Hereafter - Das Leben danach

Eine Filmkritik von Lida Bach

Das süße Jenseits

„Verschwörung des Schweigens“ lautet der Untertitel von „Hereafter“. Gemeint ist damit aber nicht Clint Eastwoods neuer Film „Hereafter“, sondern das Buch, welches dessen Protagonistin Marie (Cécile de France) in dem gleichnamigen Fantasy-Drama schreibt. Ursprünglich wollte die französische Journalistin eine Biographie Francois Mitterrands verfassen, doch ein verstörendes Erlebnis hat sie bewegt, sich einem esoterischen Sujet zuzuwenden.
Während der Tsunami-Katastrophe in Thailand entrinnt Marie knapp dem Tod und findet nach der traumatischen Erfahrung nicht in ihr altes Leben zurück. Marcus (Frankie McLaren) kann seinen vor Kurzem bei einem Unfall verstorbenen Zwillingsbruder Jason (George McLaren) nicht vergessen und will um jeden Preis mit ihm Kontakt aufnehmen. Der wirkliche Spiritist George Lonegan (Matt Damon) hingegen ruft die Toten nicht mehr, weil er unter seinen Visionen leidet. Die unterschiedlichen Berührungen mit dem Jenseits verbinden die Protagonisten, deren Wege einander schließlich kreuzen.

Der Schriftsteller Peter Morgan verfasste das Drehbuch zu Hereafter nach seinem gleichnamigen Roman. Sein Geist und der des ausführenden Produzenten Steven Spielberg schweben über dem Geisterseher-Drama mehr als der Eastwoods. Dessen eindringliche Regie, die guten Darsteller und die gelungenen Bilder können nicht darüber hinweg trösten, dass Hereafter — Das Leben danach nur eine unzureichende Auseinandersetzung mit dem Thema Sterblichkeit und Verlust bietet. Die Existenz einer Geisterwelt wird ohne weitere Erklärung als gegeben dargestellt. Selbst eine Medizinerin ist auf der Leinwand fest vom Leben nach dem Tod überzeugt. Die esoterische Prämisse lässt die menschliche Tragik eher in den Hintergrund treten, so dass sie sich nur noch leise in der Handlung andeutet. Das romantisierende Air von Charles Dickens, den der ehemalige Spiritist George verehrt, hängt über dem Plot. Jeden Abend lauscht George Hörspielen von Dickens Werken. Dass ein seelisch geprüfter Mensch, der einsam und allein zu oft A Christmas Carol und Der Bahnwärter hört, schließlich selbst Gespenster sieht, scheint verständlich.

Allzu leicht zu erahnen sind die Erlebnisse der Charaktere. Ähnlich Dickens Romanen sind diese Erlebnisse Klassiker, wenn auch nicht der Weltliteratur, sondern aus Unterhaltungsbüchern und -filmen: Die Baseballkappe seines Bruders, die Marcus zur Erinnerung an ihn trägt, bewahrt ihn davor, den Bombenanschlägen auf die Londoner U-Bahn zum Opfer zu fallen. Als George aus Zuneigung für die junge Melanie (Bryce Dallas Howard) mit deren totem Vater Kontakt aufnimmt, enthüllt er ein schreckliches Familiengeheimnis. Mit seinen herzlichen Stiefeltern reist Markus nach London, Hier hat auch Marie eine Lesung. Zufällig ist die gerade dann, als Derek Jacobi eine Dickens-Lesung hält. Markus‘ Suche nach einem Hellseher führt in unvermeidlich zu George. Selbst was die Verstorbenen mitzuteilen haben, hat man schon oft gehört: Markus muss jetzt erwachsen werden, rät Jason und beide seien nicht getrennt, sondern „eins“.

Eine gewisse Scharlatanerie läge im Gedanken an ein Jenseits, sagt Clint Eastwood selbst: „Von Seiten derer, die den Glauben der Leute in das Leben nach dem Tod ausbeuten.“ Sein Film Hereafter — Das Leben danach ist ein trauriges Beispiel dafür. Das Drehbuch scheint auf das Mitgefühl der Kinozuschauer ausgerichtet und wird dem immensen Talent des Regisseurs unterm Strich trotz einer gewohnt exzellenten Regie nicht gerecht.

Hereafter - Das Leben danach

„Verschwörung des Schweigens“ lautet der Untertitel von „Hereafter“. Gemeint ist damit aber nicht Clint Eastwoods neuer Film „Hereafter“, sondern das Buch, welches dessen Protagonistin Marie (Cecile de France) in dem gleichnamigen Fantasy-Drama schreibt.
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