Hana, Dul, Sed

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Kicken für den Führer

Wenn in wenigen Wochen zur Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Deutschland angepfiffen wird, dann sind auch die Spielerinnen der Nationalmannschaft Nordkoreas mit am Start. Die dreimaligen Asienmeister und Weltranglistenachten gelten als Geheimfavorit der diesjährigen Frauen-WM. Aber wer sind diese Frauen mit den kurzen, einheitlichen Haarschnitten, die so konsequent von der Außenwelt abgeschottet werden? Wenn sich jemand über Frauenfußball in Nordkorea auskennt, dann ist es die österreichische Dokumentarfilmerin Brigitte Weich. Sie hat sich mehr als fünf Jahre mit diesem Thema auseinander gesetzt und einen beeindruckenden Film darüber gedreht.
Hana, Dul, Sed (Koreanisch für eins, zwei, drei) begleitet vier ehemalige Spielerinnen des nordkoreanischen Frauenfußballteams während ihrer aktiven Laufbahn und in ihrem Leben nach dem Fußball. Ri Jong Hi, Ra Mi Ae, Jin Pyol Hi und Ri Hyang Ok wurden seinerzeit für das Frauenteam ausgewählt. Der Sport verschaffte ihnen ein gutes Einkommen und einen anerkannten Platz in der Gesellschaft. Sie waren sehr erfolgreich und kamen unter die zehn besten Teams der Welt. Durch Auswärtsspiele und Auslandsreisen bis in die USA sahen sie die Welt, die für die meisten Nordkoreaner für immer unerreichbar bleibt. Als die Frauen die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Athen verpatzten, war der Traum vom Fußball aus.

Der Film ist schon allein deswegen aufregend, weil es für ausländische Filmemacher und Journalisten nahezu unmöglich ist, sich in der totalen Diktatur Nordkoreas länger aufzuhalten und einen Einblick in die Gesellschaft zu geben. Es ist ein Land, aus dem fast keine Bilder nach außen dringen und anders herum auch keine Bilder hinein gelangen. Das Land wirkt wie ein grauer Fleck auf der Weltkarte, unzugänglich und völlig abgeriegelt.

Wenn der Film mit dem Zitat des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il „Große Ideologie erschafft große Zeiten“, beginnt, dann ist das schon ein Verweis darauf, welch große Rolle der Machthaber im Leben der Frauen spielt. Alles, was sie tun, wonach sie streben, ihr Ehrgeiz und ihre Berufung sind auf den Führer ausgerichtet. All ihre Bemühungen zahlen ein auf das Konto Nationalstolz. Aber gleichzeitig wird auch klar, wie sehr die Frauen am Fußball hängen. Es ist ihr Leben, ihre Bestimmung. Sie spielen, weil es ihre Leidenschaft ist – obwohl Fußball unter Mädchen verpönt ist. Denn sie sollen Röcke tragen, lange Haare haben und einfach nur lieb und gehorsam sein.

In Nordkorea herrscht noch heute ein sehr konservatives Gesellschaftsbild: Heiraten ist ein Muss, Scheidungen sind verpönt. Homosexualität außer Frage. Der Erziehungsdrill zum absoluten Gehorsam beginnt bereits im Kleinstkindalter. Brigitte Weich hat wunderbare Szenen in einer Kindertagesstätte gedreht, die das gut verdeutlichen. Dem Film ist anzumerken, dass jede Szene gut kalkuliert und kontrolliert war. Hier ist nichts dem Zufall überlassen. Dennoch schafft es Brigitte Weich über das Thema Fußball Zugang zu den Menschen zu finden, Einblicke in ihr Umfeld, in ihr Zuhause und in ihren Alltag zu geben. Interessant ist auch der zweite Teil des Films, in dem es um das Leben der Frauen nach der Fußballkarriere geht. Es ist die Zeit, in der jede von ihnen versucht, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Die Auswahl für die Olympischen Spiele zu verlieren, bedeutete das Ende. Sie hatten ihren Führer und ein ganzes Volk enttäuscht. Da muss man erst mal aufstehen und weitermachen.

Es sind beeindruckende Bilder, die Brigitte Weich zu dem Thema gefunden hat. Außenaufnahmen von leeren Boulevards, weitläufigen Parks und grauen Häusern mischen sich mit bunten, schnellen Fußballbildern. Wir sehen die Frauen beim Training, auf dem Fußballfeld. Wir sehen sie herb, männlich in ihren Trikots, weiblich in ihrem traditionellen Kleid oder einfach nur bieder in ihren grauen Alltagskostümen. Der Film bewertet nur unterschwellig und das ist auch gut so. Wir können dankbar sein, mit Hana, Dul, Sed etwas mehr von Menschen aus einer Welt zu erfahren, die für die meisten von uns so fremd wie ein ferner Planet ist.

Hana, Dul, Sed

Wenn in wenigen Wochen zur Frauenfußball-Weltmeisterschaft in Deutschland angepfiffen wird, dann sind auch die Spielerinnen der Nationalmannschaft Nordkoreas mit am Start. Die dreimaligen Asienmeister und Weltranglistenachten gelten als Geheimfavorit der diesjährigen Frauen-WM.
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