Happy Happy

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Wahnsinnig, aber glücklich

Familie ist das Wichtigste für Kaja (Agnes Kittelsen). Daher sieht sie lächelnd darüber hinweg, dass ihr Mann Eirik (Joachim Rafaelsen) lieber auf die Jagd geht als Zeit mit ihr zu verbringen oder gar Sex zu haben. Und sie ignoriert, dass ihr Sohn sie zunehmend ablehnt. Denn Kaja hat den unbedingten Willen, glücklich zu sein. Als das scheinbar perfekte Ehepaar Elisabeth (Maibritt Saerens) und Sigve (Henrik Rafaelsen) in das Nachbarhaus zieht, fällt Kajas Selbstbetrug jedoch allmählich in sich zusammen. Ihre Nachbarn kennen sich sehr gut, haben ein Kind aus Äthiopien adoptiert und singen gemeinsam in einem Chor. Im Grunde genommen führen sie das Leben, das Kaja gerne hätte. Aber ihr fehlt Elisabeths Selbstbewusstsein – und ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion. Anfangs sieht Kaja daher auch nur die perfekte Fassade der glücklichen Familie. Doch dann entdeckt sie erste Risse: Elisabeth hat Sigve betrogen, deshalb sind sie in diese Einöde gezogen. Er hat seine Frau zwar nicht verlassen, ihr aber auch nicht verziehen. Und so beginnt er eine Affäre mit Kaja, die für alle Beteiligten eine neue Welt eröffnet.
Die norwegische Regisseurin Anne Sewetisky erzählt in ihrem in nur 20 Tagen gedrehten Filmdebüt die universelle Geschichte von vier Erwachsenen, die in ihrem Leben einmal eine falsche Entscheidung getroffen haben und nun mit den Konsequenzen leben müssen. Dabei schreibt das Drehbuch von Ragnild Tronvoll den vier starken Protagonisten sehr menschliche Schwächen zu, die es erlauben, sich in jede Figur einzufühlen und ihr Verhalten nachzuvollziehen. Das Herz des Films ist aber Kaja. Ihre Naivität und Offenheit, ihre fehlende Selbstkontrolle wird von Agnes Kittelsen charmant gespielt. Ihre Figur entspricht in keiner Weise dem Bild der starken, unterkühlten und emanzipierten skandinavischen Frau, sondern wird gerade durch ihre vermeintlichen Schwächen sympathisch und erinnert an die „zauberhafte Amélie“. Beide wollen sich die Welt so machen, wie sie ihnen gefällt – aber in einem norwegischen Film kann dies nicht gelingen.

Als tragikomischer Beziehungsfilm ist Happy, Happy daher gelungen, obwohl in Inszenierung und Drehbuch einige Schwächen auszumachen sind. So ist der Chor, der zwischen den Abschnitten eingefügt ist, eine sicherlich nette Idee, die aber der Dramatik ihrer Kraft beraubt. Außerdem ist der Handlungsstrang um Kajas und Eiriks Sohn Theodor (Oskar Hernæs Brandsø), der mit dem äthiopischen Adoptivsohn von Elisabeth und Sigve (Ram Shibab Ebedy) Herr und Sklave spielt, sehr irritierend. Er zeigt zwar die Vernachlässigung der Kinder durch die selbstsüchtigen Erwachsenen, die bis zum Schluss nicht bemerken, was dort vorgeht. Aber dieser Aspekt hätte auch auf andere Weise gezeigt werden können. Denn so fügt sich diese Idee nicht in den Film ein.

Der Originaltitel des norwegischen Oscar-Kandidaten lautet sinngemäß „wahnsinnig, aber glücklich“. Und diese Beschreibung passt sehr gut. Denn Happy, Happy changiert zwischen Drama und Komödie, ernsten und komischen Tönen und wird von einem guten Darstellerensemble getragen. Für einen herausragenden Beitrag des norwegischen Kinos fehlt es ihm aber an den großen Momenten.

Happy Happy

Familie ist das Wichtigste für Kaja (Agnes Kittelsen). Daher sieht sie lächelnd darüber hinweg, dass ihr Mann Eirik (Joachim Rafaelsen) lieber auf die Jagd geht als Zeit mit ihr zu verbringen oder gar Sex zu haben. Und sie ignoriert, dass ihr Sohn sie zunehmend ablehnt. Denn Kaja hat den unbedingten Willen, glücklich zu sein.
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