Godzilla (2014)

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Warten auf Godzilla

Ob die Welt wirklich einen weiteren Godzilla-Film braucht, kann man natürlich fragen. Aber wenn die Werbemaschine erst einmal auf Hochtouren läuft, verheißungsvolle Trailer das Internet fluten und stylische Plakate an den Litfaßsäulen prangen, wird die Antwort schnell irrelevant. Ja, wir wollen nochmal Godzilla sehen! Vor allem, wenn das Versprechen lautet, dass die Neuverfilmung durch Gareth Edwards (Monsters) sich wieder mehr an der japanischen Vorlage orientiert. Doch gut gemeint ist nicht automatisch gut gemacht.

In einem japanischen Atomkraftwerk, in dem der amerikanische Ingenieur Joe Brody (Bryan Cranston) und seine Frau Sandra (Juliette Binoche) beschäftigt sind, kommt es zu einer Katastrophe. Noch Jahre später versucht Joe, der als einer der wenigen überlebt hat, die wahren Ursachen des Unglücks aufzuklären. Und seine Intuition gibt ihm Recht. Zusammen mit seinem Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson) und dem Wissenschaftler Ichiro Serizawa (Ken Watanabe) findet er heraus, dass ein riesiges Monster für die Katastrophe von damals verantwortlich war. Und jetzt schlägt es wieder zu! Das Militär ist machtlos. Kann der sagenumwobene Godzilla helfen?

Das Versprechen, seine Vorlage zu ehren, hält der neue Godzilla-Film optisch wie erzählerisch tatsächlich ein. Das zeigt sich zunächst ganz simpel an der Tatsache, dass sich das Monsterdesign stark an den japanischen Filmen orientiert und tricktechnisch State of the Art ist. Mit anderen Worten: Der König der Monster sah noch nie so gut aus wie hier! Dass Godzilla sich, anders als in Roland Emmerichs von Fans verschmähtem Film, mal wieder so richtig mit anderen Monstern prügeln darf, wird gefallen. Außerdem ist Edwards in weiten Teilen ein visuell eindrucksvoller Film gelungen – das gilt für die gemächlichen ersten vier Fünftel, wie auch für das etwas digital anmutende, aber nichtsdestotrotz bombastische Finale. Von klassischen Hollywood-Streifen hebt er sich ab, weil er Godzilla sehr zurückhaltend einführt und damit die Erwartungen des Mainstream-Publikums unterläuft. Anfangs sieht man nur die Rückenflosse, sein erster Kampf wird dem Zuschauer dann nur sekundär auf einem kleinen Fernsehbildschirm präsentiert, ein anderes Mal versperrt uns eine sich schließende Tür die Sicht auf den Protagonisten. Aber genau hier beginnen auch die Probleme, die den Film schwer konsumierbar machen. Wenn die Erwartungen nicht befriedigt werden, was tritt dann an deren Stelle?

Edwards hat schon mit seinem Debütfilm Monsters gezeigt, dass ihm Stimmungen wichtiger sind als spannende Geschichten zu erzählen. Auch in Godzilla, der auf einem Drehbuch von Max Borenstein beruht, lässt er sich viel Zeit, bis der Zuschauer das Monster in vollen Zügen genießen darf und noch mehr, bevor es zum Showdown zwischen Godzilla und den „Mutos“ genannten Parasiten kommt. Das wirkt als würde der Film nicht nur aus einer, sondern gleich mehreren Expositionen bestehen. Verstärkt wird der Eindruck noch dadurch, dass der Film kein personales Zentrum besitzt. Es gibt eine ganze Reihe Figuren – aber keine spielt für die Geschichte wirklich eine Rolle. Und es passiert auch nichts zwischen den Charakteren. So heißt Godzilla hier vor allem eins: Warten auf Godzilla.

Die erste Godzilla-Verfilmung aus dem Jahr 1954 stand noch ganz im Zeichen der Atombomben-Angriffe auf Hiroshima und Nagasaki. Auch in den späteren Filmen, die sich in die Showa-Staffel (1954-1975, 15 Filme), die Heisei-Staffel (1984-1995, 7 Filme) und die sogenannte Millenniums-Staffel (1999-2004, 6 Filme) einteilen lassen, wurde das Verhältnis von Mensch und Natur immer wieder thematisiert. Mal erschien Godzilla wie ein prähistorischer Gott, der mit einer Stinkwut über Japan hereinbrach, mal als unsanfter Mahner für dessen zivilisatorische oder ökologische Verfehlungen, mal als dessen Schutzpatron. Edward orientiert sich auch hier an den japanischen Vorbildern, auch sein Godzilla steht den Menschen in großer Not zur Seite. Das Thema Atomkraft spielt – drei Jahre nach Fukushima – natürlich ebenfalls eine Rolle. Doch seine Verbeugung vor den japanischen Filmen und seine Ausrichtung auf die Fans in allen Ehren: etwas Substanzielles oder Neues über das Monster oder die Conditio Humana des Homo Technicus hat der britische Filmemacher zum Godzillaversum leider nicht beizusteuern.

Man kann Edwards zugute halten, dass sich sein Film nicht wie ein klassisches Hollywood-Produkt – im Gegensatz zu der Version von Emmerich – sondern wie ein echter Godzilla anfühlt. Er ist aber auch nicht mehr als das. Während es dem Allroundtalent in Monsters noch gelang, einen interessanten Blick auf das Thema zu werfen und die Genre-Grenzen zu erweitern, fällt er hier nicht nur hinter sein eigenes Werk zurück, sondern wirkt auch als bloßer Genre-Vertreter blass. Bis auf das außergewöhnlich gute Monsterdesign hat er auffällig wenig zu bieten. Und ohne ein echtes Zentrum, ohne Figuren, mit denen man mitfiebern kann, ohne ein Ziel, auf das die Geschichte hinsteuert, ohne „Gedankenfutter“ für den Zuschauer ist der Film – anders als die hervorragenden Trailer suggerieren – über weite Strecken ziemlich leer.
 

Godzilla (2014)

Ob die Welt wirklich einen weiteren Godzilla-Film braucht, kann man natürlich fragen. Aber wenn die Werbemaschine erst einmal auf Hochtouren läuft, verheißungsvolle Trailer das Internet fluten und stylische Plakate an den Litfaßsäulen prangen, wird die Antwort schnell irrelevant. Ja, wir wollen nochmal Godzilla sehen! Vor allem, wenn das Versprechen lautet, dass die Neuverfilmung durch Gareth Edwards („Monsters“) sich wieder mehr an der japanischen Vorlage orientiert.

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Meinungen

Jakob Kreusch · 20.06.2014

Laaaaaangweilig. Das ist ein Ja