If I Want To Whistle, I Whistle

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Unfreiheit der Freiheit

Es sind nur noch wenige Tage, die der 18-jährige Silviu (George Pisteranu) im Knast verbringen muss, bevor er entlassen wird. Doch in einem Moment ändert sich alles: Als er von seinem kleinen Bruder besucht wird, erfährt er, dass die lange verschwundene Mutter plötzlich wieder aufgetaucht ist und den Kleinen mit sich nehmen will nach Italien, wo sie nun arbeitet. Eigentlich eine gute Nachricht, doch Silviu kennt seine Mutter und hat es am eigenen Leib erfahren, dass sie bei jedem neuen Mann in ihrem Leben ihre Kinder ohne Zögern wieder zurück nach Rumänien schickt. Silviu weiß, dass ihn dies gebrochen und zu einem Kriminellen gemacht hat. Und gerade deshalb will er seinem kleinen Bruder dieses Schicksal ersparen. Doch die Zeit drängt, denn die Abreise nach Italien soll bereits vor seiner Entlassung stattfinden. Also muss Silviu unbedingt früher raus aus dem Knast. Doch der Direktor hat kein Einsehen mit seinem Anliegen und seine Mitgefangenen provozieren in andauernd, weil sie wissen, dass Silviu sich nicht wehren wird, um seine Freilassung nicht zu gefährden. Silviu gerät immer mehr in Zeitdruck und greift schließlich zu den letzten Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen. So gelingt sogar die Flucht in die ersehnte Freiheit und ein kurzes Rendezvous. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer…
Die Stärken von Florin Şerbans Debütspielfilm liegen eindeutig bei der visuellen Gestaltung und der Kamera, die oftmals den Protagonisten unmittelbar folgt, so dass man als Zuschauer in die bedrückende Atmosphäre des Jugendgefängnisses unmittelbar hineingezogen wird. Dies und das gelungene Spiel der Laiendarsteller macht die Hierarchien und Machtstrukturen des Knastes deutlich, konsequent bleibt der Film nah dran an Silviu und erschafft so eine eigene Welt, in der es für die jugendlichen Insassen außerhalb der Gefängnismauern keinen Platz mehr gibt. Am Ende ist das Gefängnis trotz aller Härte und Schroffheit beinahe so etwas wie ein Rückzugsort von der Welt geworden.

So authentisch und nah das Geschehen aber auch gefilmt sein mag – es fällt schwer, sich auf diesen Film emotional vollständig einzulassen. Was vor allem daran liegen mag, dass wir so wenig wissen über Silviu und seine Familie, so dass es schwerfällt, seine Handlungen nachzuvollziehen und den Motiven nachzuspüren. Wir erfahren nichts über die Tat, die ihm seine Strafe einbrachte, nichts über den Vater, der im Krankenhaus liegt und kaum etwas über diese Mutter, die von Silviu der Vernachlässigung bezichtigt wird. Da jedoch dieser Mutter als Figur zu schwach konturiert ist, wirken die Vorwürfe Silvius ein wenig konstruiert und nehmen dem Film einiges von seinem durchaus vorhandenen Potenzial. Trotz einiger, vor allem formaler Stärken ist Eu cand vreau sa fluier, fluier wohl keiner der Wettbewerbsbeiträge, die man zum Kreis der Favoriten auf den Goldenen Bären zählen muss. In die junge rumänische Filmszene aber passt er mit seinem realistischen Anspruch und seiner Lust an formalen Experimenten durchaus hinein.

If I Want To Whistle, I Whistle

Es sind nur noch wenige Tage, die der 18-jährige Silviu (George Pisteranu) im Knast verbringen muss, bevor er entlassen wird. Doch in einem Moment ändert sich alles: Als er von seinem kleinen Bruder besucht wird, erfährt er, dass die lange verschwundene Mutter plötzlich wieder aufgetaucht ist und den Kleinen mit sich nehmen will nach Italien, wo sie nun arbeitet.
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