How I Live Now

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Wenn sich alles ändert…

In Kevin Macdonalds Verfilmung des Romans von Meg Rossoff geht es nicht in erster Linie um den Krieg. Wie bei Tomorrow, When the War Began gibt es auch hier keine definitive Antwort darauf, wer die Aggressoren sind. Die Umstände dieses Krieges bleiben nebulös, aber sie sind nicht das, worum es in How I Live Now geht. Der Titel hätte nicht besser gewählt werden können, erzählt der Film doch von veränderter Wahrnehmung und wie die Hauptfigur nicht nur damit zurechtkommt, sondern wie sie jetzt in dieser veränderten Welt lebt.
Daisy (Saoirse Ronan) wird von ihrem Vater nach England geschickt, um dort auf dem Land bei ihren Cousins zu leben. Anfangs sträubt sich Daisy, doch dann gefällt ihr ihr neues Leben, ebenso wie der junge Edmond (George MacKay), in den sie sich verliebt. Doch die Welt steht kurz vor dem Abgrund, der Dritte Weltkrieg ist nicht nur möglich sondern wahrscheinlich. Als London von einer Atombombe vernichtet wird und ein unbekannter Feind in Großbritannien einfällt, sind die Kinder auf sich allein gestellt. Daisy und ihre kleine Cousine Piper werden von den Jungs getrennt, schwören einander jedoch, sich zuhause wieder zu treffen. Doch der Weg nach Hause ist gefährlich.

Rossoffs Roman zielt auf jugendliche Leser ab, der Film steht aber weit jenseits typischer Verfilmungen von Young-Adult-Novels. Dafür bürgt schon Kevin Macdonald, der nicht im Verdacht steht, sich seichte Stoffe auszusuchen. Bei How I Live Now variiert er seinen Stil, er kombiniert im Grunde zwei Erzählweisen. In der ersten Hälfte greift er verstärkt auf Handkamera zurück, um die Unbeschwertheit und Freiheit des Landlebens zu illustrieren und der jugendlichen Überschwänglichkeit seiner Hauptfiguren gerecht zu werden. In der zweiten Hälfte ist es dann eine glattere Photographie, die das vom Krieg gezeichnete Land, das zuvor noch so paradiesisch erschien, harsch und unwirtlich erscheinen lässt. Mit der Visualität allein versteht es Macdonald schon zu zeigen, wie die Welt sich gewandelt hat.

So wie die Hauptfiguren bleibt auch der Zuschauer im Unklaren, was genau geschehen ist. Das mag irritieren, wirkt jedoch immens realistisch. In einer solchen Situation würde man im Dunkeln tappen. Man würde nicht wissen, was geschieht, wer das Land angreift und wem man noch trauen kann. Wenn man ein Radiogerät und Batterien hat, würde man vielleicht Nachrichten hören, doch in einem Land, in dem das Kriegsrecht herrscht, ist auch alles, was man dort hört, mit Vorsicht zu genießen.

Es gibt eine Romanze in diesem Film, sie wirkt aber nie aufgesetzt und weicht typischen Klischees, die mit der zugrundeliegenden Art von Roman einhergehen, gekonnt aus. Die erste Liebe ist überwältigend und treibt Menschen dazu, nur noch auf eine Sache fokussiert zu sein. Das illustriert dieser Film sehr schön, ohne das zum Hauptaugenmerk der Geschichte zu machen. Im Kern geht es um die Veränderungen, die die jungen Protagonisten erleben und wie diese auf sie wirken. Ein Happy End im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Der Krieg mag enden, die Wunden, die er geschlagen hat, wirken aber nach. So erlebt man hier mit, wie eine verlorene Generation zum Opfer eines Konflikts wird, über den man eigentlich nichts weiß, der die altbekannte Lebensweise aber mit Wucht überrollt. Kevin Macdonald versteht es, das in kunstvolle Bilder zu kleiden. Ihm ist ein Film von poetischer Schönheit gelungen, der dem unsagbaren Schrecken einen Schimmer Hoffnung entgegensetzt.

How I Live Now

In Kevin Macdonalds Verfilmung des Romans von Meg Rossoff geht es nicht in erster Linie um den Krieg. Wie bei „Tomorrow, When the War Began“ gibt es auch hier keine definitive Antwort darauf, wer die Aggressoren sind. Die Umstände dieses Krieges bleiben nebulös, aber sie sind nicht das, worum es in „How I Live Now“ geht.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen