I was a Swiss Banker

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Kopfüber in eine andere Welt

Angesichts von neugierigen Geheimdiensten und naseweisen Finanzbehörden, die umbarmherzig Jagd auf Steuerflüchtige machen, ist das Schweizer Bankwesen auch nicht mehr das, was es einmal war. Und der gemeine Schweizer Banker bleibt von dieser Entwicklung auch nicht ganz verschont: Er, einstmals der Inbegriff von Solidität, Verschwiegenheit und nachgerade gottgleicher Unantastbarkeit ist in Zeiten wie diesen allerlei Gefährdungen ausgesetzt, so dass manchmal nur noch die Flucht in eine andere Welt helfen kann.
Diese tritt auch der smarte Banker Roger (Beat Marti) an, als er mit einer Tasche voller Schwarzgeld von Zöllnern beim Passieren der Grenze heraus gewunken wird. Zum Glück befindet sich bei der unheilvollen Begegnung mit der Obrigkeit der Bodensee in unmittelbarer Nähe, so dass der Gejagte zur Sicherheit erstmal buchstäblich „auf Tauchstation“ geht. Was den aalglatten Banker aber unter Wasser erwartet, hat wenig mit dem zu tun, was er bisher kannte. Denn die Welt, die er nun betritt, gleicht eher der eines Märchens: Roger begegnet einer echten Nixe und wird von einer Hexe auf eine harte Probe gestellt. Drei Versuche hat er, um eine Frau zu finden, die ihn ehrlich und aufrichtig liebt, sonst gehört er der Hexe.

Für Roger beginnt eine Odyssee durch die bizarre und fremde Welt der Schweizer Seen (nacheinander bereist er den Bodensee, den Zürichsee, den Vierwaldstätter- und den Brienzersee sowie den Lac Neuchâtel und den Genfersee), immer auf der Suche nach dem echten und wahren Glück. Dabei muss er aber die Erfahrung machen, dass auch Männer ein Sexobjekt für weibliche Begierden sein können. Und das ist keinesfalls die einzige Verdrehtheit in dieser Zwischenwelt, in der er eingetaucht ist.

Der 1962 in Luzern geborene Thomas Imbach arbeitet seit 1987 als unabhängiger Filmemacher und kann bereits auf eine gewaltige Anzahl von Filmen zurückblicken, von denen seine Arbeiten Happiness is a Warm Gun (2001) über den Tod von Petra Kelly und Gerd Bastian sowie seine Adaption Lenz nach Georg Büchner (2006) zu seinen international bekanntesten Arbeiten zählen dürften. Scheinbar mühelos wechselt Imbach seit vielen Jahren zwischen Dokumentar- und Spielfilm und versteht es meisterlich, modernste Techniken mit klassischem Kinohandwerk unter einen Hut zu bekommen. Auch wenn I was a Swiss Banker einen neuen, ungewohnt leichten und sommerlich heiter-verträumten Erzählton anschlägt, lassen sich doch zahlreiche Fixpunkte in Imbachs bisherigem Werk auch hier ausmachen. Und dies zeigt sich sowohl auf der inhaltlichen wie auch auf der formalen Ebene: Wieder einmal reflektiert er in seinem Film die Schweiz und zeichnet das Bild eines Landes, das allen Abschottungstendenzen zum Trotz längst zu einer multikulturellen Gesellschaft geworden ist. Nicht umsonst stammen all die Frauen, denen Roger auf seiner Reise begegnet, aus verschiedensten Ländern und Kulturen.

Formal geht Imbach teilweise neue Wege, zum ersten Mal wird der Film von einem Off-Erzähler begleitet und die bislang eher assoziative Narration wird abgelöst durch eine klare und vergleichsweise gradlinige Erzählweise. Zudem ist der Film überwiegend auf 35mm gedreht – auch das ein Novum – , und kombiniert in gewohnter Weise Videosequenzen, tricktechnische Leckerbissen und Archivaufnahmen zu einer sehenswerten Collage voller wunderschöner und leicht entrückt wirkender Aufnahmen.

Für Imbach markiert sein neuer Film, der im Jahre 2007 im Internationalen Forum der Berlinale zu sehen war, auch das Ende einer Ära: „Was das Budget, den Produktionsaufwand, den Stab und den ganzen organisatorischen Bereich anbelangt, habe ich bislang lauter Erstlingsfilme gedreht. Jetzt wird es Zeit für ein paar Zweitlingsfilme.“

I was a Swiss Banker

Angesichts von neugierigen Geheimdiensten und naseweisen Finanzbehörden, die umbarmherzig Jagd auf Steuerflüchtige machen, ist das Schweizer Bankwesen auch nicht mehr das, was es einmal war.
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