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Russell Mulcahys „Highlander“ ist ein stürmisch durch Raum und Zeit springender Genre-Cocktail, wie es wirklich nur einen geben kann.

Highlander (1986)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Schwertkämpfe in New York City

Es beginnt mit einem dramatisch vorgetragenen Monolog: Von der „Dämmerung der Zeit“ ist darin die Rede, vom unerkannten Wandern durch die Jahrhunderte, von einer „Zeit der Zusammenkunft“ und von einem Kampf, der „bis zum letzten Mann“ ausgetragen werde… Donnerwetter, das geht ja gut los! Und schon erklingt der Queen-Song „Princes of the Universe“, der die Credit-Sequenz zu einem Ereignis macht, obwohl lediglich rote Lettern auf schwarzem Grund zu sehen sind. Willkommen in der Welt von „Highlander“, einem glühenden Mix aus Fantasy, History, Action, Crime, Comedy und Romantik.

Der australische Regisseur Russell Mulcahy hatte sich durch Musikvideos einen Namen gemacht – so hatte er etwa 1983 die herrlich ausschweifenden Bilder zu Bonnie Tylers Total Eclipse of the Heart geschaffen (Tauben! Kerzen! Nebel! Vollmond! Flatternde Tücher im Wind!). Nachdem er 1984 den ebenso enthemmt daherkommenden Wildschwein-Horror Razorback – Kampfkoloss der Hölle in Szene gesetzt hatte, schrieb er sich zwei Jahre später mit Highlander in die Kinohistorie ein. Dem Werk, basierend auf einem Entwurf des damaligen Drehbuchstudenten Gregory Widen, folgten diverse Sequels sowie TV-Bearbeitungen. Doch das zum geflügelten Wort avancierte Zitat „Es kann nur einen geben“ sollte sich als völlig zutreffend erweisen: Etwas derart Überbordendes findet sich so schnell wahrlich kein zweites Mal.

Wir lernen den Protagonisten Connor MacLeod (Christopher Lambert) im New York der 1980er Jahre kennen. Nach dem Besuch eines Wrestling-Events liefert er sich in der Tiefgarage des Madison Square Garden ein Schwertduell mit dem agilen Iman Fasil (Peter Diamond). Bereits hier zeigt Mulcahy, mit wie viel Spaß er an die Sache herangeht. Funken sprühen, Qualm steigt auf, die aktivierte Feuerlöschanlage sorgt für Feuchtigkeit, die Gegner springen auf Autodächer, Fasil schlägt zwischendurch ein paar kunstvolle Salti – bis MacLeod ihm den Kopf abschlägt und alles tatsächlich noch absurder wird: Die geparkten PKWs drehen durch, Blitze schlagen ein, Dinge explodieren.

Und dann, zack, ein Schauplatzwechsel in die schottischen Highlands des Jahres 1536: Burgen, Pferde, Dudelsäcke, Männer im Kilt. Auf virtuose Weise springt Highlander im weiteren Verlauf zwischen den Zeitebenen hin und her. In der Vergangenheit erfahren wir gemeinsam mit MacLeod, dass er unsterblich ist. Nachdem er aus seinem Clan vertrieben wird, verliebt er sich in Heather (Beatie Edney) und wird von dem ebenfalls unsterblichen ägyptischen Adeligen Juan Sánchez Villa-Lobos Ramírez (Sean Connery) trainiert. Nur durch Enthauptung, heißt es, können die Unsterblichen getötet werden. Besiegt ein Unsterblicher den anderen, erhält er dessen Kräfte. Und am Ende kann es – ja, ganz genau – nur einen geben.

In der Gegenwart der Erzählung kommt wiederum die Gerichtsmedizinerin Brenda Wyatt (Roxanne Hart), die nebenbei zufälligerweise noch eine publizierende Expertin für antike Schwertschmiedekunst ist (Ach, wer kennt sie nicht, solch schillernde Karrieren!), MacLeod auf die Spur. Dieser lebt unter falschem Namen ein Luxus-Dasein als Antiquitätenhändler. Neben der argwöhnischen Polizei wird bald ein weiterer, äußerst rabiater Unsterblicher zur Gefahr für MacLeod: ein schwarzer Ritter, genannt Kurgan (Clancy Brown).

