Gran Casino

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Luis Buñuels Mexiko-Debüt

Als der Filmemacher Luis Buñuel Mitte der 1940er Jahre nach Mexiko ging, stellte sich nach 14jähriger Abstinenz vom Regiestuhl sein erstes Filmprojekt, das er dort realisierte, als kommerzieller Reinfall heraus. Gran Casino von 1947 lässt sich sicherlich weder auf den ersten noch auf einen weiteren Blick hin als ein Werk des gebürtigen Spaniers identifizieren, der 1949 die mexikanische Staatsbürgerschaft annahm. Der Schwarzweißfilm um die kriminellen Machenschaften in einem kleinen Ort der Ölindustrie kombiniert Komödiantisches mit Musical-Elementen, unter denen sich hier geradezu satirisch anmutende Stücke wie „Adiós Pampa Mía“ befinden, während sich die Geschichte innerhalb der Dramaturgie doch insgesamt ziemlich zäh entwickelt, um gegen Ende noch einmal recht ansprechend als melodramatisches Schelmenstück aufzuwallen. Es ist dem Film kräftig anzumerken, mit welch minimalistischen Mitteln er entstand und dass der Regisseur die ungezähmte Eigenart seines Debüts Ein andalisischer Hund / Un chien andalou (1929) oder von Das goldene Zeitalter / L’âge d’or (1930) innerhalb der mexikanischen Filmindustrie zunächst kräftig zurückgefahren hat.
Obwohl der Argentinier José Enrique Irigoyen (Francisco Jambrina), der sich in Mexiko niedergelassen hat, Eigentümer erträglicher Ölquellen ist, kann er doch kaum Arbeiter für die Förderung finden. Denn die heimischen Machtmatadore des Städtchens Don Fabio (José Baviera), Besitzer des örtlichen Casinos, wo sich am Abend das gesellschaftliche Leben ereignet, und der deutsche Ölmagnat Van Eckerman (Charles Rooner) setzen alles daran, den Argentinier durch Boykotte und Intrigen aus dem Geschäft zu drängen, mit dem Ziel, seine Quellen zu übernehmen. Doch mit der Ankunft des geradlinigen Gerardo Ramírez (Jorge Negrete) und seines Kumpels, die gerade aus dem Gefängnis entflohen sind und unerschrocken bei José Enrique als Arbeiter anheuern, kommt neuer Schwung in die Firma.

Als seine Schwester Mercedes (Libertad Lamarque) in Mexiko eintrifft, um ihn zu besuchen, ist José Enrique allerdings gerade spurlos verschwunden – eine Sensation im Städtchen, worüber die wildesten Spekulationen im Gange sind. Mercedes, deren Identität auf Grund einer Verwechslung zunächst verborgen bleibt, will nun auf eigene Faust herausfinden, was mit ihrem Bruder geschehen ist. Dazu eignet sich am besten ein guter Beobachtungsposten im Casino, dem sozialen Mittelpunkt der Gemeinde, deshalb lässt sich die ebenso attraktive wie stimmlich talentierte Mercedes als Sängerin dort anheuern. Ihre Begegnung Gerardo Ramírez, der sich weiterhin loyal für die Belange ihres Bruders engagiert, gestaltet sich anfangs misstrauisch auf beiden Seiten, doch als sie erkennen, dass sie dieselben Interessen verfolgen, kommen sie sich zögerlich näher …

Zu mild für eine Satire und zu wenig substantiell für ein berührendes Drama mit dazu nicht mehr als überwiegend ganz ordentlich agierenden Darstellern oszilliert Gran Casino als durchschnittlicher Film des damaligen konservativen mexikanischen Mainstreams zwischen heiterer folkloristischer Unterhaltung und dem mitunter durchschimmernden Anspruch, eine dezent sozialkritische Geschichte mit zwar recht schwachen, aber findigen Helden zu präsentieren. Und nicht zuletzt eine keusche, zarte und mit Widerständen gespickte Liebesgeschichte, die jedoch das mexikanische Publikum trotz ihres klassischen Musters und der Einbettung in die musikalischen Elemente auch nicht überzeugen konnte – ein untypischer Luis Buñuel Film, der vor allem die federleichte Eleganz vermissen lässt, mit welcher der Regisseur die Darstellung auch noch so schräger Konstellationen und Charaktere gewöhnlich ganz meisterhaft zu banalisieren versteht.

Gran Casino

Als der Filmemacher Luis Buñuel Mitte der 1940er Jahre nach Mexiko ging, stellte sich nach 14jähriger Abstinenz vom Regiestuhl sein erstes Filmprojekt, das er dort realisierte, als kommerzieller Reinfall heraus. „Gran Casino“ von 1947 lässt sich sicherlich weder auf den ersten noch auf einen weiteren Blick hin als ein Werk des gebürtigen Spaniers identifizieren, der 1949 die mexikanische Staatsbürgerschaft annahm.
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