Im Himmel trägt man hohe Schuhe

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Alles über meine Freundin

Ein Film, der Toni Colette und Drew Barrymore vereint, verspricht schon einmal vieles. Das sind gute Schauspielerinnen, die sich hier zusammentun. Und man wird nicht enttäuscht: Im Himmel trägt man hohe Schuhe verdankt gerade seinen Darstellerinnen seine Qualität. Der Film ist vor allem ein Film über eine Freundschaft zweier Frauen, auch wenn alles andere, was im Film angesprochen wird, genauso berührt und beschäftigt.
Es geht um Jess (Drew Barrymore) und Milly (Toni Colette): Seit ihrer Schulzeit sind sie beste Freundinnen und gehen zusammen durch dick und dünn. Sie stecken die Köpfe zusammen, lesen gemeinsam Bücher, versehen Zeichnungen und Fotos mit Schnurbärten, sie tun verrückte Dinge und erleben alles Wichtige gemeinsam: Den ersten Kuss, das erste Mal, die Geburten von Millys Kindern Scarlett und Ben. Immer ist Milly vorne dran, sie ist die erste, die Sex hat, die erste, die heiratet und Kinder bekommt. Und sie ist es, die als erste sterben wird. Eines Tages erfährt sie, dass sie Krebs hat – im fortgeschrittenen Stadium, er hat sich schon im ganzen Körper ausgebreitet.

Wieder ist es vor allem Jess, die ihr beisteht. Während Millys Mann Kit (Dominic Cooper) von der Situation und seiner Angst, aber auch im Verhältnis zu Milly sichtlich überfordert ist und Millys Mutter Miranda (Jacqueline Bisset) stets die falschen Strategien parat hat, tut vor allem Jess Milly gut. Sie lächelt und lacht an den richtigen Stellen, nimmt sie genau dann in den Arm, wenn Milly das braucht. In ruhigem Tempo zeichnet der Film nach, wie der Krebs nach und nach alles befällt, was Milly zu der starken Frau gemacht hat und worauf sie stolz ist: ihre Schönheit, ihren Körper, ihre Sexualität einerseits, Haushalt, berufliche Erfolge andererseits, aber auch das Dasein (und das „Für-Euch-Dasein“) als Mutter und Ehefrau. Der Film ist damit auch eine Studie über das Kranksein und -werden, das Zurechtkommen mit der Botschaft, dem Bekämpfen und dem Kapitulieren vor der Krankheit.

Aber auch Jess hat ihre Sorgen: Seit Jahren wünscht sie sich mit ihrem Mann Jago (Paddy Considine) Kinder, doch es klappt nicht. Nur widerwillig stellt sich Jess dem Thema und der Lösung Kinderwunschbehandlung, verdrängt diese und ist vielleicht auch ein wenig froh über die Ablenkung durch Milly. Sie stellt alles zurück. Als es dann doch klappt und sie schwanger wird, erzählt sie Milly erst einmal nichts. Und dann beginnt die Freundschaft aus dem Gleichgewicht zu geraten.

Es ist diese Freundschaft zwischen Jess und Milly, die zum Nachdenken anregt, diese Figuren, die zwischen verschiedenen Polen oszillieren und einen zwischendurch fragen lassen: Handelt sie gut? Was ist das jetzt? Der Film lässt die Figuren immer wieder in der Schwebe und spürt damit dem Leben nach. Denn man begegnet zunächst beiden Frauenfiguren mit großem Wohlwollen, schließlich sind sie die Sympathieträgerinnen des Films. Doch man hinterfragt dieses Wohlwollen immer wieder – wie man es auch bei Freunden oder Kollegen tut, die Dinge machen, die man selbst nicht versteht. Jeder ist anders, das ist auch gut so, jeder macht sich Gedanken über jeden, und selten steht man zu 100 Prozent hinter einer Person, würde alles unterschreiben, was sie sagt und tut, hat Zweifel, würde es anders machen, ist vielleicht sogar schockiert, verärgert, schüttelt verständnislos den Kopf. Genau dieses Verhältnis gegenüber seinen Figuren schafft der Film – zumindest eine gute Weile lang, bis er dann doch in ein etwas zu sentimentales Wohlfühlkino abgleitet. Damit beruhigt er dann all die, die sich mit einem klaren Ende wohler fühlen, bei dem nichts unausgesprochen bleibt.

Nicht immer sind die Plot-Wendungen glaubwürdig, ab und zu ist die Auflösung einer Szene etwas kitschig und ist das Licht vielleicht etwas allzu blau und kalt, wenn Milly in der Klinik ist und schlechte Nachrichten erzählt. Aber das alles verzeiht man dem Film irgendwie, weil man sich gut einfühlen kann, weil er die Dinge schonungslos und ehrlich zeigt und weil er dann doch – bei allen Fehltritten – die richtige Balance hält.

Noch ein paar Worte zum Filmtitel: Wieder einmal verstört ein deutscher Verleihtitel – und das ist schade, trifft es das Original doch um Klassen besser. Miss you already heißt der Film von Catherine Hardwicke, und damit sagt der Titel viel: Vor allem etwas über die Freundschaft von Jess und Milly, aber auch über die Plot-Entwicklung sowie die kleinen Szenen, so wie die, der dieser Satz entnommen ist. Das ist ein eleganter Trick, der den Machern da gelungen ist: Von einer einzelnen Szene auf das Größere zu verweisen, auf das Filmende wie auch die Freundschaft, die alles überdauern wird. Und das kriegt der deutsche Titel nur halb so gut hin: Natürlich verweist der Himmel auf das Ende des Films, spielen die hohen Schuhe auf Millys Geschenk an Jess an, vor allem aber versprüht der Satz die falsche Stimmung für einen Film wie diesen. Macht das besser, bitte!

Im Himmel trägt man hohe Schuhe

Ein Film, der Toni Colette und Drew Barrymore vereint, verspricht schon einmal vieles. Das sind gute Schauspielerinnen, die sich hier zusammentun. Und man wird nicht enttäuscht: „Im Himmel trägt man hohe Schuhe“ verdankt gerade seinen Darstellerinnen seine Qualität. Der Film ist vor allem ein Film über eine Freundschaft zweier Frauen, auch wenn alles andere, was im Film angesprochen wird, genauso berührt und beschäftigt.
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