Der 1,92 Meter große Brown ist als sinistrer und derber Bösewicht ebenso perfekt gecastet wie der ewige Gentleman Sean Connery als gewitzter Mentor des Titelhelden. Der Kampf zwischen Kurgan und Ramírez in einem langsam einstürzenden Broch ist ein Camp-Fest der Extraklasse. Und auch Christopher Lambert liefert in seiner Durchbruchsrolle eine überaus charismatische Darbietung, sei es in den historischen Passagen oder im schicken Trenchcoat in Manhattan.

Der Film macht alles stets mit bedingungsloser Hingabe. Wenn sich Amouröses anbahnt, dann so richtig: Dann taucht MacLeod mit einem edlen Tropfen aus dem Jahr 1783 im Apartment der Pathologin/Schwertschmiedekunst-Fachfrau auf, dann ist Who Wants to Live Forever zu hören, dann fließen entweder Tränen oder es lodert die Leidenschaft. Wunderbar! Und auch die Action ist sensationell, aufwendig und ideenreich. Die Kamera von Gerry Fisher macht einfach alles zu einem berauschenden Spektakel – von den Abenteuern im alten Schottland über eine Irrfahrt des durchgeknallten Kurgan durch die nächtlichen New Yorker Straßen bis hin zum furiosen Finale. Zum Abspann läuft passenderweise A Kind of Magic. Highlander ist der Inbegriff von Unterhaltung und hat seinen Status in der Popkultur absolut verdient.

Highlander (1986)

Eine Filmkritik von Simon Hauck

Aufgedonnert

„Wir träumen, wenn wir sehen. Wir sehen, wenn wir träumen. Stehen wir nicht immer im selben Zwielicht? Und scheint nicht bloß nachts die Sonne von unten herauf? Und überschreiten Dämonen nicht jede Helligkeitsschwelle?“ (aus Botho Strauß: Fragmente der Undeutlichkeit, 1989).

Dass sich das Kino in seinen besten Momenten in eine ungemein mitreißende, minutenlange Illusionsmaschinerie verwandeln kann, beweist das Medium an sich schon seit seinen Anfängen um 1895 in Paris oder Berlin. Dementsprechend früh entwickelten die Kinopioniere ein gutes Gespür für wilde Exotismen, archaische Geschichten, monumentale Szenenbauten – und faszinierende Charaktere. Gewürzt mit ausgefallenen Requisiten, prächtigen Kostümen – und mancherlei Zaubertricks aus der Filmkiste, konnte jenes Geschehen auf den Leinwänden schon damals wenigstens für Sekundenbruchteile “aus sich heraustreten“, quasi bigger than life sein: Überlebensgroß, den Beobachter gleichzeitig fixierend wie einnehmend. Und ihn manchmal noch Tage, ja sogar Jahre später, aufsuchen – und erneut begeistern, im eigentlichen Wortsinne.

Denn dann scheint für den Zuschauer dieses – niemals komplett vergangenen – Spektakels für einige wenige Sekunden lang (wieder) alles möglich zu sein: Fliegen wie ein Adler, Kämpfen wie ein Recke? Kein Problem. Lieben wie Casanova, über Superkräfte verfügen wie Herkules? Auch das ist möglich – zumindest im Kopf des Betrachters, den jene filmische Augenblicke in den wunderbarsten Fällen noch Jahrzehnte später heimsuchen (können).

Speziell in den politisch wie historisch lange Zeit wenig berauschenden 1980er Jahren vor der deutschen Wiedervereinigung, die einerseits von plakativen No-Future-Attitüden, andererseits aber auch von der durchaus realen Angst vor atomaren Erstschlägen geprägt waren, suchte gerade das mehrheitlich anglophil geprägte Weltkino offensiv nach neuen, mitunter sogar sehr vielseitigen Heldenfiguren: Mit dabei waren ironisch-gewitzte (z.B. Indiana „Indy“ Jones), melancholisch-gebrochene (u.a. Blade Runner), wortkarge Rächer (wie Rambo) oder düstere Endzeitvertreter (Terminator). Und eben auch ikonische Neo-Romantiker wie der Highlander, der auch nach seinem Kinostart vor 30 Jahren einfach nicht totzukriegen ist.

