Good Kill

Eine Filmkritik von Gregor Ries

High-Tech-Kriegsführung

Nach zwei schwachen Science Fiction-Spektakeln (In Time & Seelen), bei denen man allmählich an seinen Qualitäten als kritischer Beobachter technologischer und soziokultureller Auswüchse zweifeln konnte, knüpft Autor und Regisseur Andrew Niccol mit Good Kill wieder an seine früheren Werke an. In Gattaca, S1m0ne oder Die Truman Show beschäftigte sich der Neuseeländer mit Sujets wie künstliche Intelligenz, Gentechnik, Medienmanipulation und der Überwachungsgesellschaft. Am ehesten kann man in Good Kill Motive aus der Truman Show entdecken — mit dem entscheidenden Unterschied, dass die Satire auf eine „Big Brother“-Unterhaltungsindustrie inzwischen in der Gegenwart der High-Tech-Kriegsführung angekommen ist.
Zum dritten Mal nach Gattaca und Lord of War – Händler des Todes arbeitete Niccol hier mit Ethan Hawke zusammen, der den ehemaligen Kampfpiloten Tom Egan verkörpert. Nach sechs Auslandseinsätzen wurde der US-Major zu einer Station in Nevada versetzt. Anstatt in Krisengebieten seinen Kopf zu riskieren, überwacht er nun in sicherer Entfernung am Bildschirm eine Drohnen-Einheit über Afghanistan und löscht notfalls per Knopfdruck Menschenleben oder strategisch entscheidende Objekte des Gegners aus. Obwohl Egan abends zu seiner Frau Molly (January Jones) und ihren Kindern heimkehren kann, kommt er mit dieser Vernichtungsmethode immer weniger klar, zumal dabei häufig Zivilisten sterben.

Auch das neue Teammitglied Vera Suarez (Zoe Kravitz) stellt mitunter die Entscheidungen ihres Vorgesetzten Jack Johns (Bruce Greenwood) und stärker noch die anonym erteilten Befehle der CIA in Frage. Seinen Frust ertränkt Egan ständig in Alkohol, was einen Keil in die Beziehung zwischen ihm und seiner Frau treibt. Beide beschuldigen sich gegenseitig der Alkoholsucht, wobei Toms Eifersucht und seine wachsende Distanz die Lage verschlimmern. Längst vermisst der ehemalige Pilot das einstige „Furchtgefühl“ des Fliegens. Während ihn sein Kommandant stets erinnert, dass er keinen Joystick einer Playstation bedient oder sich in einem Egoshooterspiel befindet, erkennt der frustrierte Soldat in der elektronischen Kriegsführung den Verlust seiner Selbstachtung.

In der Struktur ähnelt Good Kill durchaus der Truman Show: Erste Irritationen im routinierten Tagesablauf wachsen sich allmählich zu einer erheblichen Krise aus. Egans Arbeitsplatz, ein Container in der Wüste in der Nähe der glitzernden Spieler- und Showmetropole Las Vegas, wirkt in seiner Profanität fast surreal. Der Beginn aus unsicherem Abwägen über Leben oder Tod eines Zielobjekts erinnert an Clint Eastwoods American Sniper, doch die Botschaften beider Werke entwickeln sich zunehmend diametral. Amir Mokris Kamerablick stellt eine Affinität vom allwissenden Auge der Drohnenkameras zur Vogelperspektive auf Tom Egans scheinbar sicheres Eigenheim her. Als kritischer Sand im Getriebe mag dieser längst selbst ins Visier der Geheimdienste oder seiner Gegner geraten sein.

Mit bissigen Dialogen kommentieren die Charaktere das Taktieren ihrer Vorgesetzten, wie etwa die CIA als „Christians in Action“ abgekanzelt wird. Allerdings wirken die Diskussionen um Moral, Taktieren und geschönte Militärsprache, in denen alle Argumente sorgsam abgewiegelt werden, mitunter allzu didaktisch. Negativer wirkt sich allerdings die gleichförmige Dramaturgie aus. Man erhält einen deutlichen Eindruck von Toms eintönigem Alltag, in dem die Routine des Tötens umso enervierender wirkt. Das verhindert allerdings, dass das Militärdrama trotz aller Zuspitzungen auf ein dramatisches Finale zuläuft. Trotzdem mag man bedauern, dass Andrew Niccols skeptischer Blick auf einen vermeintlich „sauberen Krieg“ nicht die großen Leinwände erreicht, für die schon allein die sorgsam ausgerichteten Scopebilder angelegt wurden.

Good Kill

Nach zwei schwachen Science Fiction-Spektakeln („In Time“ & „Seelen“), bei denen man allmählich an seinen Qualitäten als kritischer Beobachter technologischer und soziokultureller Auswüchse zweifeln konnte, knüpft Autor und Regisseur Andrew Niccol mit „Good Kill“ wieder an seine früheren Werke an.
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