Infini

Eine Filmkritik von Thorsten Hanisch

2001: Laber-Odyssee im Weltraum

„Hast Du irgend ‚ne Idee, was hier los ist?“, fragt nach ca. 60 Minuten eine der Figuren die andere, was von der deutschen Synchronisation, so scheint es, noch eine Spur extra betont wird — vielleicht Einbildung, wenn, dann aber mit Grund, denn so richtig wird das in diesem Moment auch der Zuschauer nicht wissen. Obwohl, eigentlich weiß er es schon — es geht um das Übliche: verlassene Raumstation, unbekannte Bedrohung. Aber warum Regisseur Shane Abbess seinen im Kern so schlichten Plot extra labertaschig (wobei die Charaktere, um exakt zu sein, vor allem gerne brüllen) und konfus (was hier offenbar mit „komplex“ verwechselt wurde) aufziehen musste, bleibt ein Rätsel.
Offenbar waren jede Menge Ambitionen im Spiel, das eigene Werk nicht nach dem aussehen zu lassen, was es eigentlich ist: ein wenig origineller Mix aus Alien, Event Horizont und The Thing, garniert mit einem Schuss Outbreak. Inhaltlich dreht sich alles um eine Elitetruppe, die zu Beginn des 23. Jahrhunderts zu der Minenstation INFINI am Rande des Universums geschickt wird, um den einzig Überlebenden eines Laborunfalls zu retten. Am Ziel angekommen, offenbart sich ihnen ein Schlachtfeld. Und es wird schnell klar, dass da in der Finsternis etwas lauert, das keinen Spaß versteht.

Ebenso schnell wird klar, dass Infini ein Problem hat. Die filmische Welt wird gleich am Anfang allen Ernstes mit (alter B-Filmer-Trick, Albert Pyun lässt grüßen) Texttafeln (!) etabliert, die darüber aufklären, dass wir uns im 23. Jahrhundert befinden, 95 Prozent der Erdbevölkerung total verarmt sind und die Rohstoffe mittlerweile in weit entfernte Galaxien abgebaut werden. Und auf diese Außenposten gelangt man per Slipstreaming (vor diesem Film vor allem als Beamen bekannt, aber hey, öfter mal was Neues!). Dieser Prozess ist allerdings sehr umstritten und anfällig für Datenfälschungen. So weit, so gut und vielleicht auch interessant. Das Problem ist nur, dass die so fürsorglichen Erläuterungen für den Film überhaupt keine Rolle spielen. Das Gleiche gilt auch für die nächsten 20 Minuten, in denen irgendwelche Menschen brüllen, bluten, verschwinden, wieder auftauchen und alles in erster Linie einfach mal tierisch hektisch ist.

Infini fängt sich erst danach einigermaßen, mit dem Beginn der Mission und somit der eigentlichen Handlung. Jetzt möchte man dem Film phasenweise dann auch so was wie Atmosphäre attestieren. Das liegt aber ausschließlich an der wunderbaren Gestaltung: Abbess‘ Film ist, wie so viele australische Genrebeiträge der letzten Jahre, ausgesprochen gut gemacht, es gibt schick-verranzte Kulissen im schönsten 1980er-Jahre-Retro-Stil zu bestaunten und gelegentlich schleicht sich, vor allem wenn die Charakter halluzinieren, auch eine schöne Bildidee ein. Das anfängliche Problem bleibt aber: Infini holt seine Zuschauer auf narrativer Ebene einfach nicht so richtig ab. Die Figuren werden zwar unter anderem von Luke Hemsworth (ja, dem Bruder von Chris und Liam) gut gespielt, sind aber dennoch unsympathisch und verschlossen, nie wirklich greifbar, man weiß einfach nicht, wer die Mannschaft ist, um die man sich ja — zumindestens deutet das der hochdramatische, laute Soundtrack an – ganz arg sorgen soll. Problematisch ist zudem, dass, wie bereits angedeutet, Infini ebenso wenig nicht mal im Entferntesten als straighter Sci-Fi-Actionknaller zu gebrauchen ist, denn anstatt vermehrt die Großkaliber sprechen zu lassen, deklamieren die Darsteller mit großen Gesten allerlei überflüssigen Text, indem oftmals das erklärt wird, was der Film versäumt zu zeigen. Oder man brüllt sich mit Vorliebe an und kloppt sich dann in stumpfen Dresch-Szenen. Einzig und allein der nette, aber auch etwas meschugge Schluss-Twist sorgt dann doch noch für hauchzartes Wohlwollen.

Das noch größer wird, wenn man sich die „Filmdokumentation“ im Bonusbereich der Blu-ray-Edition anschaut. Denn hier handelt es sich um ein spielfilmlanges Extra, das einen sehr interessanten und mitreißenden Einblick in die Entstehung eines Low-Budget-Films gibt. Die Verantwortlichen berichten dabei auf so leidenschaftliche und wirklich ehrlich gemeinte Art von ihrer Arbeit, dass man sich danach fast schon ein wenig schämt, Infini nicht besser zu finden.

Infini

„Hast Du irgend ‚ne Idee, was hier los ist?“, fragt nach ca. 60 Minuten eine der Figuren die andere, was von der deutschen Synchronisation, so scheint es, noch eine Spur extra betont wird — vielleicht Einbildung, wenn, dann aber mit Grund, denn so richtig wird das in diesem Moment auch der Zuschauer nicht wissen.
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