Seit dessen erstmaligem Erscheinen auf den Kinoleinwänden dieser Welt geistert ebenjener – im wahrsten Sinne des Wortes unsterbliche – all-time-hero der achtziger Jahre („There can be only one“) durch Schottlands Naturwunder – wie durch die Köpfe vieler Millionen Zuschauer. Mittlerweile werden für dortige Insel-Touristen richtige Highlander-Touren (inlusive dem mehrfach im Film gezeigten Eilean Donan Castle, der fiktiven Stammes-Burg des MacLeod-Clans) angeboten. Selbstverständlich gibt es dazu passende Highlander-Postkarten, real inszenierte Highlander-Games lokaler Schauspieltruppen – und abseits davon auch eine riesige Fan-Base in den Unweiten des Internets. Vom Merchandising-Wahnsinn der Produzenten und nicht der Rede werten Sequels und TV-Serien ganz zu schweigen …

Ohne Zweifel: Russel Mulcahys erster Highlander-Film ist absoluter Kult! Seinem zwischen Musikvideo, Neo-Historien-Oper (zur kongenialen Musik von Queen und Michael Kamen) und Schwertkampf-Getöse schwankenden Leinwand-Hybriden ist es zu verdanken, dass Schottland in den Folgejahren für die Filmindustrie als Location (z.B. für Braveheart oder Rob Roy) zunehmend interessanter wurde. Zugleich gehört Mulcahys zweiter Langfilm filmhistorisch betrachtet eindeutig zur Kategorie Edel-Trash: Hier mischen sich zum Teil arg wirre Zeitsprünge – Kubricks Barry Lyndon grüßt aus dem filmischen Jenseits – mit offen dargestellter Camp-Ästhetik (wie in der Verhörszene, die an Friedkins Cruising erinnert). Freddie Mercury darf „Who wants to live forever“ im Hintergrund schmachten, während Brian May & Co. bei „Princes of the Universe“ mit Schlagzeug und Gitarre drauf losdonnern: „Here we are. Born to be kings!“ Man muss das nicht mögen, man kann es nur lieben!

Da darf dann plötzlich auch ein hünenhafter, bis zur Selbstkarikatur gezeichneter Bösewicht (Clancy Brown als monströser Kurgan) wie aus dem Nichts auftreten. Es stört überdies nicht weiter, dass ein permanent leidenschaftslos agierender Superheld in Jeans, Trenchcoat und Turnschuhen durch die Gezeiten der Filmhandlung schreitet. Denn Mulcahy, der große Kindskopf mit ausgewiesenem Spieltrieb und sichtlicher Freude am „Alles-Nicht-Zu-Ernst-Nehmen-Modus“, setzt in Highlander zu allererst auf große Jahrmarktseffekte, auf sicherlich manchmal zu billig wirkende Explosionen (wie im Parkhaus) oder Leuchtstoffgewitter (wie beim großen Showdown). Dass sich obendrein in Christopher Lamberts (alias Connor MacLeods) Gesichtsausdruck das Highlander-Motto „Es kann nur einen geben“ unfreiwillig deutlich manifestiert… sei’s drum. Hauptsache es zischt, es blitzt, es rumpelt und wabert: durch dummdreiste Männlichkeits-Weiblichkeits-Stereotypien hindurch, durch Löcher im Plot wie durch die Kehlen der getöteten Wundermänner. So sieht extravagantes, durch und durch manieriertes Blut–Blitz–Donner-und-Doria-Kino in Vollendung aus, so übertrieben achtzigermäßig, dass es wirklich nicht durchgängig auszuhalten ist (beispielsweise in den Liebesszenen mit Brenda und Heather oder im sterilen Designer-Wohn-Mausoleum Connors).

Trotz allem veredelte die australische Musikvideo-Ikone Mulcahy, der zuvor schon Duran Duran, Bonnie Tylor oder Falco zu stilprägenden Geschöpfen eben jenes äußerst verrückten Jahrzehnts machte, seine zweite Kinoarbeit eben immer wieder mit dieser sehr spezifischen „Ein-Kleiner-Film-Für-Große-Jungs“-Haltung, die über dem gesamten Projekt schwebt: Waghalsige, ober- und untersichtig gedrehte Kamerafahrten im schottischen Hochland hier, Low-Key-Beleuchtungsexperimente in den Straßen und Hinterhöfen New Yorks dort. Irgendwo zwischen Fantasy- und Action-Genre angesiedelt, obendrauf mit romantic-comedy-Elementen und einem echten Bombast-Score versehen: Fertig ist das fesselnde Schaubuden-Spektakel für die große Kinoleinwand. Mit Highlander lieferte Russell Mulcahy im Grunde schon zum Kinostart 1986 sozusagen den He-Man-Film für die Generation derer, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Mattel-Plastikpuppen spielen wollten (oder sollten).
 

Highlander (1986)

Russell Mulcahys „Highlander“ ist ein stürmisch durch Raum und Zeit springender Genre-Cocktail, wie es wirklich nur einen geben kann.

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