Houwelandt – Ein Roman entsteht

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Entzauberung des Elfenbeinturms

Die Verbindungen zwischen Literatur und Film sind vielfältig und verzwickt und anscheinend ungeheuer reizvoll. Und immer wieder wagen sich Filmemacher daran, den Akt des Schreibens und das Dasein als Schriftsteller selbst in Bilder zu fassen, mal mit mehr und mal mit weniger Erfolg. Der Regisseur Jörg Adolph hat mit seinem Film Houwelandt – Ein Roman entsteht durchaus ein neues Kapitel in dieser niemals endenden Liebesgeschichte zwischen Literatur und Film aufgeschlagen und stößt dabei auf alt bekannte Probleme.

Adolph lernte den Schriftsteller John von Düffel bei der Arbeit zu seinem Film über Kanalschwimmer kennen, ein Sujet, das dem Literaten durch sein Buch Vom Wasser und seine Schwimmleidenschaft selbst sehr am Herzen liegt. So entstand schließlich die Idee, den Schreibprozess für John von Düffels neuen Roman Houwelandt und die anschließenden Monate bis zur Veröffentlichung und zu ersten Lesereisen auf Film als Autorenporträt festzuhalten, ein Projekt, für das sich auch der Fernsehsender 3sat begeistern konnte. Mehr als ein Jahr lang begleitete der „elektronische Kummerkasten“, wie der Autor die Digitalkamera alsbald nennen sollte, den Weg des Buches durch nahezu jedes Stadium der Entstehung – vom Schreiben mit all seinen Krisen über unzählige Überarbeitungen und das Lektorat bis hin zu Besprechungen über die Marketingstrategie und der Präsentation des Werkes. Dabei zeigt der Film vor allem Hintergrundwissen, das dem normalen Leser meist verborgen bleibt: Das geschäftige Treiben im Hintergrund, die Arbeiten von Agenten, Lektoren und Programmleitern, das Funktionieren des Literaturbetriebes und das Rattern der medialen Aufmerksamkeit, die über Wohl und Wehe jedes Buches entscheidet. Dem gegenüber nimmt sich der Akt des Schreibens selbst beinahe als Marginalie am Rand und als notwendiges Übel aus, das eben sein muss, damit sich eine große, gut geschmierte Maschinerie in Gang setzen kann. Der Autor droht trotz des unbestreitbaren Charismas von John von Düffel beinahe dahinter zu verschwinden. Der eigentliche Star ist das Buch.

Ob John von Düffels Roman Houwelandt nun gelungen ist oder nicht, darüber müssen die Leser entscheiden. Der Film über die Entstehung des Romans gibt aber einen guten Einblick in die Arbeit des Schreibens, über die Mühen und Kämpfe und über die Arbeit des Literaturbetriebs, über Marktmechanismen und Marketingstrategien, der den einen oder anderen verklärten Blick auf die Verlagswelt relativieren wird. Houwelandt – Ein Roman entsteht ist also ein Film, der zwar an seiner Aufgabe, den Akt des Schreibens selbst zu zeigen, in gewisser Weise scheitert, der aber auf erhellende Weise verdeutlicht, wie das Buch als Produkt funktioniert. Ernüchtert nehmen wir nun Abschied von Bild des Poeten, der mit Gänsekiel und im Schweiße seines Angesichts Zeile um Zeile, Seite um Seite aufs Papier bringt.
 

Houwelandt – Ein Roman entsteht

Die Verbindungen zwischen Literatur und Film sind vielfältig und verzwickt und anscheinend ungeheuer reizvoll.

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