Harry Brown

Eine Filmkritik von Renatus Töpke

... er kennt keine Gnade

Michael Caine, der gerade mit Batman Begins und The Dark Knight einen zweiten, beziehungsweise dritten Frühling erlebt, trägt diesen Moloch von Film auf gebeugten, aber nichtsdestotrotz starken Schultern. Der Zuschauer sei gewarnt, dass Harry Brown ein finsterer, nihilistischer und abgrundtief pessimistischer Film ist, der mit düsteren Bildern, roher Gewalt und Menschenmüll angefüllt ist, der einen wütend und deprimiert zurücklassen kann. In bester Selbstjustizmanier (Charles Bronson und seine Ein Mann sieht rot-Filme lassen grüßen) wird hier das Gesetz in die Hand eines wütenden Bürgers gelegt. Und der kennt keine Gnade. Es wird ihm – und auch dem Zuschauer — aber auch nicht leicht gemacht, irgendetwas Schönes in dieser Welt zu sehen, für das es sich zu leben lohnt. Denn Harry Brown hat alles verloren, für das es sich zu leben lohnt – außer Rache…
Der ehemalige Royal Marine Harry verliert mit seiner Frau beinahe seinen Lebenswillen. Nur Freund Lenn, ein Rentnerkumpel aus der Sozialsiedlung am Rande einer britischen Großstadt, bleibt ihm noch. Doch der hat eigene Probleme, machen ihm doch die gewalttätigen Jugendlichen in seinem Wohnblocks zu schaffen. Zu seiner Verteidigung besorgt sich der verängstige Lenn ein Messer, denn die Jugendlichen bedrohen ihn sogar vor der eigenen Haustüre. Als Lenn eines Tages tot aufgefunden wird und die Ermittlungen aus Mangel an Beweisen eingestellt werden müssen, schreitet Harry selbst zur Tat. Erst mit einem Messer, dann mit gestohlenen Pistolen. Harry ist zwar nicht mehr der fitteste, doch seine körperlichen Unzulänglichkeiten macht er mit Rachsucht, Entschlossenheit und Wut wett. Schon bald zieht sich seine blutige Spur durchs Viertel.

Harry Brown ist einer jener Filme, die man nur schwer vergessen kann. Was vor allem an der grundnegativen Austrahlung der Bilder liegt. Michael Caine gibt glaubwürdig den zunächst eingeschüchterten Rentner, der zu Anfang ängstlich die Untaten in der Nachbarschaft beobachtet. Musiker Plan B spielt seinen hasserfüllten, jugendlichen Gegenpart, der aus Spaß tötet und quält („Ich will das Letzte sein, dass du in deinem erbärmlichen Leben siehst.“). Nach und nach wird aus Angst Hass, dann Wut und Mordlust, die sich in erst unbeholfenen, dann kalkulierten Racheaktionen entladen. Leider ist Emily Mortimer (Scream 3) als hilfsbereite Polizistin das Paradebeispiel für eine Fehlbesetzung. Sie meint es zwar gut mit ihrer Fürsorge, wirkt jedoch völlig deplatziert.

Optisch ist das Ganze in düstere, karge Bilder gekleidet, die oft nur erahnen lassen, was gerade passiert. Auch ist einiges schmerzhaft überspitzt dargestellt. So ist zum Beispiel die Drogenhöhle (und -hölle), in der Harry sich Waffen besorgt, so abgrundtief ekelhaft und widerlich dargestellt, das man gar nicht hinsehen möchte. Menschenmüll, der sich einen Dreck um andere schert und eine halbtote Junkiebraut ohne Rücksicht auf Verluste für 50 Pfund verkauft („Kannst mit ihr machen was du willst, die erinnert sich eh an nichts mehr.“). Darstellerisch ist Harry Brown dafür ein reiner Schmaus. Allen voran Michael Caine, wird hier großes Schauspielerkino geboten. Und das funktioniert beängstigend: Den „Bösen“ wünscht man einen schmerzhaften Tot, den Guten Erfolg beim Töten… Harry Brown ist keine leichte Unterhaltung, aber eine intensive Erfahrung und vielleicht auch notwendige Lektion. Pflichtprogramm für Politiker und Polizisten? Vielleicht. Da hilft es auch nichts, wenn am Schluss ein leiser Silberstreif am Horizont aufgezeigt wird.

Wie der Vorspann sagt: „Michael Caine ist Harry Brown – und er kennt keine Gnade“.

Harry Brown

Michael Caine, der gerade mit „Batman Begins“ und „The Dark Knight“ einen zweiten, beziehungsweise dritten Frühling erlebt, trägt diesen Moloch von Film auf gebeugten, aber nichtsdestotrotz starken Schultern. Der Zuschauer sei gewarnt, dass „Harry Brown“ ein finsterer, nihilistischer und abgrundtief pessimistischer Film ist, der mit düsteren Bildern, roher Gewalt und Menschenmüll angefüllt ist, der einen wütend und deprimiert zurücklassen kann.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Hans im Glück · 12.04.2021

Der Film baut in der ersten halben Stunde eine gute Stimmung auf.
Danach wird vieles davon kaputt gemacht.
Es läuft einfach alles zu reibungslos für Harry Brown. Er kriegt zwar ein paar Tritte und ähnliches ab, aber er findet nacheinander all' die richtigen Personen, ohne dass er dafür große Recherchearbeit aufbringen müsste. Man kann also quasi ab Minute 31 genau vorhersagen wie alles enden wird.