Palast seiner Traumfrau führt. Nein, mit Nordkorea hat dieses Regime wohl doch nicht viel gemeinsam: Hier kommt es nämlich sogar zu einer Revolte. Aber selbst wenn der tollpatschige Held auf ein Happy End zutorkelt, bleibt die Komödie bissig bis zur Schlusspointe. In ihr wird kaum verschleiert davor gewarnt, sich von einmal auswendig gelernten Ideologien zu emanzipieren: Denn dann stellt sich ja die Frage, wie man all diesen Stuss jemals glauben konnte.

Jacky im Königreich der Frauen

Seit dem mörderischen Terroranschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ gilt der Slogan „Je suis Charlie“ weit über Frankreich hinaus als Bekenntnis zu Presse- und Meinungsfreiheit. Auch „Jacky im Königreich der Frauen“ ist ein wenig Charlie, und das gleich im doppelten Sinn, obwohl der deutsche Kinostart der Satire auf ein fiktives totalitäres Regime bereits lange vor der Bluttat vom 7. Januar 2015 feststand.
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Meinungen

Melissa · 28.03.2021

Alter schwede das war der mit Abstand merkwürdigste Film aller Zeiten...und das Ende... einfach nur seltsam :') ??!?

Alex · 20.02.2015

Luise Marie, Du klingst so, als würdest Du auch gerne im Königreich der Frauen leben ;) Trailer ist superklasse. Klingt nach einem weiteren französischen Meisterwerk.

Jens Sonnegarten · 20.02.2015

Mehr Phantasie als die meisten anderen Filme und ein schmerzhafter Kern der bleibt. Haben viel Gelacht und manchmal ist uns das Lachen im Hals steckengeblieben. Ein echter Geheimtipp!

Luise Marie · 03.02.2015

Ohne Witz , meine Freunde & ich waren in einer Sneak Preview im Kino, ich gehe mal davon aus, dass ihr wisst, was das ist. Auf jeden Fall fing der Film an & nach den ersten 5 Minuten wollten wir aufstehen und gehen. Etwas so geschmackloses und überhaupt nicht witziges haben wir noch nie gesehen!!! Das Ende ist komplett öde, zwar mit einem Hintergrund, aber trotzdem ein wenig geschmacklos, so wie der ganze Film. Schlecht, wer produziert sowas ???
Wer auf Psycho-Filme steht ist hier gut aufgehoben. An einigen Stellen ist er zwar zum lachen, aber generell ist er eher zum weinen !
Schlechtester Film, den ich je gesehen habe!!!!!!