In einer besseren Welt

Eine Filmkritik von Claire Horst

Der ewige Kampf zwischen Gut und Böse

Dass In einer besseren Welt ins Rennen um den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film geht, ist keine Überraschung. Den Golden Globe Award für den besten fremdsprachigen Film hat er schon erhalten, und auch sonst ist Regisseurin Susanne Bier an Auszeichnungen gewöhnt. Bereits mit Nach der Hochzeit war sie für den Oscar nominiert, für Open Hearts und Brothers – Zwischen Brüdern erhielt sie mehrere dänische Filmpreise.
Und wie es sich für einen Oscar-Beitrag gehört, hat die Regisseurin nicht an Dramatik gespart. Gleich zwei emotional aufgeladene Geschichten erzählt sie in ihrem neuen Werk parallel. Während Anton (Mikael Persbrandt) als Arzt in einem afrikanischen Flüchtlingslager um das Leben der Menschen kämpft, wird sein Sohn Elias (Markus Rygaard) in der Schule von einer Bande älterer Jungen gemobbt. Dass Anton und seine Frau Marianne kurz vor der Scheidung stehen, macht das Leben des Jungen nicht leichter.

Erst als Christian (William Johnk Nielsen) mit dem Vater in die gleiche Kleinstadt zieht, verlässt Elias die Außenseiterposition. Denn sein neuer Freund scheut die Auseinandersetzung mit dem Stärkeren nicht und verteidigt Elias auch mit Gewalt gegen den Anführer der Bande. Doch auch Christian kämpft mit seinen eigenen Traumata. Erst vor kurzem hat er seine Mutter verloren, von seinem Vater Claus (Ulrich Thomsen) zieht er sich seither zurück. Die Mühe, mit der Claus sich seinem Sohn wieder anzunähern versucht, ist qualvoll mit anzusehen. Was soll ich nur machen, fragte er seine Mutter und Christians Großmutter einmal. Doch ihre Eltern haben von nichts eine Ahnung, davon sind beide Kinder überzeugt.

Als Anton, der zwischen Afrika und Dänemark pendelt, auf dem Spielplatz von einem anderen Vater geschlagen wird, ist für Christian das Maß voll. Und während Anton den Kindern seine pazifistische Einstellung näher zu bringen versucht, beweist der Junge mit allen Mitteln, dass Gewalt eben doch manchmal weiterführt. Gemeinsam mit Elias plant er einen Rachefeldzug, der tödlich enden könnte. Er ist sicher: Mit der Bergpredigt kommt weder weiter, wer vor einem Schulhofschläger steht, noch wer es mit einem professionellen Killer zu tun hat. Denn auch der Konflikt, mit dem Anton sich in Afrika auseinander setzen muss, hat es in sich: der gefürchtete „Big Man“ bringt wahllos schwangere Frauen um – und ausgerechnet ihn muss der Arzt bald behandeln. Seine tiefe Überzeugung, dass Menschlichkeit und Mitgefühl immer weiter führen als Gegenwehr, muss er schließlich hinterfragen.

Eltern wie Kinder, alle Charaktere des Films kämpfen mit ihren Verletzungen, mit Verlust und Einsamkeit. Ihre persönlichen Konflikte sind eindringlich dargestellt, nachvollziehbar bleiben erstaunlicherweise alle Charaktere trotz der vielschichtigen Handlung. Problematisch ist allerdings das etwas stereotype Afrikabild, das der Film transportiert. Ein nicht näher benanntes „Afrika“ (in welchem Land Anton eigentlich arbeitet, wird an keiner Stelle deutlich), dient vor allem als Kulisse, um die moralischen Konflikte des europäischen Arztes zu schildern. Arme, zerlumpte Kinder, die Brutalität eines übermächtigen Warlords, verletzte Frauen und überall Krankheit, das ist das bekannte Bild von „Afrika“. So ist es nur logisch, dass der Film mit der Einfahrt des weißen Arztes in das Lager beginnt, verfolgt von jubelnden Kindern, die seinem Auto durch den Staub hinterher rennen und denen er einen Fußball zuwirft.

Trotz dieser Stereotype gewinnt der Film dank seiner großartigen Schauspieler an Überzeugungskraft. William Johnk Nielsen zeigt als verstörter Junge, der vor kurzem seine Mutter verloren hat, eine überraschende schauspielerische Vielfalt, und auch Markus Rygaard als verschüchtertes Mobbing-Opfer überzeugt.

Eine Menge an Themen steckt Bier in ihren Film: Scheidung und Tod, Entfremdung zwischen Eltern und Kindern, Mobbing und Flüchtlingsdramen. Dass dabei der rote Faden nicht verloren geht, ist eine Glanzleistung. Eine moralische Grundfrage hält den Film zusammen: Wie behält man seine Integrität, wenn man dem Bösen gegenübersteht? Beantworten kann Bier die Frage nicht, doch ihre Auseinandersetzung damit kann sich sehen lassen. Dass einige der vielen Handlungsstränge dann arg vorhersehbar geraten sind, ist verzeihlich, wenn sie so gut gespielt sind.

In einer besseren Welt

Dass „In einer besseren Welt“ ins Rennen um den Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film geht, ist keine Überraschung. Den Golden Globe Award für den besten fremdsprachigen Film hat er schon erhalten, und auch sonst ist Regisseurin Susanne Bier an Auszeichnungen gewöhnt.
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Meinungen

Gertrud · 25.04.2011

Sehr realistische Darstellung, geht in seiner Dramatik unter die Haut.
Schauspielerisch hervorragende Leistung und filmerisch echt gut gemacht.
Trotz "harter Kost" äusserst sensibler Umgang mit der Problematik.
Fazit: Wertvoller Film

Rüdiger · 19.03.2011

Super film!