Im Westen nichts Neues (1930)

Das Grauen des Krieges

Mit „Im Westen nicht Neues“ erschuf Erich Maria Remarque 1928 ein literarisches Meisterwerk, das auch noch heute als der große Anti-Kriegsroman des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird. Bereits zum damaligen Zeitpunkt war das politische Klima in Deutschland allerdings so vergiftet, dass an eine Verfilmung durch die UFA, damals größter Filmproduzent der Welt, nicht zu denken war. So erwarb der gebürtige Deutsche Carl Lämmle, Chef der Universal International Pictures, die Rechte an Remarques Buch, das sich bereits millionenfach verkauft hatte. Regisseur Lewis Milestone nahm sich des Stoffes an und drehte einen Film, der der Romanvorlage würdig wurde.

Manipuliert durch die allgemeine Kriegsbegeisterung und ihren Lehrer Kantorek (Arnold Lucy) meldet sich Paul Bäumlers (Lew Ayres) Abiturklasse geschlossen zum Kriegsdienst. Doch bereits während der Ausbildung durch den ehemaligen Postboten und Schinder Himmelstoß (John Wray), nun Unteroffizier, wird Paul der ersten Illusionen über die Armee beraubt. Beim Fronteinsatz werden ihm die Augen wahrlich geöffnet. Schon auf dem Weg in die Schützengräben haben die Jungsoldaten die ersten Verluste und müssen in das grausame Antlitz des Krieges blicken. Nur dank der Kameradschaft und väterlichen Hilfe von altgedienten Veteranen wie Kat (Louis Wolheim) können die Rekruten überhaupt überleben.

Bei einem Angriff rettet Paul sich vor Artilleriebeschuss in einen Granattrichter, in dem bereits ein französischer Soldat (Raymond Griffith) Zuflucht gesucht hat. Paul tötet ihn und muss qualvolle Stunden bei der Leiche verharren. Beim Durchwühlen der Habseligkeiten seines Opfers erfährt Paul, dass der Tote verheiratet ist und Duval heißt. Er erkennt, dass er nicht anonyme Objekte sondern Menschen tötet.

Geschickt kontrastiert der Film durch Rückblenden die Schrecken des Grabenkrieges an der Westfront mit Bildern des Friedens und der sogenannten Heimatfront, an der Stammtischstrategen genau wissen, wie der Krieg zu gewinnen ist. Nach einer schweren Verletzung schafft es Paul nur knapp aus dem Sterbezimmer des Lazaretts zu entkommen. Die Entfremdung, die er zunehmend verspürt, und der Verlust seiner Unschuld werden bei seinem Genesungsurlaub besonders deutlich. Der als Held gefeierte verweigert sich seiner Umgebung. An die Front zurückgekehrt wird Paul wieder Teil der Kriegsmaschinerie, die allmählich alle seine ehemaligen Klassenkameraden und Freunde verschlingt und auch Paul wird nicht mehr nach Deutschland zurückkehren. Er stirbt an einem Tag, an dem das Kriegstagebuch der Armee „Nichts Neues im Westen“ vermeldet.

Lewis Milestones hat Erich Maria Remarques Roman kongenial umgesetzt und zugleich ein vollkommen neues Genre, den Anti-Kriegsfilm, erschaffen. Noch heute braucht sich der Film hinter keiner modernen Produktion zu verstecken und gehört in jede Filmsammlung — ein Meilenstein der Filmgeschichte.

Im Westen nichts Neues (1930)

Mit „Im Westen nicht Neues“ erschuf Erich Maria Remarque 1928 ein literarisches Meisterwerk, das auch noch heute als der große Anti-Kriegsroman des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird.

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Meinungen

Martin Zopick · 20.11.2023

Einer der ersten Anti-Kriegsfilme von 1930. Wir erleben die grauenhaften Kriegserlebnisse des Freiwilligen Paul Bäumer (Lew Ayres). Mit dem Ohr ganz nah am Volksmund werden hier die überall im Land verkündeten Weisheiten bezüglich der Kriegsziele, inklusive strategischer Vorgehensweise verbalisiert und die Diskrepanz zwischen der Realität und den Wunschvorstellungen der Stammtischstrategen wird deutlich. Die jungen Männer, denen man prunksüchtige Euphemismen vorgegaukelt hatte zerbrechen an der Einsicht in die tatsächliche Lage, die sie im Gegensatz zu den Vertretern der Heimatfront ganz anders erkennen müssen. Da werden Parolen wie ‘Süß und ehrenhaft ist es für das Vaterland zu sterben, wenn man ‘des Kaisers Rock trägt‘, zu verlogenen Phrasen.
Neben der rauen Wirklichkeit, wo der Tod immer wieder an die Tür klopft und neben dem Dreck und den Ratten leuchtet hin und wieder ein Mutterwitz auf als Stütze für den Überlebenskampf. Das kristallisiert sich in der Figur des ‘Kat‘ (Louis Wolheim), der immer ein verständnisvolles Herz für die jungen Rekruten hat und den Paul bis zu seinem Lebensende trägt. Bekannte Phänomene wie Jagdschein, die Zigarettenwährung oder der Schützengrabenkoller bürgen für die Authentizität der Ereignisse.
Das intellektuelle Highlight ist die Nacht, die Paul mit einem von ihm getöteten Franzosen in einem Bombentrichter verbringen muss. Er stellt fest ‘Auch der Feind ist ja ein Mensch.‘
Die emotionale Schiene wird besonders intensiv gefahren, wenn Paul auf Heimaturlaub kommt und von Mutter und Schwester warmherzig aufgenommen wird.
Das qualitativ hohe Niveau der Dialoge (Soldatengespräche über Ursprünge von Kriegen gepaart, mit dem technischen Knowhow von 1930 als Gestaltung für Bombardement und Schützengrabenatmo sowie die dramatische Steigerung durch menschlich bewegende Momente rechtfertigen weißgott die zwei Oscars. Chapeau Lewis Milestone!
Und für die letzte Einstellung mit dem Schmetterling würde ich dem Film noch einen zusätzlichen Kunstpreis verleihen.